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Der stille Schrei

Der stille Schrei

Titel: Der stille Schrei
Autoren: Leon Specht
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Energie aus den Muskeln und bildet Milchsäure. Können Sie alles wieder vergessen. Wichtig: Nur mit maximal 80 % des Maximalpulses trainieren. MMP. Max-Max-Prinzip. Also Madame, wie viel ist das?“
    Schnell rechnete ich. Er schaute mich mit hochgezogenen Augenbrauen an. „144?“
    „Rightyright, Mylady. Und wie messen wir das? Laufe ich neben Ihnen her und halte Ihr zartes Händchen? Nein, Sie tragen einen Pulsmesser. Den hätten Sie auch gleich im Sportgeschäft kaufen können, aber Sie waren ja zu schnell. Aber besser, dass Sie es nicht gemacht haben. TPT empfiehlt Polar. Wollen Sie einen mit GPS oder reicht eine einfachere Variante?“
    „GPS in einem Pulsmesser?“ Ich schüttelte den Kopf.
    „Yes, Mylady. Sie können dann hinterher auf dem Computer schauen, wo Sie rumgelaufen sind. Schauen Sie mal her.“
    Auf seinem Schreibtisch stand ein Notebook. Er klappte es auf und drückte ein paar Tasten. Dann erschien eine Grafik mit mehreren farbigen Linien.
    „Kommen Sie, kommen Sie, nicht so schüchtern.“ Ich schob meinen Stuhl näher zum Schreibtisch und berührte fast seine Schulter. Auch im Sitzen überragte er mich fast um einen ganzen Kopf. Die Nähe irritierte mich. Während er mir die verschiedenen farbigen Linien erklärte, roch ich seinen herben männlichen Duft. Kein Aftershave, auch kein Duschgel, sondern – ja, es könnte die Speick-Seife sein. „Schwarz, das ist die Höhenlinie, blau, ganz wichtig, Ihr Tempo und, noch wichtiger, hier, die rote Linie, das ist die Pulsfrequenz. Und was sehen Sie?“
    Nichts sah ich, jedenfalls erkannte ich nichts. Oder doch: „Die rote Linie steigt sanft an und bleibt dann fast konstant.“
    „Wow, Sie sind ein Naturtalent. Perfect! Genauso trainieren Sie. Langsam ansteigender Puls bis MMP, Max-Max-Puls, 144 und dann diesen Puls halten. Da bei längeren Läufen die Anstrengung größer wird, steigt auch der Puls. Also entweder vorher eine geringere Belastung wählen, um langsamer auf diesen Puls zu kommen, oder bei Erreichen des MMPs das Lauftempo reduzieren. Man kann die Uhr so programmieren, dass sie piept: Wenn Sie zu schnell sind oder zu langsam, gibt sie ein Signal. Am besten immer im Korridor von 130 bis 140 laufen.“
    Wieselflink drehte er seinen Stuhl nach links und nahm dort ein Armband und eine Uhr vom Tisch. „Links oder rechts?“
    Was wollte er von mir?
    „Wollen Sie Uhr und Armband auf dem linken oder rechten Arm tragen?“
    Als Antwort streckte ich ihm meinen linken Arm hin. Er befestigte das Armband am Oberarm und legte mir die Uhr ums Handgelenk. Dann erklärte er mir die Funktionen.
    „Und jetzt geht’s los. Wir piepen durch den Park. Am Anfang piept es, weil Sie zu langsam sind. Dann herrscht Ruhe. Das ist Ihr Wohlfühltempo. Alles ganz ruhig und ganz easy. Wenn es wieder piept, dürften Sie an der oberen Grenze sein. Dann reduzieren wir das Tempo, bis wieder Ruhe einkehrt. Full steam ahead!“
    Langsam trabten wir los. Es funktionierte genauso, wie er es beschrieben hatte. Auch fühlte es sich relativ leicht an. Dieses Mal konnte ich sogar das Zwitschern der Vögel hören, das Schnattern der Enten und die typischen Geräusche eines solchen Parks. Ein frei herumlaufender Hund bellte und jagte eine Ente, sein dickes Frauchen wackelte hysterisch schimpfend hinterher. Ich sog die würzige Luft tief in meine Lungen und schwebte langsam neben ihm über die asphaltierten Wege im Kurpark. Als es piepte, reduzierte er das Tempo, und nach einer knappen Minute schwieg die Uhr. Nach zwanzig Minuten stoppte er den Lauf. Wir setzten uns auf eine nahe Parkbank.
    „Na, Mylady, wie fühlen wir uns?“
    „Eigentlich ganz angenehm. Ja, nicht schlecht.“
    „Das war jetzt eine Einheit von 20 Minuten. Sie sind ein Talent. Für den Anfang ist das wirklich viel. Und Sie haben sogar ein recht gutes Durchschnittstempo erzielt. Haben Sie in der Jugend viel Sport gemacht?“
    „Ich hatte Tennisunterricht und habe jede Woche einige Male gespielt.“
    „Gut, Ihr Körper hat eine gute Substanz. Sie werden schnell Fortschritte machen. Jetzt laufen wir dieselbe Strecke zurück. Wieder 20 Minuten. Sie steuern dieses Mal das Tempo.“
    Es klappte gut. Zurück in seinem Office, bot er mir ein isotonisches Getränk an. „Spezialrezept von TPT. Schmecken Sie mal.“
    Mit großen Schlucken leerte ich das Glas in wenigen Zügen. „Lecker!“
    „Apfelsaftschorle. Nichts anderes. Wasser, etwas Fruchtzucker. Völlig ausreichend.“
    Dann nahm er ein Blatt Papier.
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