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Der Talisman (German Edition)

Der Talisman (German Edition)

Titel: Der Talisman (German Edition)
Autoren: Elisabeth von Bismarck
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nach Michael Mayars Geheimschrift zu durchsuchen«, stöhnte der Weißmagier und balancierte mit einem schweren Bücherstapel auf dem Arm die Leiter herunter. Clara kniete vor dem Regal und tastete über den staubigen Boden. Aus den Augenwinkeln beobachtete sie Laszlo, der mit tiefen Ringen unter den Augen die letzten Bücher durcharbeitete. Da war es ja. Mit den Fingerspitzen fühlte sie das Blatt. Es hatte sich in der Fußbodenleiste verklemmt. Mit einem vorsichtigen Ruck zog sie es unter dem Regal hervor. Auf dem vergilbten, brüchigen Pergament erkannte sie sofort die Geheimschrift Michael Mayars. Eine kleine Rose in einem Kreis war sein Symbol für das C.
    Ein triumphierendes Lächeln erhellte ihr Gesicht, als sie ihrem Mann den Bogen reichte. Oben in der Wohnung knarrte eine Tür. Laszlo und Clara wechselten einen kurzen Blick. Schnell stellten sie die Bücher zurück in das Regal. Der Weißmagier griff die Leiter und lehnte sie ans Regal neben der Tür. Im Flur polterte es laut. Hastig griff sich Clara das Pergament. Nach einem kurzen Blick zurück zur Tür kletterten sie aus dem Fenster. Mit einem feinen Lächeln zog es Laszlo hinter sich zu.
    Yasha hatte schlecht
    geschlafen. Das verdankte er dem Talisman, der mitten in der Nacht begonnen hatte, verrückt zu spielen, und sich noch immer nicht beruhigen konnte. Mal leuchtete er, mal zitterte oder pendelte er und zweimal verbrannte er Yasha sogar. »Was ist nur mit dir los? Mir gefällt es hier auch nicht. Sobald wir die Bücher für Onkel Kyril zusammenhaben, verschwinden wir von hier, versprochen!«, sagte Yasha, während er sich auf das Treppengeländer schwang. Mit einer gewissen Befriedigung sah Yasha die kaputten Treppenstufen an sich vorbeisausen. Mit Schwung landete er im Erdgeschoss und wappnete sich für den letzten Teil der Büchersuche. Erst zwei Tage später fand Yasha das letzte Buch. Vor Freude lachend hüpfte er durch den Raum. In Gedanken sah er vor sich, wie er und Onkel Kyril im Laboratorium an der Herstellung des großen Elixiers arbeiten würden. Triumphierend hob er den steinernen Schmetterling in die Höhe und jubelte: »Talisman! Ich wünsche, ich wünsche, ich wünsche, dass du mich und die Bücher zu Onkel Kyril bringst!«
    Der Talisman leuchtete verärgert auf. Er war wütend! Die ganze Nacht hatte er versucht, Yasha zu zeigen, dass seine Eltern in der Nähe waren. Erbost schickte der steinerne Schmetterling einen scharfen Luftstrom voller Staub los. Aus dem formte er einen langen, fauchenden Lindwurm, der Yasha und die Bücher in die Höhe wirbelte.



Mit jedem Flügelschlag wirbelte der Lindwurm kleine Staubwölkchen auf. Sie drangen Yasha in Augen, Mund und Nase. Er packte sein Bücherbündel fester und zog sich schützend einen Zipfel seines Hemdes vors Gesicht. In diesem Moment schoss der Lindwurm senkrecht in die Höhe. Ein Ruck ging durch Yashas Arm. Für den Bruchteil einer Sekunde baumelten seine Beine in der Luft. »Hiiilfe!«, schrie er erschrocken. Im nächsten Moment buckelte der Lindwurm und Yasha landete unsanft auf seinem Rücken. Es war ein Höllenritt.
    Zum Glück legte sich der Ärger des steinernen Schmetterlings bald. Denn anders als Drachen besitzen Lindwürmer nur sehr kleine Flügel, sie kriechen lieber am Boden herum als ordentlich zu fliegen. Nach einer Weile verlor der Talisman die Lust daran, den flügellahmen Lindwurm in der Luft toben zu lassen.
    In der Ferne
    sah man die Gipfel des
    Pilisgebirges. Unter ihnen, auf einem schmalen Feldweg, rollte eine Kolonne bunt bemalter Wohnwagen. Yasha hörte aus der Ferne fröhliche Stimmen und das Klappern der Pferdehufe. Der Talisman schnaufte fast unhörbar. Er ließ den Lindwurm eine Kurve fliegen und überholte die Pferdewagen. Da entdeckte der steinerne Schmetterling unter sich einen alten Freund. »Du sollst nicht mehr alleine sein, Yasha!«, raunte er dem Jungen leise zu und landete am Wegesrand. Sofort erfasste ein leichter Windstoß den Lindwurm. Er löste sich auf und wehte als Staubfahne über die Felder davon. Yasha und die Bücher plumpsten ins weiche Gras.Der erste Wagen hielt mit lautem Quietschen. »Hallo Reisender! Ich sehe, dein Lindwurm hat sich im wahrsten Sinne des Wortes aus dem Staub gemacht!«, rief eine bekannte Stimme. »Graf Gregorio!«, jubelte Yasha. Inzwischen war auch der letzte Wohnwagen zum Stehen gekommen und die Leute liefen herbei, um zu sehen, warum es nicht weiterging. »Das ist ja Yasha! Mein Kleiner, lass dich drücken!«,
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