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Der Spiegel aus Bilbao

Der Spiegel aus Bilbao

Titel: Der Spiegel aus Bilbao
Autoren: Charlotte MacLeod
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pastellgelben Farbton gestrichen. Den freiliegenden Balken hatte sie
mit irgendeinem Zaubergemisch eingeölt, das Mr. Lomax höchstpersönlich gebraut hatte,
das abgenutzte Mobiliar leuchtend rot gestrichen und soweit wie möglich durch
Kissen und Überwürfe mit indischen Mustern kaschiert. Den Holzfußboden aus
breiten Kieferndielen, für den jede Hilfe zu spät kam, hatten sie dunkelgrün
gestrichen und mit einem Flickenteppich verschönt, den Mrs. Lomax vor einiger
Zeit angefertigt hatte. Mrs. Lomax litt zwar inzwischen an Arthritis, doch sie
war jederzeit gern bereit, etwas für den Jungen von Isaac Bittersohn zu tun,
auf den sie immer große Stücke gehalten hatte.
    An dem altmodischen Badezimmer
konnte man nicht viel retten, man konnte es lediglich gründlich säubern. Eine
Küche gab es leider nicht. Max würde seine Mahlzeiten bei ihr im Haus
einnehmen, oder, wenn zu viele Kellings das Grundstück bevölkern sollten, zu
Miriam oder seiner Mutter gehen und um eine milde Gabe bitten müssen.
    Sarah hatte die Eltern von Max
noch nicht kennengelernt. Offenbar war dies erst geplant, wenn sie bereit war,
ohne Zittern und Zagen mit Max den Bund fürs Leben zu schließen. Sie wünschte,
daß sie dazu schon in der Lage wäre. Es wäre sicher viel angenehmer, diese
beiden hellen Zimmer hier mit Max zu teilen, als oben auf dem Hügel mit Tante
Appie in der zugigen Arche von Haus die Zeit totzuschlagen. Sie schenkte ihm
ein ziemlich hilfloses Lächeln und ging zurück, um ihre eigenen Sachen
auszupacken.
     
     

Kapitel
3
     
     
     
     
     
     
    »A lso Sarah, du schaust zwar ein
klein wenig besser aus als bei unserem letzten Treffen, aber ich nehme an, daß
du über den Verlust von Alex wahrscheinlich nie hinwegkommen wirst. Wirklich
schade, daß ihr keine Kinder zusammen hattet. Das wäre wenigstens ein kleiner
Trost gewesen, aber möglicherweise auch nicht, wenn man sich die heutige Jugend
anschaut. Was hat Miffy um Gottes Willen bloß in die Martinis getan?«
    »Ich habe keine Ahnung.«
    Sarah unterdrückte den Wunsch,
daß es ein tödlich wirkendes Gift sein möge, und eiste sich von Pussy Beaxitt
los. Sie bemerkte, daß Max von irgend jemandem in die Enge getrieben worden
war, der es auf ein kostenloses Gutachten für ein angeblich echtes
Rembrandt-Peale-Gemälde abgesehen hatte, das höchstwahrscheinlich keines war.
Sie vermutete, daß Max klug genug war, sich nicht darauf einzulassen.
Eigentlich hätte sie es besser wissen müssen, als ihn herzuschleppen. Sie hatte
vergessen, wie unendlich grauenvoll diese kleinen Gesellschaften bei Miffy sein
konnten.
    Vor einem Jahr hatte sie nur
gleichgültig herumgesessen und sich gelangweilt, statt wie jetzt jede Minute zu
hassen, die sie hier verbringen mußte. Sie hatte sich schon vor Jahren an ein
Dasein in Langeweile gewöhnt, da es als ihr unausweichliches Schicksal
erschienen war. Zuerst war sie nichts weiter als die Tochter von Walter Kelling
gewesen, zu jung, um zu den Erwachsenen zu zählen, zu schüchtern, um sich zu
den anwesenden Teenagern zu gesellen. Dann, ungefähr genau zu dem Zeitpunkt, als
sie möglicherweise als junge Dame in die Gesellschaft hätte eingeführt werden
können und vielleicht endlich bei den jungen Herren der Schöpfung ein wenig
Interesse hervorgerufen hätte, war ihr Vater an Pilzvergiftung gestorben, und
sie hatte den entfernten Verwandten geheiratet, den Walter Kelling zu Sarahs
Vormund ernannt hatte. Wer hätte die stille, kleine Sarah auch bemerken sollen,
wenn sie die ganze Zeit ihre Schwiegermutter bei sich hatte, die schöne,
blinde, intelligente, willensstarke Caroline Kelling?
    Aber heute war sie nicht mehr
die kleine Sarah. Der plötzliche Tod ihres Mannes und die unerwarteten Probleme
hatten ihr Leben verändert — sehr verändert, wenn auch nicht vollkommen, denn
sonst stünde sie heute nicht hier mit einem Glas Wermut in der Hand, das nicht
in die Martinis geschüttet worden war, und würde sich nicht fragen, warum sie
eigentlich nicht den Mut aufbrachte, Pussy ordentlich die Meinung zu sagen.
    Tante Appie amüsierte sich
jedenfalls hervorragend. Sie hielt einen von Miffys grauenhaften Cocktails in
der Hand und nippte mit einem Ausdruck höchsten Wohlbehagens daran, während sie
eine Gruppe von Freunden mit einem detaillierten, von Seufzern unterbrochenen
Bericht von Onkel Samuels letzter Krankheit unterhielt. Sie würde sicherlich ihrerseits
ebenfalls mit vertraulichen Beschreibungen des schrecklichen Siechtums
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