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Steels Entscheidung: Historischer Roman (German Edition)

Steels Entscheidung: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Steels Entscheidung: Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Iain Gale
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Vorräten für die Soldaten auf dem Kontinent ging.
    Steel betrachtete die Schleifen aus silberner Spitze an seinem roten Uniformrock, die er sich erst kürzlich, nach anfänglichem Widerwillen, hatte annähen lassen. Einst hatte er sich geschworen, alles zu tun, diese offensichtlichen Rangabzeichen zu meiden. Es ging ihm dabei nicht nur um das Argument, dass er mit den Abzeichen ein besseres Ziel für die gegnerischen Scharfschützen abgab. Er hielt sich vielmehr für besser als die herausgeputzten Hanswurste, zu denen viele Offiziere im Verlauf ihrer Karriere wurden. Steel hingegen war ein Kämpfer. Was sollte ein Mann wie er mit Verzierungen? Andererseits, was sollte ein Offizier tun, wenn einem die Königin höchstpersönlich die Beförderung überreichte?
    Dennoch, hartnäckig verschloss er sich den anderen Utensilien eines höheren Offiziers. Nie würde er diese lästigen Perücken aufsetzen, die viele Offiziere zur Schau trugen. Steel zog es vor, das eigene Haar hinten am Kopf zusammenzubinden, wie es bei den Dragonern Sitte war. Sein Vorbild in dieser Hinsicht war ein Offizier gewesen, den Steel gekannt hatte, als er noch den niedrigeren Rängen angehörte: Francis Hawley war Captain der First Foot Guards gewesen und ein paar Jahre älter als Steel. Als Steel sich den Zugang zum Regiment erkauft hatte, war Hawley der Befehlshaber der neu eingerichteten Grenadierkompanie gewesen.
    Obwohl Hawley sich kurz darauf den Berkeley Dragoons angeschlossen hatte, waren die beiden Männer sich freundschaftlich verbunden geblieben. Im Jahre 1692, bei Steenkerke, als Steel bei einer der schlimmsten Niederlagen der englischen und schottischen Armeen seine Feuertaufe in der Schlacht erhielt, hatte er ungläubig mit ansehen müssen, wie Hawley auf dem blutigen Strand geradewegs in den Tod gelaufen war. Steel hatte Hawley nie ganz vergessen, und je länger er in der Armee diente, desto bewusster ahmte er seinen Freund und Mentor von einst nach. Wie Hawley, trug auch Steel keine Gamaschen, sondern bevorzugte die bequemeren und robusten halbhohen Stiefel.
    Viel wichtiger war es für ihn indes, bei der Wahl der Waffen den eigenen Vorlieben treu zu bleiben. Ungewöhnlich für einen Offizier, trug Steel abgesehen vom Degen ein Gewehr über der Schulter, eine kurzläufige Muskete, die einst als Jagdflinte gedient hatte. Auch der Degen entsprach eigentlich nicht den Dienstvorschriften: Es handelte sich um eine schwere Waffe mit rasiermesserscharfer Klinge, die besser zu einem Kavalleristen gepasst hätte. Doch da Steel hochgewachsen war, konnte er die Klinge ähnlich wie ein Reiter schwungvoll zum Einsatz bringen.
    Genau genommen war der Degen ein Breitschwert, ein einhändiges Claymore aus den schottischen Highlands mit einem Korb am Heft und gerader Klinge, gefertigt in Italien. Diese Waffe hatte immer schon an der Wand seines Elternhauses in den Lowlands gehangen und unterstrich, mehr als alles andere, Steels Herkunft. Der Degen hatte ihn bislang nie enttäuscht und auf den Schlachtfeldern Europas eine blutige Spur hinterlassen. Allein das Gewicht der Waffe reichte aus, um einem Gegner den Schädel zu spalten, doch in Steels Hand lag sie leicht wie eine Feder, und die Feinde, die mit dieser Klinge Bekanntschaft gemacht hatten, lebten selten lange genug, um von dem Zweikampf berichten zu können.
    Ein Geräusch wie in der Ferne rollender Donner kündigte das Eingreifen der Artillerie an. Steel drehte den Kopf in die Richtung, hatte das Aufblitzen der Kanonenrohre aber bereits verpasst und vermochte bei den Sichtverhältnissen nicht genau zu sagen, wo die Geschütze standen. Noch waren keine Geschosse über die Köpfe der Kompanie hinweggeflogen. Inzwischen kam es ihm beinahe so vor, als verfolgten er und seine Kameraden das Spektakel in der Ferne mit dem Gleichmut eines Theaterpublikums. Aber Steel wusste um den Ernst der Lage. Vor seinem geistigen Auge sah er die Geschützmannschaften auf dem gegenüberliegenden Hügel, die mit aufgekrempelten Ärmeln neben den heißen Kanonen schwitzten, hastig die Rohre säuberten, die Kartuschen und Geschossladungen festrammten und gleichzeitig die überhitzten Geschützläufe kühlten. Steel hatte selbst aus der Nähe erlebt, wie die Kanonen unter den Warnrufen der Geschützführer auf ihren Holzlafetten zurückschnellten, und stellte sich nun vor, wie die Kugeln die Läufe verließen und in hohem Bogen über das Schlachtfeld flogen, um ihre unglückseligen Ziele zu finden.
    Der
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