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Steels Entscheidung: Historischer Roman (German Edition)

Steels Entscheidung: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Steels Entscheidung: Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Iain Gale
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in seinem ersten Gefecht nicht geraten? Auch Steel übrigens, mehr als einmal. Dennoch vermochte Williams nicht, jene düsteren Ahnungen aus seinen Gedanken zu verbannen. Wusste er doch, genau wie Steel, dass es kein willkommeneres Ziel für den Gegner gab als einen Offizier. Und wie Steel, war auch Williams hochgewachsen. Die meisten Soldaten waren deutlich kleiner, nicht aber die Kameraden in den Reihen der Grenadiere.
    Die Kompanie der Riesen, wie es oft hieß, rekrutierte sich aus handverlesenen Soldaten aus den Regimentern; nicht nur der Statur wegen, sondern auch wegen ihres Geschicks im Umgang mit der Waffe. Grenadiere bildeten die Sturmtruppen der Armee und waren stets die Ersten im Gefecht und meistens auch die Letzten, die aus dem Kampf zurückkehrten.
    Williams wandte sich an den dienstältesten Sergeant der Kompanie, an einen ausnehmend großen und breitschultrigen Burschen aus Nordengland, dessen Grinsen ansteckend war: Jacob Slaughters verwittertes Gesicht zeugte von zahllosen Gefechten und harten Kämpfen. »Sergeant Slaughter, die Männer dort drüben … treibt ihnen diese Kinderspiele aus, wenn ich bitten darf.«
    Williams versuchte stets, Steel nachzuahmen, so auch im Tonfall des Befehls. Doch die kühlen, lakonischen Bemerkungen, die er an seinem Captain bewunderte, wollten dem jungen Mann noch nicht so leicht über die Lippen kommen. Der Sergeant lächelte bei dem Versuch des Fähnrichs, den richtigen Tonfall zu treffen. Er wusste, dass Williams recht daran tat, sich einen Offizier wie Jack Steel zum Vorbild zu nehmen. Daher brüllte Slaughter nun einen Befehl in Richtung der Narren unten am Flussufer.
    Die drei Männer verstummten schlagartig und knöpften rasch ihre Breeches zu. Als sie sich wieder der Kompanie zuwandten, mussten sie erst die rutschige Uferböschung überwinden, ehe sie die grinsenden Kameraden erreichten. Auf dem kurzen Weg mussten sie wohl oder übel auch an ihrem Captain vorbei, und Steel sorgte dafür, dass die drei seinen Blick spürten, in dem sich Missbilligung, aber auch Erheiterung zeigte.
    Während die drei Scherzbolde mit all den anderen antraten, rief Slaughter bereits weitere Befehle, die daraufhin von anderen Sergeants und Corporals der Kompanie weitergegeben wurden. Unmissverständlich, aber nicht zu hart, setzte Slaughter den hölzernen Schaft seiner Halbpike – des Spontons – ein, damit die Männer sich ordentlich in Reih und Glied formierten. So waren die Männer nach kurzer Zeit bereit für den lang ersehnten Marsch in den Angriff.
    Steel wusste indes, dass sämtliche Musketen sauber und auf ihre Tauglichkeit geprüft waren. Die Männer hatten sich bei jedem Halt um ihre Waffen zu kümmern, so auch nach dem letzten Halt vor fast zwei Stunden. Er wusste auch, dass die messerscharfen Dillenbajonette, die die älteren Spundbajonette ersetzt hatten, ausreichend eingefettet waren, damit die Soldaten sie bei Bedarf leicht aus den Scheiden ziehen konnten. Die neuartigen Modelle wurden nicht mehr in den Lauf der Muskete geschoben, sondern auf den Lauf geschraubt, sodass der Soldat immer noch feuern konnte, ehe er dem Gegner auf dem Schlachtfeld die lange Klinge zwischen die Rippen trieb. Bei all diesen Routinemaßnahmen war Steel jedoch eins klar: Im Augenblick war es geboten, die Männer von dem Blutbad abzulenken, das sich ihren Blicken jenseits der Schelde bot.
    Steel spähte erneut hinüber in die Rauchschwaden der Schlacht. Abermals hörte er das Krachen der Musketensalven, gefolgt von Schmerzensschreien aus dem Pulvernebel, die der Wind bis zu den Grenadieren trug. Steel sah seine Befürchtungen bestätigt, als er merkte, dass einer der jungen Rekruten in der ansonsten aus Veteranen bestehenden Kompanie sich vor Aufregung erbrach und die weißen Kniestrümpfe und Gamaschen seines Vordermannes besudelte. Wie nicht anders zu erwarten, wirbelte der Betroffene auf dem Absatz herum, beschimpfte den jungen Burschen auf das Übelste und war im Begriff, zum Faustschlag auszuholen.
    Derweil ermahnte Sergeant Slaughter beide Soldaten mit scharfen Worten, trat dann aber unter Flüchen zu dem verschreckten und zerknirschten Burschen, um ihm ein wenig Mut zuzusprechen. Hastig wischte der Junge sich die Reste des Erbrochenen von der scharlachroten Uniformjacke. Steel schaute wieder zu den gegnerischen Linien hinüber. Er würde fast alles dafür geben, wenn er seine Männer jetzt in den Zustand der gespannten Kampfbereitschaft versetzen könnte. Andererseits wollte er,
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