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Der Tempel

Der Tempel

Titel: Der Tempel
Autoren: Matthew Reilly
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weniger.

Erste
Konfrontation
    Montag, 4. Januar, 9.10 Uhr

William Race kam zu spät zur Arbeit. Wieder mal.
    Er hatte verschlafen, dann hatte die U-Bahn Verspätung gehabt. Jetzt war es zehn Minuten nach neun und er kam zu spät zu seiner Vorlesung. Race’ Büro befand sich im dritten Stockwerk des alten Delaware-Gebäudes der New York University. Das Haus besaß einen altertümlichen, schmiedeeisernen Aufzug, der im Schneckentempo fuhr. Über die Treppe ging es schneller.
    Mit 31 Jahren war Race eines der jüngsten Mitglieder der Fakultät für Sprachen des Altertums an der NYU. Er war durchschnittlich groß – etwa einen Meter 75 – und sah in einem bescheidenen Rahmen gut aus. Er hatte sandbraunes Haar und war schlank. Eine Brille mit Drahtbügelgestell umrahmte seine blauen Augen sowie ein ungewöhnliches, dreieckiges braunes Muttermal unmittelbar unterhalb des linken Auges.
    Race eilte die Treppe hinauf, wobei ihm tausend Gedanken durch den Kopf schossen – seine Vorlesung über die Werke des römischen Historikers Livius, die Gebühr fürs Falschparken, die er noch immer zu begleichen hatte, der Artikel, den er an diesem Morgen in der New York Times gelesen hatte. Darin hatte es geheißen, dass die Geheimzahlen von 85 % aller Menschen aus wichtigen Daten wie Geburtstagen oder Ähnlichem bestanden. Ein Dieb, der ihnen die Brieftasche stahl und somit nicht nur die Scheckkarten, sondern auch den Führerschein mit dem Geburtsdatum in die Hand bekam, hatte es deshalb einfach, gleich auch noch das Konto zu plündern.
    Verdammt, dachte Race, er musste seine Geheimnummer ändern.
    Er erreichte den obersten Treppenabsatz und eilte den Korridor hinab.
    Und blieb stehen.
    Zwei Männer befanden sich vor ihm im Flur.
    Soldaten.
    Noch dazu in voller Kampfmontur – Helm, kugelsichere Weste, M-16-Sturmgewehr, alles, was dazugehörte. Einer stand auf halbem Weg den Flur hinab, der andere war weiter unten postiert. Er wartete in starrer Habachthaltung vor der Tür zu Race’ Büro. An keinem anderen Ort hätten die beiden derart fehl am Platz gewirkt wie hier – Soldaten in einer Universität.
    Als sie Race aus dem Treppenhaus hervorstürmen sahen, fuhren sie herum. Aus irgendeinem Grund fühlte sich Race in ihrer Gegenwart plötzlich minderwertig – irgendwie unwichtig, undiszipliniert . In seinem billigen Sportjackett, der Jeans und der Krawatte kam er sich blöd vor, noch dazu, wo er seine Sachen für das Baseballspiel am Mittag in einer zerknitterten alten Nike-Sporttasche bei sich trug.
    Während er auf den ersten Soldaten zuging, betrachtete er diesen von oben bis unten – das schwarze Sturmgewehr, das Barett aus grünem Baumwollsamt, den halbmondförmigen Flecken auf der Schulter, auf dem SPECIAL FORCES stand.
    »Oh, hallo. Ich bin William Race. Ich …«
    » Schon gut, Professor Race. Treten Sie bitte ein. Man erwartet Sie.«
    Race ging weiter bis zu dem zweiten Soldaten. Dieser war größer als der erste, viel größer. Eigentlich war er riesig, ein Berg von einem Mann – wenigstens einsfünfundneunzig – mit einem weichen, hübschen Gesicht, dunklem Haar und schmalen braunen Augen, denen nichts entging. Auf dem Namensschild an seiner Brust stand VAN LEWEN. Die drei Streifen auf seiner Schulter zeigten, dass er Sergeant war.
    Race’ Blick glitt zu dem M-16. Auf dem Lauf war ein Laservisier nach dem neuesten Stand der Technik montiert, an der Unterseite ein M-203-Granatwerfer angebracht. Kein Kinderkram.
    Der Soldat trat beiseite und gestattete Race den Eintritt in das eigene Büro.
    Dr. John Bernstein saß in dem Ledersessel mit der hohen Lehne, der hinter Race’ Schreibtisch stand, und wirkte sehr unglücklich. Bernstein, ein weißhaariger Mann von 59 Jahren, war Leiter der Fakultät für Sprachen des Altertums an der NYU. Race’ Chef.
    Drei weitere Männer waren anwesend.
    Zwei Soldaten, ein Zivilist.
    Die beiden Soldaten waren ziemlich genauso gekleidet und bewaffnet wie die Posten draußen – Drillich, Helm, M-16-Gewehr mit Laservisier – und wirkten durchtrainiert. Einer schien ein wenig älter zu sein als der andere. Er hielt den Helm sehr förmlich zwischen Ellbogen und Rippen gedrückt und hatte kurz geschorenes schwarzes Haar, das kaum bis zu seiner Stirn reichte. Race dagegen fiel das sandbraune Haar ständig in die Augen.
    Der dritte Fremde im Raum, der Zivilist, saß auf dem Besucherstuhl vor Bernstein. Er war groß, hatte einen mächtigen Brustkasten und trug ein Hemd mit aufgerollten
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