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Der Spion und die Lady

Der Spion und die Lady

Titel: Der Spion und die Lady
Autoren: Mary Jo Putney
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fertig und leckte sich anmutig die Finger ab.
    »Andererseits sehen Sie auch nicht aus wie der Marquis of Wolverhampton.«
    »Würden Sie mir glauben, wenn ich Ihnen sage, daß ich dennoch der Marquis bin?«
    »Nein.« Maxie warf einen abfälligen Blick auf seine Kleidung, die auch schon einmal bessere Tage gesehen hatte.
    »Eine junge Dame mit exzellenter
    Beobachtungsgabe«, erwiderte er bewundernd.
    »Ich bin ebensowenig der Marquis of Wolverhampton wie Sie eine Britin sind.«
    »Was bringt Sie denn darauf?«

    »Mit Akzenten kenne ich mich aus. Ihrer ist der des englischen Landadels, aber nicht ganz.«
    Nachdenklich kniff er die Augen zusammen. »Ich vermute, daß Sie Amerikanerin sind, vermutlich aus New England.«
    Er war gut. »Eine auf der Hand liegende Vermutung«, entgegnete sie abweisend.
    »Und Sie bestehen noch immer darauf, Jack zu heißen?«
    Maxie machte schmale Augen. »Sie stellen entschieden zu viele Fragen.«
    »Fragen sind die beste Methode zur Befriedigung der Neugierde«, erklärte er mit verblüffender Logik. »Und nach meiner Erfahrung funktioniert sie in den meisten Fällen.«
    »Dem ist kaum zu widersprechen.« Maxie zögerte einen Augenblick, fand aber keinen Grund, es ihm nicht zu sagen. »Meistens werde ich Maxie gerufen, aber mein wirklicher Name ist Maxima.«
    »Auf mich wirken Sie eher wie eine Minima«, gab er prompt zurück und musterte ihre zierliche Größe.
    Sie lachte. »Aber Sie sind auch nicht gerade ein Herkules.«
    »Ja, aber ich heiße nicht Herkules und täusche auf diese Weise nicht die Leute.«
    »Mein Vater hieß Maximus, und ich wurde nach ihm benannt. Offenbar nahm man an, ich würde groß genug werden, um dem Namen zu entsprechen.« Maxie verzehrte den letzten Bissen ihres Brötchens. »Aber wenn Ihr Name nicht Herkules ist, wie heißen Sie dann?«
    »Das ist nicht so wichtig.« Er trank einen Schluck Ale und schien abzuwägen, was er sagen sollte.

    Offensichtlich war er ein streunender Halunke mit so vielen Namen, daß er sich selbst nicht daran erinnerte, auf welchen er eigentlich getauft worden war.
    »In letzter Zeit nenne ich mich Lord Robert Andreville«, sagte er schließlich.
    »Sind Sie tatsächlich adlig?« fragte Maxie verblüfft, dann runzelte sie die Stirn. »Sie wollen mich aufziehen, stimmt’s? Mein Vater hat mir das mit den Titeln einmal erklärt. Ein richtiger Adliger verwendet ›Lord‹ nicht zusammen mit seinem Vornamen. Vermutlich ist ›Lord Robert‹ ein erfundener Titel, mit dem Sie Leute beeindrucken wollen.«
    »Und ich dachte, ich könnte jemanden aus den Kolonien hinters Licht führen.« Ein amüsiertes Funkeln trat in seine Augen. »Sie haben ganz recht. Ich bin ein ganz gewöhnlicher Mann. Meine Freunde nennen mich Robin.«
    Ganz gleich, wie er hieß: Dieser Mann hatte ein ungemein ausdrucksvolles Gesicht. Vielleicht war er eher ein Schauspieler als ein Schwindler.
    Natürlich konnte er auch beides sein. Auf ihren Reisen waren Maxie und ihr Vater vielen sympathischen Halunken begegnet, und dieser selbsternannte Lord Robert gehörte vermutlich zu dieser Gilde. Im Grunde konnte auch Max in diese Spezies eingeordnet werden. Vielleicht hatte seine Tochter deshalb eine Schwäche für charmante Hochstapler.
    Robin betrachtete sie nachdenklich. Obwohl sie sich nach Kräften um Verkleidung bemüht hatte, hatten seine Handflächen wohlverborgene Kurven ertastet. »Wohnen Sie hier in der Nähe?«

    erkundigte er sich.
    »Nein. Ich bin auf dem Weg nach London.« Maxie griff entschlossen zu Bündel und Hut. »Vielen Dank, daß Sie Ihr Mahl mit mir geteilt haben.«
    »London!« entfuhr es ihm. »Großer Gott, haben Sie allen Ernstes vor, den ganzen Weg allein und zu Fuß zurückzulegen?«
    »Das sind doch nur rund dreihundert Kilometer.
    In spätestens zwei Wochen bin da. Ich wünsche Ihnen noch ’ einen guten Tag.« Maxie setzte sich den Hut so auf, daß er ihre Züge beschattete.
    Robin unterdrückte den impulsiven Wunsch, ihr zu sagen, es sei ein Verbrechen, dieses wundervolle Gesicht zu verstecken. Als sie auf ihn gestürzt war, hatte er sie für eine mutwillige Range in der Kleidung ihres Bruders gehalten. Aber als sie dann ihren absurden Hut abgesetzt hatte, konnte er einen Moment lang weder sprechen noch atmen.
    Maxima – Maxie – besaß eine exotische Schönheit, die man mitunter antraf, wenn sich zwei Rassen zusammenfanden. Ihre Züge waren fast englisch, ihr dunkler Teint, die schwarzen, glänzenden Haare und ihr zarter Körperbau
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