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Der Tempel der Ewigkeit

Der Tempel der Ewigkeit

Titel: Der Tempel der Ewigkeit
Autoren: Christian Jacq
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gebaut zu haben. Noch Generationen später würde man von ihrer Leistung sprechen.
    Die Schaulustigen hielten den Atem an, als der königliche Wagen vor der Statue des Pharaos stehenblieb, vor ebenjenem Koloß, der am Tag zuvor beinahe großes Unheil ausgelöst hätte.
    Vor seinem Standbild hob Ramses den Kopf und blickte zu dem steinernen Riesen empor, der seine Augen gen Himmel richtete. An der Stirn der Statue bäumte sich die Uräusschlange auf, eine feuerspeiende Kobra, deren Gift die Feinde des Königs erblinden ließ, und auf dem Haupt prangten «die zwei Mächtigen», die weiße Krone Oberägyptens und die rote Krone Unterägyptens. Auf seinem Thron sitzend, die Hände flach auf dem Schurz, überragte der granitene Pharao seine Stadt.
    Ramses stieg vom Wagen. Auch er trug die Doppelkrone, war allerdings mit einem reich gefältelten, linnenen Gewand mit weiten Ärmeln bekleidet, unter dem ein golddurchwirkter, von einem versilberten Gürtel gehaltener Schurz glitzerte. Die Brust des Herrschers zierte eine goldene Kette.
    «Dir, in dem sich der Ka meiner Herrschaft und der meiner Stadt verkörpert, öffne ich Mund, Augen und Ohren. Fortan bist du ein lebendes Wesen, und wer es wagen sollte, dich anzugreifen, wird mit dem Tod bestraft.»
    Die Sonne stand an ihrem höchsten Punkt, senkrecht über dem Pharao, der sich nun seinem Volk zuwandte.
    «Pi-Ramses ist geboren, Pi-Ramses ist unsere Hauptstadt!»
    Tausende begeisterter Stimmen wiederholten diese feierliche Erklärung.
    Solange der Tag noch währte, fuhren Ramses und Nefertari durch die breiten Alleen, die Straßen und Gassen von Pi-Ramses und besichtigten jedes Viertel. Wie geblendet, verlieh die große königliche Gemahlin der Stadt den Beinamen «die Türkisfarbene», der sogleich in aller Munde war. Das war die größte Überraschung, die Moses dem König bereitet hatte: Die Fassaden der Häuser, der herrschaftlichen wie der bescheidenen, waren mit blaugrünen Kacheln von unglaublichem Glanz verkleidet worden. Als Ramses die Werkstätten eröffnen ließ, die diese Kacheln herstellen sollten, hätte er nicht gedacht, daß sie imstande wären, sie innerhalb so kurzer Zeit in so großer Zahl anzufertigen. Sie verliehen der Hauptstadt ein einheitliches Aussehen.
    Moses, elegant und vornehm, versah das Amt des Zeremonienmeisters. Jetzt bestand wohl kein Zweifel mehr, daß Ramses seinen Freund aus Kindertagen zum Wesir ernennen würde. Das Einvernehmen zwischen den beiden Männern war augenscheinlich, Moses’ Erfolg überwältigend. Der König äußerte nicht den geringsten Tadel und ließ verlauten, daß seine Hoffnungen erfüllt, ja sogar übertroffen worden waren.
    Chenar kochte vor Wut. Der Magier Ofir hatte gelogen oder sich getäuscht, als er behauptete, den Hebräer für seine Ziele gewonnen zu haben. Nach diesem Erfolg würde Moses ein reicher Mann und ein beflissener Höfling werden. Ramses wegen eines törichten Glaubensstreites die Stirn zu bieten wäre ein selbstmörderisches Unterfangen, und sein Volk war derart mit den Ägyptern verschmolzen, daß keiner die Absicht hegte, das Land zu verlassen. Chenars einzige wahre Verbündete blieben die Hethiter. Gefährlich wie Vipern, aber Verbündete.
    Der Empfang im königlichen Palast, dessen großer Säulensaal mit Bildern stimmungsvoller Landschaften ausgemalt war, entzückte die Mitglieder des Hofstaates ebenso wie Nefertaris Schönheit und Würde. Die Herrin des Landes und magische Beschützerin der königlichen Residenz fand für jeden ein freundliches Wort.
    Auch von den prächtigen Bodenfliesen vermochten die Gäste ihre Blicke kaum loszureißen. Sie setzten sich zu Bildern zusammen, die Wasserbecken, üppige Gärten, durch ein Papyrusdickicht fliegende Enten, Lotosblüten und Fische in einem Teich darstellten. Helles Grün, klares Blau, gebrochenes Weiß, Goldgelb und dunkles Rot vereinten sich zu einer harmonischen Farbenpracht, die die Vollkommenheit der Schöpfung pries, so daß jedwedem Spötter die Stimme erstarb.
    Die Tempel von Pi-Ramses waren zwar bei weitem noch nicht fertig gestellt, doch der Palast stand denen von Memphis und Theben an Prunk und Erlesenheit in nichts nach. Hier würde sich kein Höfling fremd fühlen. Und schon jetzt waren Adlige und Würdenträger des Staates von dem Wunsch besessen, ein herrschaftliches Haus in Pi-Ramses ihr eigen zu nennen.
    Mit unfaßbarer Stetigkeit fuhr Ramses fort, Wunder zu wirken.
    «Hier ist der Mann, dem wir es zu verdanken haben, daß es
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