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Der Tempel

Der Tempel

Titel: Der Tempel
Autoren: Matthew Reilly
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hatten sich dermaßen zusammengezogen, dass die Spalten dazwischen breit geworden waren.
    Wenn die Killer genau hingesehen hätten, dann hätten sie bemerkt, wie es durch einen dieser Spalte schaute und dabei vor Angst blinzelte.
    Ein weit geöffnetes menschliches Auge.

    3701 North Fairfax Drive, Arlington, Virginia
    Büros der US Defense Advanced Research Projects Agency
    Montag, 4. Januar 1999, 5.50 Uhr

    Die Diebe bewegten sich rasch – sie wussten genau, wohin sie wollten.
    Sie hatten sich den perfekten Zeitpunkt für den Raub ausgesucht. Zehn Minuten vor sechs. Zehn Minuten bevor die Nachtwache ausstempelte, zehn Minuten bevor die Tagwache einstempelte. Die Nachtwache war müde und würde bereits auf die Uhr sehen, sich aufs Heimgehen freuen. Jetzt war sie am verwundbarsten.
    3701 North Fairfax Drive war ein achtgeschossiger roter Backsteinbau genau auf der gegenüberliegenden Straßenseite der U-Bahn-Station Virginia Square in Arlington, Virginia. Er beherbergte die Büros der Defense Advanced Research Projects Agency – DARPA –, die Schnittstelle der Forschungs- und Entwicklungsabteilung des United States Department of Defense, des amerikanischen Verteidigungsministeriums.
    Die Diebe rannten die weiß erleuchteten Korridore hinab. Dabei hielten sie schallgedämpfte MP-55D-Maschinenpistolen im Stil der SEALs erhoben – die zusammenklappbaren Schulterstützen fest an den Körper gedrückt, blickten sie am Lauf entlang und suchten nach Zielen.
    Rattattattatt!
    Ein Hagel aus schallgedämpften Geschossen riss einen weiteren Navy-Wachtposten nieder, Nummer siebzehn. Ohne innezuhalten, setzten die Diebe über den Leichnam und eilten zur Gewölbekammer. Einer zog die Karte durch den Schlitz, während ein anderer die riesige hydraulische Tür aufschob.
    Sie befanden sich im dritten Stock des Gebäudes und hatten bereits sieben Checkpoints der Sicherheitsstufe 5 durchbrochen – Checkpoints, die vier verschiedene Karten und sechs verschiedene alphanumerische Codes zum Öffnen erforderten. Die Einbrecher hatten das Gebäude über die unterirdische Laderampe betreten, und zwar in einem Lastwagen, der erwartet worden war. Als Erstes hatten die Wächter am unterirdischen Tor sterben müssen. Ihnen waren bald darauf die Fahrer des Lastwagens gefolgt.
    Oben im dritten Stockwerk hatten die Diebe nicht innegehalten.
    Rasch betraten sie nacheinander die Gewölbekammer, einen gewaltigen Laborraum, der auf allen Seiten von 15 Zentimeter dicken Porzellanwänden umgeben war. Außerhalb dieses Porzellankokons lag eine weitere Wand. Sie war bleigesäumt und wenigstens dreißig Zentimeter dick. Beschäftigte der DARPA nannten dieses Labor »die Gruft«, und das aus gutem Grund. Radiowellen konnten sie nicht durchdringen. Abhörapparate konnten ihr nichts anhaben. Dies war der sicherste Raum im Gebäude.
    Zumindest bis zum heutigen Tag.
    Die Diebe zerstreuten sich schnell.
    Schweigen.
    Wie im Mutterschoß.
    Urplötzlich blieben sie wie angewurzelt stehen.
    Ihre Beute stand vor ihnen, nahm einen Ehrenplatz in der Mitte des Labors ein.
    Sie war nicht sehr groß, wenn man berücksichtigte, wozu sie imstande war.
    Ihre Höhe betrug etwa zwei Meter und sie sah aus wie ein riesiges Stundenglas: zwei Kegel – der untere zeigte nach oben, der obere nach unten –, getrennt von einer kleinen Titankammer, die das Herz der Waffe barg.
    Eine Vielzahl farbiger Drähte schlängelte sich aus der Titankammer im Zentrum des Apparats. Die meisten verschwanden unter der Tastatur eines Laptops, der am Vorderteil angebracht war.
    Im Augenblick war die kleine Titankammer leer.
    Im Augenblick.
    Die Einbrecher verschwendeten keine Zeit. Sie entfernten den gesamten Apparat von seiner Energiequelle und legten ihn rasch in eine maßgefertigte Schlinge.
    Dann setzten sie sich wieder in Bewegung. Zur Tür hinaus, den Korridor hinab. Links, dann rechts. Links, dann rechts. Durch das ganze hell erleuchtete Labyrinth der Verwaltung. Sie stiegen über die Leichen der Männer, die sie beim Hereinkommen umgebracht hatten. Nach neunzig Sekunden erreichten sie die unterirdische Garage, wo sie den Lastwagen bestiegen, zusammen mit ihrer Beute. Kaum war der Fuß des letzten Mannes im Innern des Lastwagens, rollten die Räder auch schon über den Beton. Das große Fahrzeug entfernte sich von der Laderampe und schoss hinaus in die Nacht.
    Der Anführer des Teams blickte auf seine Uhr.
    5.59 Uhr.
    Die gesamte Operation hatte neun Minuten gedauert.
    Nicht mehr. Nicht
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