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Der Stein der Könige 1 - Quell der Finsternis

Der Stein der Könige 1 - Quell der Finsternis

Titel: Der Stein der Könige 1 - Quell der Finsternis
Autoren: Margaret Weis
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Palast gewesen. Die Wehen hatten nach der Geburt des Prinzen wieder begonnen, und Gareth war drei Stunden nach ihm zur Welt gekommen. Seine ersten Schreie waren im Lärm des Feuerwerks untergegangen, mit dem der Hof die Geburt des Prinzen feierte.
    Gareths Mutter hatte ihn noch in der Nacht seiner Geburt einer Amme übergeben, sodass sie nach einer kurzen Wochenbettpause zu ihren Pflichten als Hofdame zurückkehren konnte. Gareth war auf dem Landsitz seines Vaters aufgezogen worden, überwiegend von Dienern, die den Jungen je nach Laune entweder verwöhnt oder vernachlässigt hatten.
    Daher waren die Eltern, als sie in Gareths viertem Jahr zu einem ihrer seltenen Besuche auf dem Landsitz erschienen, entsetzt gewesen, ein verwöhntes Gör vorzufinden, einen kleinen Tunichtgut, so schmutzig und ungezogen wie ein Bauernkind. Gareths Vater hatte seine eigene ehemalige Kinderfrau geschickt, die Jahre zuvor in den Ruhestand gegangen war, um ihrem Mann, einem Tuchmacher, bei der Arbeit zu helfen. Nun war sie verwitwet und froh, das Geschäft ihren erwachsenen Söhnen übergeben und noch einmal in den Dienst eines adligen Haushalts treten zu können.
    Sie nahm Gareths Erziehung in die Hand und brachte ihm Lesen und Schreiben und die Manieren bei, die er brauchen würde, wenn er erst alt genug war, seine Stellung bei Hofe anzutreten. Gareth vermisste seine Kinderfrau nun viel mehr, als er je seinen Vater oder seine Mutter vermisst hatte. Nachdem die Arbeit der alten Frau getan war, hatte man sie zu ihrer Familie zurückgeschickt.
    »Sprichst du regelmäßig deine Gebete, junger Gareth?«, fragte der Kämmerer plötzlich.
    »Ja, Herr«, erwiderte Gareth leise – die ersten Worte, die er gesprochen hatte.
    »Dann sprich sie nun, junger Mann. Bete zu den Göttern, dass Seine Hoheit dich mögen wird, denn wenn das nicht der Fall ist, wird Ihre Majestät dich rasch wieder wegschicken, Sterne oder nicht.«
    Gareth spähte unter seiner Kapuze hervor, abermals zu einer rußfleckigen Decke hinauf. Die Götter waren irgendwo da droben, hinter all dem Ruß und dem Marmor. So wie die Regenbögen, konnte man auch sie nicht berühren. Gareth glaubte nicht, dass sie sonderlich an ihm interessiert waren. Außerdem hätte er in diesem Augenblick eher darum gebetet, wieder nach Hause zurückkehren zu dürfen, was seine Eltern ausgesprochen zornig gemacht hätte, also nahm er an, es wäre besser, überhaupt nicht zu beten.
    Der Palast verwirrte Gareth zutiefst. Es kam ihm inzwischen so vor, als sei er den größten Teil seines Lebens hier unterwegs gewesen, obwohl kaum eine Stunde vergangen war, seit er das Haupttor durchquert hatte. Er würde es lernen, diesen Palast zu lieben, seine Kühle, die gelassene Schönheit, die geheimnisvollen Nischen und Geheimgänge, aber das würde erst viel später geschehen, nachdem er sich von seinem Heimweh und der Angst davor, an einem fremden Ort zu schlafen, erholt und gelernt hatte, sich zurechtzufinden, was ihn beinahe ein Jahr kosten sollte. Im Augenblick kam ihm der Palast immens vor, voller kalter und leerer Flure, die zu riesigen, kalten Räumen führten, die mit massiven, schweren Möbeln voll gestellt waren. Über allem hing der Geruch von Holzrauch.
    »Seine Hoheit weilen im Spielzimmer«, erklärte der Kämmerer.
    Zwei Wachen – die königlichen Leibwächter – flankierten eine große Holztür. Gareth hatte die Königliche Wache nur an Paradetagen gesehen, und dann ausschließlich aus der Ferne. In ihren schimmernden Rüstungen und Kettenhemden kamen sie ihm riesenhaft vor, gefährliche Geschöpfe, die ihn nun ausführlich von Kopf bis Fuß nach Waffen durchsuchten, ihre Hände unter seine Samtweste schoben und sogar in seine kleinen Schuhe spähten.
    Gareth hielt still und ergab sich dieser Demütigung. Irgendwann in der Vergangenheit hatte einmal ein Häuptling seinen kleinen Sohn geschickt, mit einem Dolch bewaffnet, um den königlichen Erben zu erstechen.
    »Er ist sauber«, sagte der Leibwächter und öffnete die Tür.
    Der Kämmerer nickte, packte Gareth abermals an der Schulter und schob ihn ins Spielzimmer. Als sie über die Schwelle traten, beugte sich der Kämmerer vor und flüsterte barsch: »Du darfst die Spielsachen Seiner Hoheit keinesfalls berühren. Lass die Finger von Seiner Hoheit Büchern. Zupfe nicht unruhig an deiner Kleidung herum, glotze nicht, lasse keinen Wind und starre nicht aus dem Fenster. Sprich nicht, wenn man dich nicht dazu auffordert. Setz dich nicht in
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