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Der Stein der Wikinger

Der Stein der Wikinger

Titel: Der Stein der Wikinger
Autoren: Thomas Jeier
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und er erkannte, dass alles nur ein Traum gewesen war. Doch dann bewegte sich das Fell vor dem Eingang, und Ayasha trat in seine Hütte. Sie kniete lächelnd neben ihm nieder und berührte vorsichtig sein Gesicht. Sie sagte: »Ich habe dich gesucht, Inini!«
    Hakon verstand jedes Wort. Er erwiderte ihr Lächeln und griff nach ihrer Hand, spürte ihre zarte Haut unter seinen Fingern. »Und ich habe dich gesucht, meine Liebste. Von nun an soll uns nichts mehr trennen.«

Epilog
    Ein Winter war seit ihrer ersten Begegnung verstrichen. Die Waldleute begrüßten den Frühling und zogen in die nahen Wälder, um für neue Kanus und Wigwams Rinde von den Birken zu schälen. Die Frauen zapften die Ahornbäume an, aus denen um diese Jahreszeit ein süßer Saft floss, der zu Sirup und leckerem Naschwerk verarbeitet wurde. Vor den Hütten herrschte geschäftiges Treiben wie jedes Jahr, wenn der Wintergeist gegangen war.
    Ayasha saß vor ihrem Wigwam und stillte ihren kleinen Sohn, dem sie vor zwei Monden das Leben geschenkt hatte. Er hatte das gelbe Haar seines Vaters und die dunklen Augen seiner Mutter. Aiee, wie viele fröhliche Gesichter hatte es in ihrem Dorf gegeben, als ihr Ha-kon in ihren Wigwam gefolgt war! Die Krieger hatten die Kraft ihrer Träume bewundert, und die meisten Frauen beneideten sie um den hünenhaften Mann, der eine andere Welt verlassen hatte, nur um an ihrer Seite leben zu können. Wie oft hatte sie zu Kitche Manitu gebetet und sich für seine unermessliche Güte bedankt!
    Sie steckte ihren Sohn in die mit gefärbten Stachelschweinborsten verzierte Babytrage, stopfte Moos zwischen seinen nackten Unterleib und das weiche Wildleder und lehnte sie an einen nahen Baum. Schon bald schloss der Kleine, den ein Namensgeber an seine Brust gedrückt und »Stark-wie-ein-Baum« getauft hatte, die Augen und schlief ein. Ein Talisman an seiner Trage, der einem Spinnennetz ähnelte, hielt die bösen Träume von ihm ab.
    Ayasha war sicher, dass er einmal so stark und tapfer wie sein Vater werden würde. Ha-kon hatte sich als erstklassiger Krieger und Jäger bewährt und einen Trupp der geschorenen Feinde, die gekommen waren, um junge Frauen zu entführen, ganz allein in die Flucht geschlagen. Die Feinde waren wie die Hasen vor seiner Zauberwaffe geflohen. Sie schienen eine solche Angst vor dem langen Messer zu haben, dass sie nicht mehr wiedergekommen waren.
    Ah, das Leben war gut. Sie ging ein paar Schritte, um den süßen Duft des Sirups einzuatmen, der von den benachbarten Wigwams herüberzog, und genoss die warme Sonne, die von einem erstaunlich klaren Himmel leuchtete. Ein Adler kreiste weit über ihr und beobachtete sie mit wachen Augen, breitete seine schützenden Schwingen über ihr und dem Baby aus. Der Adler war ihr Schutzgeist, ein mächtiger Geist-Vogel, der sie auf ihrem Weg begleitete.
    Plötzlich klang lautes Hämmern aus dem Wald. Eine innere Stimme ließ sie dem seltsamen Geräusch folgen und führte sie zu Ha-kon, der vor einem flachen Stein kniete und ihn mit einer Kriegsaxt bearbeitete. Wundersame Zeichen schlug er hinein, die keinen Sinn ergaben.
    »Was tust du da, Ha-kon?«, fragte sie. »Was bedeuten diese Zeichen?«
    Er richtete sich auf und blickte sie liebevoll an. »Das sind Zeichen, die einer unserer Götter meinen Leuten geschenkt hat. Sie sagen dem, der sie entziffern kann, woher ich gekommen bin und dass ich in diesem Land meine Zukunft gefunden habe.« Er beobachtete, wie sie mit den Fingern über die Runen strich und sich lächelnd wieder aufrichtete. Dann nahm er sie in die Arme und drückte sie sanft. »Jeder soll wissen, dass du meine Zukunft bist.«
    »Aiee«, erwiderte sie dankbar, »so haben es die Götter bestimmt.«

Nachwort
    Der vorliegende Roman hat einen historischen Hintergrund. Hakon und Ayasha erleben ihre Abenteuer in zwei Kulturen, die es tatsächlich gegeben hat - dem präkolumbianischen Amerika am Mississippi und den Siedlungen der Wikinger, die um 1000 n. Chr. auch auf den Färöer-Inseln, in Island, Grönland und Amerika zu finden waren. Ich habe den historischen Hintergrund so genau recherchiert, wie es mir möglich war, und sogar einige Personen auftreten lassen, die tatsächlich gelebt haben: Erik der Rote, seine Söhne Leif und Thorwald, der Rechtssprecher Thorgeir, um nur einige zu nennen. Auch die Reise von Thorwald in die Neue Welt, bei der er ums Leben kam, ist historisch belegbar. Das Buch des heiligen Brendan gibt es wirklich, allerdings in nur einer
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