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Der stille Krieg - McAuley, P: Der stille Krieg - The quiet war

Der stille Krieg - McAuley, P: Der stille Krieg - The quiet war

Titel: Der stille Krieg - McAuley, P: Der stille Krieg - The quiet war
Autoren: Paul McAuley
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würden sich gegenseitig zerstören, aber wenn man den Teil der Menschheit vernichtet, der am weitesten von einem selbst entfernt ist, dann verwandelt sich automatisch der Teil daneben in das äußerste Ende. Das dann ebenfalls zerstört werden muss. Und so geht es weiter – Segment um Segment des Kontinuums wird vernichtet, bis nur noch ein einziges übrig ist. Und das wendet sich schließlich gegen sich selbst.«
    »Wenn Sie das für meine Überzeugung halten, dann irren Sie sich«, sagte Sri. »Ich glaube nicht an die alten Vorstellungen von Arten und Separatismus. Und daran, dass sich das Leben allein auf das Überleben und die Reproduktion einzelner Gene reduzieren ließe. Nein, ich glaube an die unbegrenzte Kraft und Anpassungsfähigkeit des Lebens. Und daran, dass wir jede einzelne seiner Ausdrucksformen erforschen sollten. Ich weiß, dass Sie das auch glauben. Diese Schöpfungen sind der Beweis dafür.«
    Sris Atem fühlte sich rau in ihrer Kehle an, ihr Herzschlag klang laut in ihren Ohren, und sie hatte das Gefühl, als sei sie vollkommen nackt Avernus’ erbarmungslosem, prüfendem Blick ausgesetzt. Aber gleichzeitig war sie auch von einer gewissen Euphorie erfüllt. Sie hatte alle Vorsicht in den Wind geschlagen, ihre innersten Überzeugungen offenbart und sie Avernus wie eine Herausforderung vor die Füße gelegt. Ganz gleich, ob die alte Genzauberin sie annehmen oder ablehnen würde, ob sie freiwillig mit ihr kooperieren
würde oder dazu gezwungen werden musste – Sris Bekenntnis ihres Glaubensgrundsatzes würde das Fundament ihrer Zusammenarbeit bilden.
    Lange Zeit war nichts zu hören, außer dem zischenden Blubbern des Dampfes von den Schloten und dem Pfeifen des Windes über dem Eisgestein. Dann sagte Avernus: »Sie haben mir ein Angebot unterbreitet, Professor Doktor Hong-Owen. Lassen Sie mich Ihnen ein Gegenangebot machen: Kommen Sie mit mir. Arbeiten Sie mit mir zusammen.«
    »Warum sollte ich das tun?«, fragte Sri.
    »Weil ich weiß, dass die Arbeit, die Sie machen wollen, auf der Erde bald nicht mehr willkommen sein wird. Das politische Klima hat sich gewandelt. Gemäßigte, die den Einsatz von Gentechnik bei der Regeneration der beschädigten Ökosysteme des Planeten zuließen, verlieren immer mehr an Boden gegenüber den radikalen Grünen. Und die radikalen Grünen vertreten die Auffassung, dass die Gentechnik einen anmaßenden Eingriff in das Naturgesetz darstellt. Dass sie einst während der harten Jahre des Klimawandels und des Umsturzes dazu beigetragen hat, Milliarden von Menschen zu ernähren, spielt für sie keine Rolle. Sie glauben, dass die Gentechnik für das, was sie Gaia nennen, genauso schädlich ist wie die Abhängigkeit von petrochemischen Stoffen, die zur globalen Erwärmung geführt hat. Sie vernichten bereits gentechnisch veränderte Saaten und wollen entsprechende Forschungsprogramme beenden, darunter auch das Ihre. Und sie sind hierhergekommen, um die Kontrolle über unsere Städte und Habitate zu übernehmen, weil sie sich vor dem fürchten, wozu wir in der Lage sind und wozu wir uns entwickeln könnten. Auf der Erde haben Sie keine Zukunft, Professor Doktor, und auch nirgendwo sonst, wo die Erde die Vormachtstellung hat. Aber ich kann Sie an Orte bringen, die jenseits des Einflussbereichs der
Erde liegen. Wenn Sie mich begleiten, könnte ich Ihnen viele wunderbare Dinge zeigen und Ihnen die Werkzeuge an die Hand geben, mit denen Sie selbst Wunder erschaffen könnten.«
    Bevor Sri antworten konnte, rollte in der Ferne ein lautes Krachen über den Himmel wie ein Donnerschlag.
    »Genug geredet«, sagte Yamil Cho. »Wissen Sie denn nicht, was das gewesen ist?«
    »Halten Sie den Mund«, sagte Sri, wütend und erstaunt über seine Anmaßung.
    »Sie erzählt Ihnen nichts als Lügen, und Sie sind so fasziniert von ihr, dass Sie es gar nicht bemerken«, sagte Yamil Cho. »Sie hält Sie doch bloß hin, während sich ihre Falle um uns schließt. Sie hat sich bereits geschlossen. Das war ein Überschallknall. Irgendetwas nähert sich uns, und dem Radarsignal nach sieht es aus wie eine Hitzeschildkapsel.«
    »Mein Angebot ist ehrlich gemeint«, sagte Avernus. »Sie haben Ihr altes Leben bereits hinter sich gelassen, Professor Doktor Hong-Owen. Jetzt müssen Sie nur noch den letzten Schritt tun und mit mir kommen.«
    »Genug«, sagte Yamil Cho noch einmal. Er hatte seine Pistole gezogen und hielt sie nun auf Avernus gerichtet, während er über den Kamm der Anhöhe auf sie
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