Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Spinnenmann

Der Spinnenmann

Titel: Der Spinnenmann
Autoren: Terje Emberland
Vom Netzwerk:
Kreuzsymbol.
    Er sah mich an. In seinen dunklen blauen Augen schimmerten Freudentränen.
    »Mein Freund«, sagte er. »Sie sind uns besonders willkommen!«
    Es war das Letzte, was ich mitbekam, bevor ich in Ohnmacht fiel.
     
    Epilog
     
    Die Dämmerung hatte eingesetzt. Das Fabriktor an Myrens Verksted war geschlossen. Ich saß noch immer mit Jaroslav Kubins Brief im Schoß hinter dem Haus im Garten.
    Ich las, wie es ihm vor dem Krieg gelungen war, die Organisation wiederaufzubauen, wie sie Schritt für Schritt von einer Handvoll Eingeweihter, die sich wöchentlich im Cafe Prüchel in Wien trafen, zu einer ganz Europa umspannenden Vereinigung angewachsen war. Ferner kommentiert er die Mordserie, die Heydrichs Agenten im Laufe der vergangenen zwei Jahre - nicht nur in Norwegen, sondern auch in Deutschland, Rumänien und Palästina - auf der Jagd nach dem Kontrakt begangen hatten.
    Abschließend beschreibt er die Unterzeichnung eines Abkommens, das am 23. März dieses Jahres an Bord eines italienischen Lastdampfers zustande kam:
     
    Der Kontakt wurde über die italienische Botschaft in der Schweiz hergestellt. Mittelsmann war GrafCiano, Mussolinis Schwiegersohn und inoffizieller Kronprinz. Trotz der Proteste meiner Ärzte verließ ich das Spital und setzte ich mich in den Zug. Als ich im Hafen von Rimini ankam, wurde ich vom Grafen und drei seiner Mitarbeiter empfangen. Ich wurde einer Leibesvisitation unterzogen, bevor wir uns in ein Motorboot setzten, das uns mit hoher Geschwindigkeit hinaus auf die dunkle und nebelverhangene Adria brachte. GrafCiano, ein feister junger Mann mit Nachtclubteint und Lackschuhhaar, erläuterte über das Motorengeräusch hinweg laut und unaufhaltsam, wie sehr Mussolini daran gelegen sei, eine Einigung zwischen den Juden und dem Neuen Deutschland zu bewirken. II Duce selbst sei ein glühender Befürworter eines jüdischen Staates und sehe sich berufen, das jüdische Volk zu beschützen. Gegenüber Hitlers Rassenpolitik hege er nichts als Abneigung. Es war ein abstoßendes Beispiel für die Redeweise, deren sich das italienische Faschistenregime bedient, um unsere Unterstützung für seine imperialistische Mittelmeerpolitik zu erhalten.
    Ich war erleichtert, als die Umrisse des Lastschiffes am Horizont erschienen. Abgesehen von einem flackernden Lichtkegel aus einer Laterne auf der Brücke, war das Schiff vollkommen dunkel. Umhüllt von den niedrigen Nebelbänken, schien es auf dem Wasser zu schweben. Zwanzig Meter entfernt entdeckte ich ein Wasserflugzeug, das auf den sanften Wellen schaukelte.
    Wir bestiegen eine Strickleiter. Graf Ciano machte uns ein Zeichen, ihm zu folgen. Ein schmaler Gang mit Kabinen auf jeder Seite führte in die Mannschaftsmesse. Ein blonder, einem Raubvogel ähnelnder Mann saß allein am Tisch. Ich bemerkte, wie er sein Erstaunen zu verbergen suchte, als ich über die erhöhte Türschwelle trat. Der Mann war SS-Gruppenführer Reinhard Heydrich. Wir nahmen Platz. Heydrich und ich saßen einander genau gegenüber, GrafCiano nahm am Ende des Tischs Platz, seine Mitarbeiter stellten sich an die Wand hinter ihm. Ein kleiner Kohleofen strahlte starke Hitze ab, die Wände beschlugen, und eine hin und her schaukelnde Petroleumlampe warf ein schwaches, rötliches Licht auf die Versammlung. Die stickige Luft roch nach Teer, Branntwein und Küche.
    Der Graf erging sich in einer langen Rede über die historische Bedeutung des Augenblicks, doch Heydrich unterbrach ihn mit einer Handbewegung. Er sah mich ausdruckslos an: »Dafür, dass Sie eine Kugel durchs Herz bekommen haben, sehen Sie unverschämt gut aus.«
    Ich lehnte mich zurück.
    »Nicht durch das Herz«, erwiderte ich. »Die Kugel traf mich ein paar Zentimeter zu hoch. Ihr Handlanger Janus war nicht kaltblütig genug, um ordentlich zu zielen. Und wie Sie sehen, hätte er danach die Leiche nicht verlassen dürfen.«
    »Meine Herren«, unterbrach uns Graf Ciano nervös. »Wir sollten vielleicht fortfahren …«
    »Ich werde dafür sorgen, dass diese Arbeit beim nächsten Mal gründlicher ausgeführt wird«, sagte Heydrich, »denn Sie dürfen nicht daran zweifeln, dass Sie meinen Leuten wiederbegegnen werden. Dieses Mal sind Sie billig davongekommen, weil mich eine meiner besten Agentinnen anrief. Sie hatte verstanden, dass Herr Erfiord mit dem Kontrakt auf dem Weg zur MS Bosphorus war. Sie können sich bei Fräulein Lorenz dafür bedanken, einem verschärften Verhör entgangen zu sein. Ich vermute, Sie wissen, was das
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher