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Steels Entscheidung: Historischer Roman (German Edition)

Steels Entscheidung: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Steels Entscheidung: Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Iain Gale
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P ROLOG
    Hoch oben auf einer Anhöhe mit Blick auf das kleine flämische Dorf Eename, etwa fünfzehn Meilen vor der französischen Grenze, richtete sich ein hochgewachsener Reiter in den Steigbügeln seines Pferdes auf und beugte sich leicht nach vorn über den Hals des Tieres. Der scharlachrote Mantel kennzeichnete ihn unverwechselbar als Mitglied des englischen Offizierstabes. Der Mann holte sein Fernrohr hervor, blickte in nordwestlicher Richtung über die grünende Landschaft und hoffte inständig auf ein Wunder. Zu gern hätte er gewusst, wie das Schicksal es mit ihm meinte.
    Hätten die anderen Reiter, die den Offizier bis zu dem Aussichtspunkt auf dem Hügel begleitet hatten, genauer hingesehen, wäre ihnen vermutlich das kleine Lächeln nicht entgangen, das sich um die Mundwinkel des Offiziers andeutete. Denn bereits daran hätten sie ablesen können, dass der kleine Trupp sein Ziel gefunden hatte.
    William Graf von Cadogan, seines Zeichens Stabschef und Generalquartiermeister in der Armee Seiner Hoheit, des Herzogs von Marlborough, saß nun schon seit ein Uhr in der Früh im Sattel und führte sechzehn Bataillone Infanterie und acht Schwadronen Kavallerie an. Überraschend schnell hatten sie die dreizehn Meilen von der Stadt Lessines nördlich von Ath bis zu diesem Hügel zurückgelegt – drei Meilen in der Stunde. Unterhalb des Hügels, ein Stück weit linker Hand, lag die Stadt Oudenaarde und erwachte zu dieser frühen Stunde aus ihrem Schlummer. Cadogan konnte den hohen Kirchturm, das verspielte barocke Hôtel de Ville und die breit angelegte, sternförmige Festung erkennen und fragte sich in diesem Augenblick, ob er und seine Vorhut tatsächlich gefunden hatten, wonach sie gesucht hatten.
    Trotz des matten Lichts des Morgens und der sich auflösenden Nebelschleier konnte der Graf durch sein Teleskop auf der gegenüberliegenden Anhöhe einwandfrei die blassgrauen Uniformröcke und schwarzen, mit gelber Litze versehenen Dreispitze der Soldaten erkennen, die den alltäglichen Aufgaben einer Armee im Feldlager nachkamen. Französische Infanterie. Vermutlich die Vorhut einer großen Streitmacht, die sich seit Kurzem auf die Belagerung alliierter Truppen in Oudenaarde vorbereitet hatte. Gewiss, Marlboroughs herannahende Armee hatte die Pläne der Franzosen vereitelt. Seither hatten König Ludwigs Soldaten eine neue Stellung bezogen, in der sie nicht ohne Weiteres umzingelt werden konnten, wie es im Verlauf von Belagerungen nicht selten der Fall ist.
    Dem gegenwärtigen Verhalten des Gegners entnahm Cadogan jedoch mit wachsender Zufriedenheit, dass die Franzosen offenbar nicht ahnten, wie nah Marlboroughs Männer an diesem klaren Sommermorgen wirklich herangekommen waren. Und genau das hatten Cadogan und sein Oberbefehlshaber sich erhofft.
    Oudenaarde lag an der Schelde und war von beiden Seiten von weit ausuferndem Marschland umgeben. Daher bildete ein Pontonzug mit geschickten Pionieren und Ingenieuren den wichtigsten Teil von Cadogans bescheidener Vorhut: Über behelfsmäßige Brücken sollte die große Armee mit ihren siebzigtausend Mann sowie den Pferden und Geschützen das zunächst abschreckende natürliche Marschland überwinden. Aber Cadogan richtete seine Aufmerksamkeit im Augenblick nicht auf Oudenaarde, sondern auf das breite Tal mit seinen Weideflächen und Feldern jenseits der Schelde. Durch diesen Talkessel, der von drei niedrigen Hügeln eingefasst war, schlängelten sich drei Wasserarme.
    Seit Beginn des diesjährigen Feldzuges hatten Marlboroughs Truppen keinen so schönen Morgen erlebt wie diesen. Die Felder Flanderns badeten im Sonnenschein. Es war, wie Cadogan schätzte, inzwischen kurz nach acht Uhr am 11. Juli des Jahres 1708. Und der Graf war fest entschlossen, dafür zu sorgen, dass dieses Datum in die Geschichte eingehen würde. Ja, dieser Tag sollte in den kommenden Jahrhunderten in englischen Klassenzimmern Erwähnung finden: als ruhmreicher britischer Sieg.
    Cadogan hatte seine Befehle. Er sollte den Gegner von der Straße von Lessines fernhalten und dann für einen Übergang über die Schelde sorgen. Die fünf Pontonbrücken mussten unmittelbar neben Oudenaarde angelegt werden und einen Brückenkopf bilden, den Cadogans Männer so lange zu halten hatten, bis der Entsatz von Marlborough kam – wann auch immer die Verstärkung eintraf.
    Der Graf wandte sich an einen seiner Berater. »Cassels, reitet zurück zu Colonel Harker und richtet ihm aus, er möge seinen Pionieren befehlen,
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