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Der Spion und die Lady

Der Spion und die Lady

Titel: Der Spion und die Lady
Autoren: Mary Jo Putney
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Arme unter dem Kopf und starrte in das Laub über ihm hinauf.
    Es war ein Fehler, den Kopf von allen Gedanken freizuräumen, denn bald überkam ihn tiefe Hoffnungslosigkeit. Entschlossen verdrängte er sie wieder. Am Tag konnte man die Dämonen vertreiben, auch wenn sie nachts wiederkehrten, wie er wußte. Jeder Alptraum war schlimmer als der vorhergehende, und manchmal befürchtete er, es sei nur eine Frage der Zeit, wann er verrückt wurde.
    Doch noch war er bei Verstand. Er zwang sich dazu, an die Zukunft zu denken. Trotz Giles’
    Großzügigkeit, konnte er den Rest seines Lebens kaum auf Wolverhampton verbringen.
    Er konnte reisen. Er kannte zwar Europa wie eine Mutter das Gesicht ihres Kindes, war jedoch noch nie im Orient oder in der Neuen Welt gewesen.
    Aber er war des Reisens überdrüssig.
    Giles hatte eine Tätigkeit im Parlament vorgeschlagen. Ein von den Andrevilles kontrollierter Parlamentssitz würde bald frei, und er gäbe Robin ein Forum für seine Ansichten über öffentliche Belange. Eine andere Möglichkeit bestand im politischen Journalismus, was seinem Temperament durchaus entsprach. Journalisten waren eine flegelhafte und respektlose Bande.
    Dort würde er gut hineinpassen – wenn er seine Flegelhaftigkeit und Respektlosigkeit wiederfand.
    Offensichtlich hatte die Lichtung ihren früheren Zauber verloren, denn seine Gedanken bewegten sich so ziellos im Kreise wie schon seit Monaten.
    Keine Initiative, keine Begeisterung regte sich in ihm. Da die Sonne warm schien und das Gras süß duftete, war es einfacher, einzuschlafen und zu hoffen, daß die Alpträume bis zum Einbrechen der Nacht warteten.
    Nach der Mittagshitze empfand Maxie die Kühle des Waldes als wohltuend. Es war gut von dem Farmer gewesen, ihr diese Route zu empfehlen, als er sie am Vormittag ein Stück mit seinem Wagen mitgenommen hatte. Maxie mied die Hauptstraßen nach Möglichkeit, denn auf Nebenstraßen fiel ein allein reisender junger Mann weniger auf. Und dieser Pfad war so verlassen, daß sie seit Stunden weder einen Menschen noch eine Behausung zu Gesicht bekommen hatte.
    Das Geräusch von Pferdehufen und Rädern ließ sie den Kopf wenden. In der Ferne näherte sich hinter ihr ein Wagen, aber sie wollte an einem so abgelegenen Ort lieber niemandem begegnen.
    Schnell wich sie vom Weg ab und lief behende durchs Unterholz, bis sie einen kleinen Bach erreichte. Hinter ihr rumpelte der Wagen vorbei, über ihr trillerte ein Vogel.
    Fasziniert blieb Maxie stehen. Das Kennenlernen neuer Tiere und Pflanzen war ein großer Vorteil ihrer Wanderschaft. Dieser Vogel hörte sich an wie einer der berühmten britischen Nachtigallen.
    Sie hatte vor einem Monat schon einmal geglaubt, eine zu hören, aber ihre Cousinen hatten es ihr nicht bestätigen können. Die einzigen Vögel, die sie kannten, waren gebraten und wurden mit Sauce serviert.
    Lautlos schlich sie weiter durchs Unterholz, und ihre Behutsamkeit wurde mit einem Blick auf braunes Gefieder im Laubgewirr belohnt. Maxie beugte sich weiter vor – und strauchelte.
    Fluchend versuchte sie, das Gleichgewicht zu bewahren, aber das Gewicht ihres Bündels vereitelte dieses Vorhaben.
    Sie stürzte mit erschreckender Unbeholfenheit zu Boden und erkannte gleich darauf zu ihrem Entsetzen, daß sie nicht auf dem kühlen Waldboden, sondern der Länge nach auf einem wärmeren und zappelnden Gegenstand lag.
    Warm, zappelnd und bekleidet. Während sie nach Atem rang, machte sie sich bewußt, daß sie auf einem Mann lag. Offenbar hatte er geschlafen, war aber sofort wach geworden und streckte erst abwehrend die Arme aus, um sie dann eng an sich zu ziehen.

    Die beiden lagen Brust an Brust, Auge in Auge.
    Verdutztheit zeigte sich in den blauen Tiefen, dann unübersehbare Erheiterung. Lange Zeit blieben sie aneinander gedrückt: Zwei Fremde, einander so nahe wie Liebende.
    Der Mund des Fremden verzog sich zu einem Lächeln. »Es tut mit leid, Ihnen im Weg gelegen zu haben.«
    »Entschuldigung«, meinte Maxie mürrisch. Sie machte sich frei und dankte dem Himmel, daß ihr Hut noch immer auf ihrem Kopf saß und ihr Gesicht beschattete. »Ich habe nicht aufgepaßt, wohin ich lief.«
    Sie kam auf die Beine und wollte so schnell wie möglich wieder im Wald untertauchen. Doch dann machte sie den Fehler von Lots Weib und sah sich um.
    Ihr erster Eindruck des Mannes war lückenhaft gewesen. Zwingende Augen, blonde Haare, wohlgeformte und ausdrucksstarke Lippen. Aber erst, als sie ein paar Schritte entfernt
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