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Blutstern

Blutstern

Titel: Blutstern
Autoren: Dieter Woelm
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1
    Â 
    Otto Oberwiesner wurde durch das Bimmeln seines Telefons aus dem Schlaf gerissen. Er tastete schlaftrunken nach dem Hörer und fragte sich, welcher Idiot ihn am Neujahrstag in aller Herrgottsfrühe anrief.
    Â»Oberwiesner«, brummte er mürrisch in die Sprechmuschel.
    Â»Otto, entschuldige, hier Rudolf … Wir haben einen Mord im Pompejanum, grausige Sache, ich muss dich bitten zu kommen.«
    Â»Im Pompejanum?«
    Â»Ja, wurde mir gerade gemeldet. Eine Frau liegt dort. Splitternackt und übel zugerichtet.«
    Oberwiesner begann zu begreifen. Mord am Neujahrstag. Und das in Aschaffenburg, ausgerechnet in seinem Revier.
    Â»Klar Chef, ich komme. Bleibt mir ja wohl nichts anderes übrig.«
    Â»Ach ja, Otto, und natürlich noch alles Gute für 2012«, sagte Rudolf Rotfux. »Tut mir leid, dass dieses Jahr so scheußlich beginnt.«
    Â»Jaja, schon gut. Wünsche ich dir auch, Rudolf. Ist schließlich unser Job. Da kann man nichts machen.«
    Oberwiesner kannte Kommissar Rudolf Rotfux seit über 20 Jahren. Sie waren per Du und hatten manchen Fall gemeinsam geklärt, aber an einen Mordfall, der am Neujahrstag gemeldet wurde, konnte sich Oberwiesner nicht erinnern. Er stellte sich kurz unter die Dusche, wobei er die Duschkabine mit seinen drei Zentnern fast völlig ausfüllte und sich beim Abseifen mehrmals die Ellenbogen an den Glasscheiben der Kabine stieß. Dann rasieren, Haare föhnen, anziehen, ein schneller Kaffee und wenig später saß er in seinem dunkelgrünen Passat auf dem Weg zum Pompejanum. Die Feuerwehrzufahrt von der Pompejanumstraße war geöffnet, zwei Streifenwagen standen quer vor der nachgebauten römischen Villa, rot-weiße Absperrbänder hielten einige Schaulustige auf Distanz, die sich sofort eingefunden hatten. Rotfux kam ihm entgegen.
    Â»Ich hoffe, du hast gut gefrühstückt, Otto. Auf nüchternen Magen hält man das nicht aus … «
    Â»So schlimm?«
    Â»Noch schlimmer. Kann mich nicht erinnern, so etwas Scheußliches schon mal gesehen zu haben. Der junge Seidelmann hat uns gleich vor die Tür des Pompejanums gekotzt.«
    Donnerwetter, so kannte Oberwiesner Kommissar Rotfux gar nicht. Normalerweise war er gelassen, freundlich, ließ sich nicht leicht aus der Ruhe bringen, doch heute …
    Â»Komm mit«, sagte der Kommissar und ging voraus. »Hier, sieh mal, die Tür wurde aufgebrochen.« Er deutete auf die hölzerne Eingangstür des Pompejanums, deren olivgrünes Holz in Höhe des Schlosses gesplittert war, wahrscheinlich, weil die Tür mit einem Brecheisen aufgehebelt wurde.
    Oberwiesner schüttelte den Kopf. »Weshalb haben der oder die Täter sich solche Mühe gegeben, nur um hier jemand umzubringen?«, dachte er laut nach.
    Â»Das wirst du gleich sehen, Otto. Zieh dir mal die Plastikschuhe über.«
    Sie traten in den Vorraum des Atriums und Oberwiesner blieb fast das Herz stehen.
    Â»Mein Gott«, murmelte er und hielt sich für einen Moment an dem metallenen Absperrgitter fest, welches den Vorraum vom Atrium trennte. Auf dem Mosaikfußboden lag eine nackte Frau, verkehrt herum auf ein Holzkreuz gebunden, bleich und blutleer wie eine Wachsfigur. Man hatte ihr ein sternförmiges Symbol in Brust und Bauch geritzt, zudem war sie über und über mit Blut bespritzt. Sechs tote schwarze Katzen waren genau im Kreis um das Holzkreuz gelegt, als ob sie die Tote bewachen sollten.
    Â»Wahnsinn«, stammelte Oberwiesner.
    Sie gingen durch das Kassenhaus, das frühere Zimmer des Atriumswärters, und traten in die großzügige Säulenhalle. Durch das Glaspyramidendach des Atriums fiel die Sonne und warf schillernde Lichtflecken auf den Boden. Die wunderschöne Kassettendecke mit ihren sternförmigen Ornamenten stellte einen seltsamen Gegensatz zum grausigen Geschehen dar, welches sich hier abgespielt haben musste.
    Der junge Seidelmann begrüßte Oberwiesner. »Noch alles Gute für 2012«, sagte er leise.
    Oberwiesner hatte den Eindruck, dass er gegen das Würgen ankämpfte. »Danke! Ebenfalls. Ist ja eine schöne Bescherung … «
    Â»Kann man wohl sagen.«
    Oberwiesner schätzte, dass die Frau so um die 50 sein musste, gute Figur, noch straffe Brüste, rot lackierte Nägel, hübsches Gesicht, jetzt völlig entstellt, den Mund wie zu einem Schrei geöffnet, die Augen weit aufgerissen, als ob sie ihren
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