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Der stille Krieg - McAuley, P: Der stille Krieg - The quiet war

Der stille Krieg - McAuley, P: Der stille Krieg - The quiet war

Titel: Der stille Krieg - McAuley, P: Der stille Krieg - The quiet war
Autoren: Paul McAuley
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Bedingungen auseinanderzubauen, zu reparieren und zu benutzen. Im Dunkeln, im Innern einer Zentrifuge, in der sie hin und her geschleudert wurden, bei extremer Hitze und Kälte und bei Regen, Schnee oder starkem Wind in der Wetterkammer. Bekleidet mit einem Druckanzug. Unter Wasser.
    Alle zehn Tage marschierten sie in einer Reihe durch einen langen Tunnel, der an eine Nabelschnur erinnerte, in den Laderaum eines Shuttles, das sie in den Orbit brachte. Während sie schwerelos in der gepolsterten, fensterlosen Röhre schwebten, wo jede Bewegung aus dem Massemittelpunkt des Körpers hervorgehen musste und jeder Schlag eine ebenso starke gegenläufige Reaktion hervorrief, begannen die Unterweisungen im Nahkampf und im Umgang mit Waffen noch einmal von vorne.

    Die Lektoren bestraften jeden Fehler. Bei Vater Solomon, der Kampfsport unterrichtete, saß der Schockstab am lockersten. Dave #8 und seine Brüder prügelten bis zur Erschöpfung beim Boxen, bei Capoeira und Karate aufeinander ein, um seine Anerkennung zu gewinnen, doch die meisten von ihnen bekamen in jeder Unterrichtsstunde mindestens einmal seinen Elektroschocker zu spüren.
    Manchmal besuchte ein Avatar den Praxisunterricht, der das Gesicht einer Frau trug. Die Lektoren behandelten sie mit einer Ehrerbietung, die sie niemandem sonst entgegenbrachten, und beeilten sich, ihre Fragen zu beantworten. Für gewöhnlich schwieg sie jedoch und beobachtete die Jungen lediglich ein paar Minuten oder eine Stunde lang, bevor ihr Gesicht aus dem Visor des Avatars verschwand und er aus der Turnhalle hinausmarschierte und zu seinem Aufbewahrungsort zurückkehrte. Der Name der Frau war Sri Hong-Owen. Die Jungen waren schon vor langer Zeit zu dem Schluss gekommen, dass sie ihre Mutter sein musste.
    Es spielte keine Rolle, dass sie ihnen nicht im Mindesten ähnlich sah. Schließlich waren sie nach dem Vorbild des Feindes geschaffen und mit denselben Gentherapien und Stoffwechselmanipulationen behandelt worden, die vom Feind als Verbesserungen bezeichnet wurden. Aber der Feind war menschlich gewesen, bevor er sich solcherart pervertiert hatte, also mussten auch die Jungen einmal Menschen gewesen sein. Und weil sie Klone waren – weswegen sie auch Nummern trugen und allesamt auf den Namen Dave hörten (ein beiläufiger Witz eines ihrer Lehrer, den die Jungen in ihre private Mythologie übernommen hatten) -, mussten sie alle dieselbe Mutter haben …
    Obwohl sie keinen Beweis dafür besaßen, dass die Frau ihre Mutter war, glaubten sie doch fest daran. Und der Glaube war stärker als jeder einfache Beweis, denn er hatte
seinen Ursprung in Gott statt im menschlichen Verstand. Die Frau besuchte sie nicht sehr oft. Vielleicht alle fünfzig Tage einmal. Die Jungen fühlten sich durch ihre Anwesenheit gesegnet und waren noch Tage danach fröhlicher und gaben sich mehr Mühe bei der Arbeit. Sonst war ihr Tagesablauf stets derselbe und ernsten Dingen gewidmet, wie dem Töten und Zerstören. Und der Kriegsführung.
    An den Abenden, nach der Messe, dem Abendessen und den Gruppensitzungen, in denen sich die Jungen nacheinander ihre Sünden beichten und den Tadel ihrer Brüder über sich ergehen lassen mussten, fand der Politikunterricht statt. Filmaufzeichnungen voller greller Farben und schwülstiger Musik, die Geschichten von Mut und Opferbereitschaft aus der Geschichte Großbrasiliens erzählten oder zeigten, wie der Feind die Menschheit verraten hatte, indem er während des Umsturzes auf dem Mond Zuflucht gesucht hatte. Der Feind hatte sich geweigert, zur Erde zurückzukehren und beim Wiederaufbau zu helfen, sondern war stattdessen zum Mars und den Monden des Jupiter und Saturn geflohen. Später hatte dann eine Gruppe Marsianer versucht, die Erde anzugreifen, indem sie einen Asteroiden, dessen elliptische Bahn um die Sonne die Umlaufbahn der Erde kreuzte, auf Kollisionskurs brachte. Das Komplott schlug fehl, und ein Selbstmordkommando rechtschaffener Helden ließ daraufhin Wasserstoffbomben über den Marssiedlungen im Ares Vallis und Hellas Planitia explodieren und lenkte die Flugbahn eines Kometen um, der in Richtung Sonne unterwegs war. Der Komet wurde mit Hilfe weiterer Wasserstoffbomben gesprengt, und seine Bruchstücke hinterließen eine Kette gewaltiger Krater rund um den Äquator des Mars und tilgten sämtliche Spuren menschlichen Lebens vom Antlitz des roten Planeten. Doch der Feind heckte in seinen Nestern und Verstecken auf den Jupiter- und Saturnmonden
neue Pläne aus und
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