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Der stille Krieg - McAuley, P: Der stille Krieg - The quiet war

Der stille Krieg - McAuley, P: Der stille Krieg - The quiet war

Titel: Der stille Krieg - McAuley, P: Der stille Krieg - The quiet war
Autoren: Paul McAuley
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Die Leiche wurde auf die Seite gerissen, als sich die Fäden, die sich darum gewickelt hatten, ruckartig zusammenzogen, und dann über einen Ausläufer des Eisgesteins gezerrt. Schließlich verschwand sie über den Rand der Anhöhe.
    Sri hörte ein Platschen, als sie auf dem See aufkam. Obwohl ihr Helm in einem Netz aus Fäden gefangen war,
konnte sie ihren Kopf in seinem Innern drehen und sah, wie Nebel über den Rand der Anhöhe aufstieg und als Schnee fortgeweht wurde. »Was werden Sie mit mir machen?«, fragte sie.
    »Die Fäden werden sich in ein paar Stunden auflösen. Solange Sie sich still verhalten, wird Ihnen nichts geschehen«, sagte Avernus, ging an ihr vorbei und bahnte sich einen Weg durch das starre Gewirr aus schwarzen Drähten, bis sie außer Sichtweite war.
    »Wenn Sie mich jetzt befreien«, sagte Sri, »werde ich den ganzen Vorfall vergessen. Wir können immer noch als gleichberechtigte Partner zusammenarbeiten.«
    »Ich kann Ihnen nur raten, sich meine Gärten noch einmal ganz genau anzuschauen, bevor Sie erneut mit mir reden«, sagte Avernus.
    »Die Sache ist damit noch nicht erledigt«, sagte Sri. »Sie wissen, dass ich nicht aufhören werde, nach Ihnen zu suchen, und ich habe vor, noch eine ganze Weile zu leben.«
    Avernus antwortete nicht.
    Nach einem Moment kam Sri der furchtbare Gedanke, dass die Genzauberin sie einfach auf dem Mond zurücklassen könnte, und sie sagte laut: »Wenn Sie mein Schiff stehlen, wird es mir nur umso leichter fallen, Sie wiederzufinden.«
    Keine Antwort. Sri schaltete von einem Kanal zum nächsten, aber überall herrschte Stille. Nur das schwache Kratzen der Drähte auf dem Eisgestein um sie herum und das traurige Heulen des Windes waren zu hören.
    Sie lag still da, auf dem Kamm der Anhöhe gefesselt wie das Opfer einer geheimnisvollen Zeremonie. Sie spürte, wie Kälte in ihre Schulterblätter, ihr Gesäß und ihre Hacken kroch, blickte zu den gefrorenen Verwerfungen und Schluchten der düsteren Wolkenlandschaft hinauf, die den Himmel
von Horizont zu Horizont bedeckte, und versuchte nicht darüber nachzudenken, was mit ihr geschehen würde, wenn Avernus über die Eiswürmer gelogen hatte. Aber die Genzauberin hatte keinen Grund gehabt zu lügen, sagte sie sich. Sie würde schon bald wieder frei sein. Sie verfügte über genügend Luft für einen Tag und jede Menge Wasser. Sie würde überleben.
    Kurz darauf glitt die Hitzeschildkapsel über den Himmel wie ein UFO aus den paranoiden Träumen der menschlichen Vergangenheit. Sri fragte sich, ob sie gefangen genommen und als Geisel benutzt werden würde und wie sie das alles Arvam Peixoto erklären sollte. Aber es sollte ihr eigentlich nicht schwerfallen, sich eine Geschichte auszudenken, mit der sie Yamil Cho die Schuld in die Schuhe schieben konnte. Sie schwor sich, dass sie ihre Drohung wahrmachen würde, was immer auch geschah: Sie würde den Rest ihres Lebens damit verbringen, nach Avernus zu suchen.

› 13
    Newt brachte die Hitzeschildkapsel in die Nähe des Shuttles, das sich in der Mitte der erhöhten Plattform befand, und senkte sie auf dem Kissen ihrer Gebläsedüsen hinab, wobei er sie in zitterndem Gleichgewicht hielt – bereit, jeden Moment die Flucht zu ergreifen, während Macy und er nach Lebenszeichen Ausschau hielten. Das Shuttle war verschlossen und kalt, und der Abhang aus nacktem schwarzen Eisgestein, der sich dahinter erhob, war leer und still. Schließlich schaltete Newt die Gebläsedüsen ab und ließ die Kapsel auf ihrem Landegestell aufsetzen.
    Macy richtete sich auf ihrer Beschleunigungsliege auf, drückte Newts Schulter und sagte, dass sie die Sache von hier an übernehmen würde. »Halte dich bereit, sofort abzufliegen, sollte es auch nur das geringste Anzeichen von Schwierigkeiten geben.«
    »Darauf kannst du wetten.« Er lächelte ihr durch die Sichtscheibe seines Helms hindurch zu. Sie trugen beide Druckanzüge, weil die Kapsel keine Luftschleuse besaß. »Lass dir nicht allzu viel Zeit. Und pass wegen dem furchtbaren Wind auf. Wenn du dir ein Bein brichst, bin ich mir nicht sicher, ob ich dich zurücktragen kann.«
    Die Schwerkraft auf Titan betrug zwar nur 0,14 g e , aber sie war viel stärker als die auf Dione. Obwohl Gentherapie, Medikamente und Medibots Macy vor den schlimmsten Auswirkungen des Knochen- und Muskelschwunds in der niedrigen Schwerkraft bewahrt hatten, war sie während ihrer Gefangenschaft nicht in der Lage gewesen, ausreichend Sport zu treiben. Sie fühlte sich
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