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Der Teufel vom Waiga-See

Der Teufel vom Waiga-See

Titel: Der Teufel vom Waiga-See
Autoren: Stefan Wolf
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verschlossen. Den Schlüssel zog er ab.“

    „Hast nichts von ihm gesehen“,
fragte Tim nach. „Also null Beschreibung?“
    Isa hob die Achseln.
    „Tod und Terror!“ fluchte er.
„Viel mehr habe ich auch nicht zu bieten. Zwar sah ich ihn — aber nur von
hinten und weitem. Grauer oder grau-beiger Anzug, ja. Mantel, Tasche, dunkles
Haar. Größe gut einsachtzig. Schlank.“
    Er sah die Hotelmenschen an.
„Trifft das zu auf einen Gast?“ Der Direktor wußte gar nichts, weil er nur in
seinem Büro rumsaß.
    Der Portier dachte angestrengt
nach. Aber das führte — trotz seines geschulten Personengedächtnisses — zu
keinem Ergebnis.
    Tim hatte erzählt, wie er an
den Schlüssel gekommen war. Jetzt klatschte jene kampfsport-starke Faust so
heftig in den Handteller, daß es schallte.
    „Aber ja“, rief Tim. „Die Ausreißerin
kann ihn beschreiben. So wie sie stand, muß sie ihn von vorn gesehen haben.
Damit kommen wir weiter.“
    Das Telefon klingelte.
    Isa nickte Tim zu, der
daraufhin den Hörer abnahm.
    Die Rezeption ( Empfang )
unten teilte mit, ein gewisser Kommissar Glockner befinde sich auf dem Weg zu
Zimmer 406.
     
    *
     
    Kommissar Glockner ging voran.
    Die beiden Bahnpolizisten
schlugen eine andere Richtung ein.
    Tim und Gaby folgten Glockners
hochgewachsener Gestalt.
    In der Hbf-Halle war das Gedränge
fast noch stärker als vorhin.
    „Man könnte meinen“, sagte Tim,
„daß alle Welt verreist und kein Mensch mehr jobbt.“
    „Auch für uns brechen ja bald
die Ferien an.“
    „Du weißt wenigstens, daß du
hierbleibst und erst in den letzten Wochen verreist. Ich weiß nur, daß die
Firma — wo meine Mutter Buchhalterin ist — eine Betriebsprüfung hat. Oder
kriegt. Jedenfalls geht da zwei Wochen lang die Hysterie um. Der Chef steht
ohnehin kurz vor dem Nerven-Chaos. Wenn ich zu Hause ankomme, werde ich meine
Mutter in der ersten Zeit wenig sehen. Ein Jammer. Ich könnte auch hierbleiben.
Aber im Internat geht’s diesmal nicht. Sogar der Hausmeister fliegt in die
Karibik. Mit seinem Kegelclub. Und die Pauker sind auch alle dort.
Bildungsurlaub, nehme ich an.“
    „Du könntest dich bei Willi
einquartieren. Das wäre Spitze. Sauerlichs lieben dich wie einen zweiten Sohn.
Das gleiche liefe bei Viersteins.“
    „Ich weiß. Die Eltern meiner
Freunde sind alle wahnsinnig nett. Aber...“
    „Bei uns“, fiel sie ihm ins
Wort, „geht’s leider nicht. Wir wohnen zu beengt.“
    „Ist doch klar, Pfote. Trotzdem
— bei Karl oder Willi möchte ich mich nicht einladen. Sonst bin ich eines Tages
Tim, die Landplage.“
    „Unsinn!“
    Tim erwiderte nichts, denn
Kommissar Glockner blieb stehen.
    Auf seinem markanten Gesicht
schoben sich die Brauen zusammen, während er umherspähte.
    „Noch nichts, Tim?“
    „Keine Spur.“
    Unablässig hatte der
TKKG-Anführer Ausschau gehalten nach Thea, der Ausreißerin, die angeblich aus
dem österreichischen Goschendorf am Waiga-See stammte — von einem Landgut.
    „Nicht mal eine, die ihr
ähnlich sieht“, sagte Tim.
    „Rucksack-Mädchen“, meinte
Glockner, „sind hier zu tausenden unterwegs. Aber wir geben nicht auf.“
    Ihm und den beiden
Bahnpolizisten hatte Tim das Mädchen beschrieben. Sogar an ihre Puma-Turnschuhe
entsann er sich: ein Auslauf-Modell, das es nur noch in Restbeständen gab. Tim
bevorzugt Puma-Schuhe und kennt fast jedes Modell.
    Sie suchten über eine Stunde
und ließen auch die Damen-Toilette nicht aus, wo Gaby sich umsah.
    An einem Steh-Ausschank spendierte
Glockner Espresso für sich und das Pärchen.
    Tim hatte natürlich auch nach
dem Hoteldieb, dem gewalttätigen, gesucht. Soweit das möglich war — anhand der
flüchtigen Rückenansicht. Entdeckt hatte er niemanden, der — von hinten gesehen
— dem blassen Eindruck entsprach.
    „Der Kerl ist vermutlich
abgereist“, sagte Glockner. „Sonst wäre er nicht zum Bahnhof gekommen. Wenn
unsere Fahndung ein Rennpferd wäre — ich würde nicht darauf setzen.“
    „Herr Glockner!“ protestierte Tim.
„Nehmen Sie mir nicht den Mut. Ich will meine Uhr wiederhaben. Und die arme
Isa. Ihr Schmuck ist über 100 000 Mark wert.“
    „Uns wäre gedient, wenn wir mit
Hilfe der Ausreißerin ein Phantombild anfertigen könnten.“
    „Das Mädchen will sich die
Stadt ansehen.“
    „Bei uns gibt es tausend und
eine Sehenswürdigkeit.“
    „Aber ich glaube nicht, daß
Thea lange Sight-seeing ( Besichtigung ) macht. Sie ist irgendwie
durcheinander, weil sie mit ihren Eltern nicht
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