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Der Tempel der Ewigkeit

Der Tempel der Ewigkeit

Titel: Der Tempel der Ewigkeit
Autoren: Christian Jacq
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diese Stadt gibt», erklärte der Pharao, während er Moses eine Hand auf die Schulter legte.
    Da verstummten alle Gespräche.
    «Die Gepflogenheiten des Zeremoniells gebieten, daß ich nun auf meinem Thron Platz nehme, Moses sich vor mir verneigt und ich ihm als Anerkennung für seine guten und treuen Dienste goldene Ketten überreiche. Aber er ist mein Freund von Kindheit an, und wir haben diesen Kampf gemeinsam geführt. Ich habe diese Hauptstadt ersonnen, und er hat sie nach meinen Plänen Wirklichkeit werden lassen.»
    Nach diesen Worten schloß der König Moses feierlich in die Arme. Das war die höchste Ehre, mit der ein Pharao einen Mann auszuzeichnen vermochte.
    «Moses wird noch einige Monate Oberaufseher über die königlichen Baustätten bleiben, bis er seinen Nachfolger unterwiesen hat. Danach wird er zum größten Ruhm Ägyptens an meiner Seite arbeiten.»
    Chenar hatte recht gehabt, als er das Schlimmste befürchtete. Die geballte Tüchtigkeit der zwei Freunde machte sie gefährlicher als eine ganze Armee.
    Ameni und Setaou beglückwünschten Moses, dessen spürbare Unruhe sie erstaunte. Doch sie hielten sie für Rührung.
    «Ramses irrt sich», beteuerte der Hebräer. «Er schreibt mir Fähigkeiten zu, die ich nicht besitze.»
    «Du wirst einen vortrefflichen Wesir abgeben», versicherte Ameni.
    «Aber du wirst trotzdem den Befehlen dieses kleinen, räudigen Schreibers unterstehen», befand Setaou. «In Wirklichkeit ist er derjenige, der regiert.»
    «Sieh dich bloß vor, Setaou!»
    «Die Speisen sind köstlich. Falls Lotos und ich einige schöne Schlangen aufstöbern, lassen wir uns vielleicht auch hier nieder. Warum ist Acha nicht da?»
    «Das weiß ich nicht», antwortete Ameni.
    «Das könnte seiner Laufbahn schaden. Für einen Gesandten wahrlich kein sehr geschicktes Verhalten.»
    Die drei Freunde sahen, wie Ramses auf seine Mutter, Tuja, zuging und ihr einen Kuß auf die Stirn drückte. Trotz der Trauer, die für immer ihr ernstes, edles Antlitz verschleiern würde, verbarg sie den Stolz nicht, der sie erfüllte. Als sie ankündigte, sie würde unverzüglich in den Palast von Pi-Ramses einziehen, war der Triumph ihres Sohnes vollkommen.
    Obgleich fertig gestellt, war der große Käfig noch leer, in dem fremdländische Vögel Auge und Ohr der Höflinge erfreuen sollten. Mit müden Gesichtszügen, die Arme vor der Brust verschränkt, so lehnte Moses an einem Pfeiler. Er wagte nicht, seinen Freund Ramses anzublicken. Er mußte den Menschen vergessen und sich an den Gegner wenden, den Pharao Ägyptens.
    «Alle schlafen bereits, außer dir und mir.»
    «Du siehst erschöpft aus, Moses. Könnten wir diese Unterredung nicht auf morgen verschieben?»
    «Ich will nicht mehr länger den Schein wahren.»
    «Welchen Schein?»
    «Ich bin Hebräer, und ich glaube an einen einzigen Gott. Du bist Ägypter und betest Götzen an.»
    «Kommst du mir schon wieder mit diesem kindischen Gerede?»
    «Es verdrießt dich, weil es die Wahrheit ist.»
    «Du bist in der ganzen Weisheit der Ägypter unterwiesen worden, Moses, und dein einziger Gott, ohne Gestalt und unerkennbar, ist die verborgene Macht, die jeglicher Form von Leben innewohnt.»
    «Er verkörpert sich nicht in einem Schaf!»
    «Amun ist das Geheimnis des Lebens. Er offenbart sich im unsichtbaren Wind, der das Segel des Schiffes bläht, in den Hörnern eines Widders, deren Spirale die Harmonie der Schöpfung erkennen läßt, im Stein, aus dem unsere Tempel erbaut sind. Er ist all dies und nichts von alledem. Diese Weisheit kennst du so gut wie ich.»
    «Sie ist nur ein Trugbild! Gott ist einzigartig.»
    «Verwehrt ihm das, in seinen Geschöpfen mannigfaltig in Erscheinung zu treten und dennoch der Eine zu bleiben?»
    «Er braucht weder deine Tempel noch deine Statuen.»
    «Ich sage dir noch einmal: Du bist erschöpft.»
    «Meine Überzeugung steht fest. Du wirst daran nichts ändern.»
    «Sollte dein Gott dich unduldsam machen, sieh dich vor. Dann führt er dich in blinden Eifer.»
    «Du mußt dich eher vorsehen, Ramses! In deinem Land entwickelt sich eine neue geistige Strömung. Noch schreckt sie davor zurück, doch schon bald wird sie für die Wahrheit kämpfen.»
    «Erkläre dich deutlicher.»
    «Erinnerst du dich an Echnaton und seinen Glauben an einen einzigen Gott? Er hat den Weg gewiesen, Ramses. Höre auf seine Stimme, höre auf meine. Tust du es nicht, wird dein Reich zusammenbrechen.»
     

ACHTUNDFÜNFZIG
     
     
    FÜR MOSES WAR die Lage klar. Er
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