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Der Tag, an dem John Dillinger starb

Der Tag, an dem John Dillinger starb

Titel: Der Tag, an dem John Dillinger starb
Autoren: Jack Higgins
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Deputies zu und folgte ihnen zum Aus­ gang.
     »Ich kann’s noch immer nicht glauben!« sagte Martha Ryan halblaut. Sie wandte sich an Jarvis, der eben wieder Platz nahm. »Wissen Sie, was das für mich bedeuten könnte, Mr. Jarvis?«
     »Klar weiß ich das«, antwortete er. »Ihre nächste Station ist New York.« Jarvis zündete sich eine weitere Zigarette an. »Und was ich vorhin in bezug auf Ihre Story gesagt habe, können Sie vergessen. Die gehört Ihnen ganz allein. Wer weiß, vielleicht kriegen Sie dafür den Pulitzer-Preis.«
     Die junge Frau war den Tränen nahe. »Aber warum tun Sie das alles für mich? Das verstehe ich nicht!«
     »Die Sache ist ganz einfach«, erklärte Jarvis ihr. »Ich arbeite selbst im New Yorker AP-Büro. Wenn Sie nach New York kommen, darf ich Sie vielleicht gelegentlich zu ‘ner Tasse Kaffee einladen.« Er lächelte und wollte erneut ihre Hand tätscheln.
     Martha Ryan bekam statt dessen seine Hand zu fassen und schüttelte sie. »Danke, Mr. Jarvis«, sagte sie.
     »Nennen Sie mich Mike.«
     »Danke, Mike!«
     Jarvis nickte lächelnd. »Verschwinden Sie jetzt und holen Sie sich Ihre Story.«

    Youngblood, der an den Gitterstäben lehnte und nach draußen horchte, während er Dillinger zusah, hob warnend die Hand. »Vorsicht, da kommt jemand!«
     Dillinger streckte sich rasch auf seinem Klappbett aus. Als er sich eine Zigarette anzündete, klapperte ein Schlüssel im Schloß. Die Gittertür wurde zur Seite geschoben, und ein Aufseher baute sich neben ihr auf, bevor Lillian Holley in
    Begleitung einer jungen Frau die Zelle betrat.
     »Auf, Johnny!« forderte Mrs. Holley Dillinger auf. »Ich möchte Sie einer jungen Dame vorstellen. Das hier ist Miss Martha Ryan von der Denver Press, der ich fünf Minuten mit Ihnen versprochen habe.«
     »Das ist unfair, Mrs. Holley«, wandte Youngblood grinsend ein, »warum nicht auch mit mir?«
     Während Youngblood sprach, ging in Dillinger eine höchst ungewöhnliche Veränderung vor. Er sprang blitzschnell auf, war auffällig blaß und hatte plötzlich so dunkle Augen, daß Youngblood wie bei einem Schlag ins Gesicht zusammenzuck­ te.
     »Entschuldigung, Mr. Dillinger«, flüsterte er.
     Dillinger wandte sich an Martha Ryan, wobei er wieder sein charmantes halbes Lächeln zur Schau trug. »Miss Ryan, was kann ich für Sie tun?«
     Sie war einen Augenblick lang geradezu überwältigt. Dillin­ ger entsprach nicht der Vorstellung, die sie sich von ihm gemacht hatte. Obwohl er kleiner als erwartet war, hatte er die Schultern eines größeren Mannes. Sein bewegliches, intelligen­ tes Gesicht und seine angenehme, höfliche Stimme verliehen ihm eine eigenartige Autorität.
     Ihre Kehle war trocken, aber sie konnte sprechen, ohne sich räuspern zu müssen. »Nun, ich kenne Ihre Vorgeschichte, Mr. Dillinger, die kennt jeder. Aus welchen Verhältnissen Sie stammen, wo Sie aufgewachsen sind und so weiter. Ich wollte Ihnen ein paar andere Fragen stellen.«
     Er schob ihr einen Stuhl hin. »Bitte, schießen Sie los!«
     Sie nahm Notizblock und Bleistift aus Ihrer Handtasche. »Wie es heißt, haben Sie die Absicht, hier auszubrechen. Stimmt das, Mr. Dillinger?«
     Die Frage war so naiv, daß Lillian Holley laut lachte und ihm die Antwort abnahm. »Dieser Gefängnistrakt – der neue Trakt – ist ausbruchsicher, Schätzchen. Der Architekt hat ihn eigens so entworfen. Selbst wenn er durch diese Gittertür käme, müßte er noch ein halbes Dutzend weiterer Kontrollpunkte mit bewaffneten Aufsehern passieren.«
     Dillinger wandte sich an die Reporterin. »Zufrieden?«
     »Aber es heißt doch, Ihre Freunde wollten Sie hier rausholen …«
     »Welche Freunde? Falls ich welche hätte, wären sie wohl kaum so dumm, Mrs. Holleys Alcatraz, das sie hier in Indiana errichtet hat, knacken zu wollen, nicht wahr?«
     Sein schwaches Lächeln blieb unverändert, als lache er über die Welt und alle ihre Bewohner. »Aber wenn ich eine so hübsche Begleiterin wie Sie fände, wäre ich vielleicht doch nicht abgeneigt, einen kleinen Fluchtversuch zu unternehmen.« Er blinzelte Mrs. Holley zu, »Mrs, Holley könnte natürlich als Anstandsdame mitkommen.«
     Martha Ryan wußte nicht recht, ob das ein Annäherungsver­ such, ein Scherz oder beides zugleich war. Sie nahm einen neuen Anlauf. »Interessieren Sie sich für Politik, Mr. Dillin­ ger?«
     »Damit habe ich erst angefangen, seitdem Mr. Roosevelt aufgekreuzt ist. Sie können schreiben, daß ich
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