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Der Talisman (German Edition)

Der Talisman (German Edition)

Titel: Der Talisman (German Edition)
Autoren: Elisabeth von Bismarck
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ist von einer ganz besonderen Art. Er riecht wie Erde an einem Junimorgen, wie der Duft der Blüten in der Luft, wie der heiße Atem des Feuers und wie der süße Geruch des Regens auf ausgedörrter Erde. Man kann aus einer winzig kleinen Menge viel Gold herstellen. Aber es gibt noch bessere Dinge, die ein solcher Stein bewirken kann. Der steinerne Schmetterling, den du um den Hals trägst, ist aus einem Stein der Weisen erschaffen worden, Yasha. Deswegen hat er, wie du weißt, magische Kräfte.«
    Yasha
    schaute Onkel Kyril
    erstaunt an. Einen Geruch hatte er noch nie an dem steinernen Schmetterling bemerkt, sollte ihm da etwas entgangen sein? Der Talisman glühte noch immer sanft, als Yasha ihn laut schnüffelnd an seine Nase hielt. »Nicht alle diese Steine haben einen Geruch, Yasha. Aber jeder einzelne ist ungeheuer kostbar, denn das Rezept, wie man sie herstellt, ging verloren. Das heißt, ganz verloren ist es nicht. Ich habe es im alchimistischen Archiv verbummelt. Mein Vorfahre Michael Mayar hatte die Rezeptur in Geheimschrift auf ein Blatt Pergament geschrieben. Damit das lose Blatt nicht verknickt, habe ich es in ein Buch gelegt. Ich weiß nur nicht mehr, in welches! Na ja, vergessen wir das! Jedenfalls ist seit mindestens 177 Jahren kein Stein der Weisen mehr hergestellt worden. So, nun komm, min Jung! Wir schauen uns jetzt den Stein an!«, sagte Onkel Kyril und drückte auf einen kleinen grünen Knopf an der Wand.
    Vor ihnen
    öffnete sich
    eine Tür, hinter der ein niedriger Stollen noch tiefer in den Berg führte. Nach wenigen Metern standen sie vor einer weiteren Tür, die sich geräuschlos öffnete. Yasha zählte insgesamt sieben. Sie glitten wie von Geisterhand bewegt zur Seite. Und dann sah Yasha ihn: Michael Mayars Stein der Weisen! Er sah aus wie eine kleine rötliche Bohne. Ein starker Duft von Erde, Blüten, Rauch und Feuchtigkeit durchdrang den Raum. Onkel Kyril rannte aufgeregt zu seinem Stein. »Hast du schon einmal Gold mit ihm gemacht?«, fragte Yasha neugierig. »Natürlich, min Jung! Aber wie du siehst, ist der Stein im Laufe der Jahrhunderte sehr klein geworden. Ich habe nur ein einziges Mal aus einem winzigen Stück Gold hergestellt, als jemand in großer Not war. Aber nun zurück zu dir und Olav Zürban. Wir machen jetzt ein Experiment. Sei so gut und lege deinen steinernen Schmetterling ganz dicht neben den kleinen Stein, Yasha!«, flüsterte Onkel Kyril.
    Erwartungsvoll beugte sich Yasha über den kleinen Stein, der vor ihnen auf einem Felsblock lag. Als der Talisman ihn berührte, leuchteten beide hell auf und tauchten den Raum in rötliches Licht. Die Luft füllte sich mit pulsierenden Wellen. Yasha schloss die Augen. Angeneh-
    me Wärme durchflutete seinen Körper. Wie durch Watte hörte er Onkel Kyrils Stimme: »Die beiden Steine verstehen sich. Sie vereinen ihre Kräfte. Sie sprechen miteinander.« »Sie sprechen miteinander«, hallte der Satz in Yashas Kopf wider. Für eine Weile war es so, als ob die Zeit stehengeblieben wäre. Dann fühlte Yasha, dass die Energiewellen abebbten. Onkel Kyril hatte die beiden Steine getrennt.
    Nachdenklich
    verließen sie die
    Kammer und verriegelten die sieben Türen hinter sich. Im Laboratorium schwebte, fast unmerklich, der zarte Geruch von Erde, Blüten, Rauch und Feuchtigkeit. Onkel Kyril setzte sich an einen der Tische und deutete einladend auf den Stuhl gegenüber, bevor er sagte: »Hast du gehört, was die Steine gesagt haben?« Yasha schüttelte den Kopf und beugte sich gespannt vor. »Ihre Stimmen waren überirdisch, hoch und sirrend. Der Raum füllte sich mit hellen Tönen. Es klang so, als wenn sich die Steine liebevoll begrüßten. Dann aber wurden die Töne lauter, aufgeregt, ja, fast so, als würden sie miteinander streiten. Nach einer Weile wurden sie wieder ruhiger, die Töne meine ich, und plötzlich verstand ich Wörter! Die Steine haben gesagt, wie wir Olav Zürban besiegen und so den Trennungsfluch, der auf dir und deinen Eltern lastet, aufheben können!
    Ursprünglich erschufen Alchimisten
    diese Steine der Weisen, damit sie ihre Besitzer schützen und ihnen in schwierigen Situationen helfen. Es liegt nicht in ihrer Natur, anderen Geschöpfen zu schaden. Doch mit Hilfe der Alchimie können wir sie verändern. Wird der Stein der Weisen in seine flüssige Form gebracht, entsteht das große Elixier. Es ist eine tödliche Waffe gegen das Böse. Für den Stein ist es ein großes Opfer, denn im Moment der Umwandlung stirbt er.
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