Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Tempel der Ewigkeit

Der Tempel der Ewigkeit

Titel: Der Tempel der Ewigkeit
Autoren: Christian Jacq
Vom Netzwerk:
hatte Ramses nicht verraten, ihn sogar vor dem drohenden Untergang gewarnt. Nun konnte er mit ruhigem Gewissen seinem Schicksal entgegengehen und dem Feuer, das seine Seele verzehrte, freien Lauf lassen.
    Der alleinige Gott, Jahwe, wohnte in einem Berg. Ihn mußte er finden, welche Mühsal diese Reise ihm auch auferlegen mochte. Einige Hebräer hatten beschlossen, mit ihm zu ziehen, selbst auf die Gefahr hin, alles zu verlieren. Während Moses sein Bündel schnürte, fiel ihm ein Versprechen ein, das er noch nicht eingelöst hatte. Ehe er Ägypten für immer verließ, wollte er diese Schuld noch abtragen.
    Er brauchte nicht weit zu gehen, um Sarys Haus im Westen der Stadt zu erreichen. Es lag am Rande eines alten Palmenhains. Sein Besitzer saß an einem fischreichen Teich und trank kühles Bier.
    «Moses! Welche Freude, den wahren Baumeister von Pi-Ramses willkommen zu heißen! Was verschafft mir die Ehre?»
    «Die Freude beruht nicht auf Gegenseitigkeit, und es handelt sich auch nicht um eine Ehre.»
    Sary stand verärgert auf.
    «Deine rosige Zukunft gibt dir nicht das Recht, unhöflich zu sein. Vergißt du, mit wem du sprichst?»
    «Mit einem Gauner.»
    Sary hob die Hand, um den Hebräer zu ohrfeigen, doch der hielt seinen Arm fest. Er zwang den Ägypter, sich zu verbeugen und dann niederzuknien.
    «Du stellst einem Mann namens Abner nach.»
    «Den Namen kenne ich nicht.»
    «Du lügst, Sary. Du hast ihn bestohlen, und du erpreßt ihn.»
    «Er ist nur ein hebräischer Ziegelmacher.»
    Moses’ Griff wurde fester. Sary wimmerte.
    «Auch ich bin nur ein Hebräer. Dennoch könnte ich dir den Arm brechen und dich zum Krüppel schlagen.»
    «Das wirst du nicht wagen!»
    «Meine Geduld ist zu Ende, laß dir das gesagt sein! Belästige Abner nie mehr, sonst zerre ich dich an deinen Ohren vor ein Gericht. Schwöre es!»
    «Ich… ich schwöre, ihn nicht mehr zu belästigen.»
    «Beim Namen des Pharaos?»
    «Beim Namen des Pharaos.»
    «Solltest du deinen Schwur brechen, wirst du für immer verdammt sein.»
    Moses ließ Sary los.
    «Du kommst noch glimpflich davon.»
    Wäre der Hebräer nicht im Begriff gewesen, Ägypten zu verlassen, hätte er Anklage gegen Sary erhoben. Er hoffte indes, daß die Drohung gereicht hatte.
    Dennoch befiel ihn ein Unbehagen. In den Augen des Ägypters hatte er Haß wahrgenommen und nicht Unterwerfung.
    Moses versteckte sich hinter einer Palme. Er brauchte nicht lange zu warten.
    Sary verließ mit einem Knüppel das Haus und ging in südlicher Richtung davon, zu den Unterkünften der Ziegelmacher.
    Der Hebräer folgte ihm in sicherem Abstand. Er sah ihn in Abners Haus eintreten, dessen Tür nur angelehnt war. Gleich darauf war lautes Stöhnen zu hören.
    Moses rannte los, lief ebenfalls in das Haus hinein und gewahrte im Halbdunkel, wie Sary mit dem Stock auf Abner einschlug. Sein Opfer lag auf dem Boden und versuchte, mit den Händen das Gesicht zu schützen.
    Da entriß Moses dem Ägypter den Stock und versetzte ihm einen heftigen Schlag auf den Schädel. Blut strömte Sarys Nacken hinunter, und er sackte zusammen.
    «Steh auf, Sary, und verschwinde!»
    Da der Ägypter sich nicht bewegte, kroch Abner zu ihm hin.
    «Moses… Man würde meinen… er ist tot.»
    «Unmöglich, ich habe nicht fest zugeschlagen!»
    «Er atmet nicht mehr.»
    Moses kniete nieder, seine Hände berührten einen Leichnam.
    Er hatte einen Menschen getötet.
    Draußen war alles still.
    «Du mußt fliehen», sagte Abner. «Wenn die Wachen dich festnehmen…»
    «Dann wirst du mich verteidigen, Abner, und erklären, daß ich dir das Leben gerettet habe.»
    «Wer würde mir schon glauben? Man wird uns beschuldigen, gemeinsam einen Mord begangen zu haben. Geh fort, geh schnell fort!»
    «Hast du einen großen Sack?»
    «Ja, einen für Werkzeuge.»
    «Gib ihn mir.»
    Moses stopfte den Leichnam hinein und lud sich die Last auf die Schultern. Er vergrub Sary im Sand und stahl sich in ein unbewohntes Haus, um wieder einen klaren Kopf zu bekommen.
    Der Windhund der Wachsoldaten, die ihren Rundgang machten, ließ ein ungewohntes Winseln vernehmen. Er, der sich für gewöhnlich so ruhig verhielt, zerrte an seiner Leine, daß sie beinahe riß. Da band sein Herr ihn los, und er jagte mit höchster Geschwindigkeit zu einer sandigen Stelle am Rande der Stadt.
    Dort begann er eifrig zu scharren. Als der Soldat und seine Gefährten näher kamen, entdeckten sie zunächst einen Arm, dann eine Schulter und schließlich das Gesicht eines
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher