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Steels Entscheidung: Historischer Roman (German Edition)

Steels Entscheidung: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Steels Entscheidung: Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Iain Gale
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dass die Jungs sich entspannten und kühlen Kopf bewahrten. Vor einem Gefecht war es immer schwer, die richtige Balance zu halten. Aber war ihm das nicht unzählige Male gelungen? Kannte er die meisten dieser Soldaten nicht seit Jahren? Vielleicht sogar besser als die eigene Familie.
    Er wandte sich an Williams. »Ein Lied wäre jetzt angebracht, Tom. Stimmen wir ein Lied an. Wer hat die beste Stimme der Kompanie? Was meint Ihr? Taylor? Dan Cussiter?«
    »Das dürfte Corporal Taylor sein, Sir.«
    »Dann also Matt Taylor.«
    Steel blickte die Reihen entlang und entdeckte den Corporal.
    »Taylor! Kommt her, Matt. Gebt uns eine Melodie vor. Singt über den Lärm der Musketen. Und sorgt dafür, dass es gut klingt. ›The Rochester Recruit‹ oder etwas in der Art.«
    Corporal Matthew Taylor, ein schlaksiger, ehemaliger Buchhalter aus Hounsditch, war seit nunmehr sechs Jahren der unersetzliche und gebildete Apotheker und Heilkundige der Kompanie, da er über ein breites Kräuterwissen verfügte. Er räusperte sich und begann, in kräftigem Tenor zu singen.
    »Oh, ein tapfrer Füsilier
marschierte einst durch Rochester,
Auf seinem Weg in die Niederlande.
Und er sang auf seinem Marsch
Durch die vollen Straßen von Rochester,
›Wer wird noch Soldat für Marlborough und mich?‹«
    Wie aus einem Mund fiel der Rest der Kompanie ein und sang den Refrain:
    »Wer wird noch Soldat, wer wird noch Soldat,
Wer wird noch Soldat für Marlborough und mich?«
    Mit Zufriedenheit sah Steel, wie schnell das gemeinsame Lied die verschreckten Männer auch diesmal wieder in seinen Bann schlug. Beherztes Singen war das Mittel der Wahl, wenn man noch ein bisschen Zeit vor dem eigentlichen Kampfgeschehen totzuschlagen hatte. Die Männer sollten an ihren geliebten »Corporal John« denken – an John Churchill, der nach dem Sieg von Blenheim zum Herzog von Marlborough erhoben worden war. Ja, sollten die Jungs sich ruhig noch einmal die Siege in Erinnerung rufen, die sie unter Marlboroughs Führung errungen hatten: Blenheim, Ramillies und all die anderen. Und dieser Tag würde sie wieder zu einem Sieg führen.
    »Tom. Wie heißt das Dorf da drüben?«, fragte Steel.
    »Eename, Sir.«
    Nein, dachte Steel, das eignete sich nicht. Dem Namen haftete nichts Martialisches an. Dann doch besser die größere Siedlung weiter links. Oudenaarde. Das würde sich in den Geschichtsbüchern besser machen, auch in den Flugschriften in den Kaffeehäusern in London. Ja, Blenheim, Ramillies und Oudenaarde. Nicht zu vergessen Ostende, die Schlachtlinien von Brabant …
    Trotz des lauten Gesangs und des Kampflärms aus dem Talkessel vernahm Steel ein Niesen hinter sich. Er brauchte sich nicht umzudrehen, wusste er doch, wer dort geniest hatte: Henry Hansam, nach Steel der ranghöchste Offizier in den Reihen der Grenadiere, hatte sein eigenes Mittel, um sich auf die Schrecken der Schlacht einzustimmen. So genoss er auch jetzt wieder eine Prise Schnupftabak; insbesondere vor dem Gefecht stieg Hansams Tagesdosis auf das Zehnfache. Während die Männer in anderen Kompanien unter lauten Rufen und Trommelwirbeln vorrückten, mischte sich in Steels Einheit seit Jahren das explosionsartige Niesen von Hansam.
    Steel wandte sich seinem Freund zu. Als der Lieutenant Steels Blick spürte, rief er über den volltönenden Gesang der Kameraden hinweg: »Auch eine Prise, Jack? Habe gerade eine frische Lieferung aus England erhalten, über Ostende. Feinste spanische Ware. Wie ich aus sicherer Quelle erfuhr, stammt dieser Tabak noch aus der Ladung, die Admiral Hobson einst 1702 vor Vigo erbeutete. Hervorragende Qualität, sage ich. Du bist sicher, dass du nicht auch mal …?«
    »Nein, danke dir, Henry. Magst du mich auch noch so sehr drängen und die Herkunft deines Tabaks betonen, du müsstest doch längst wissen, dass der Tag gelaufen wäre, wenn ich anfangen würde, mir dieses Zeug in die Nase zu schieben. Mein Laster ist das Trinken. Und vielleicht gelegentlich eine Partie Piquet oder Whist.«
    »Oh, richtig, und du hast ja inzwischen auch nur noch Augen für eine Dame, Jack. Die liebliche Mrs. Steel hat deine ganze Aufmerksamkeit. Vergessen sind all die Tage, als du noch …«
    Steel musste lachen und unterbrach seinen Freund. »Ganz recht, Henry. Ich treibe mich nicht mehr herum. Ein einfaches Leben, das ist, wonach ich mich sehne. Ruhm, Beförderung, Reichtümer. Die Liebe einer guten Frau und eine Kompanie mit Männern wie diesen, auf die ich stolz sein kann. Mehr verlange ich
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