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Der Spiegel aus Bilbao

Der Spiegel aus Bilbao

Titel: Der Spiegel aus Bilbao
Autoren: Charlotte MacLeod
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und
stillen Ablebens von anderen Mitgliedern der alten Garde beglückt werden, je
nachdem, wie es sich zugetragen hatte. Man würde sie mit Einladungen zu dieser
und jener Veranstaltung überschütten, und niemand würde sonderlich betroffen
darüber sein, wenn Appies Nichte Sarah zu beschäftigt war, sie zu begleiten.
    Sarah hoffte nur, daß ihre
Tante nicht vergaß, daß sie keinen Wagen hatten, mit dem sie sich hin- und
herkutschieren lassen konnte wie mit einem Taxi. Sie wußte nur zu gut, was
Cousin Lionel davon halten würde, sein kostbares Benzin zu verschwenden, weil
er seine Mutter von einer Abendgesellschaft oder Feier zur nächsten befördern
mußte, und Sarah wollte auf keinen Fall, daß Max eingespannt würde, um Appie zu
fahren.
    Da der gesamte Kelling-Clan bei
Alexander seine Probleme abgeladen und er seiner Mutter als Blindenhund gedient
hatte, hatte er schließlich für alle Zeit gehabt, nur für seine Frau nicht. Mit
dem nächsten Mann, den sie heiratete, würde ihr das nicht passieren. Außerdem
schien Max sowieso wenig Interesse daran zu haben, eine Art universale
Vaterfigur zu werden. Sie dachte daran, was er wirklich wollte, und errötete,
denn sie hatte ja in bestimmter Hinsicht ein recht behütetes Leben geführt.
    »Warst du in der Sonne, Sarah?«
    Einen Moment lang konnte Sarah
den großen Mann mit dem wettergegerbten Gesicht und dem sonnengebleichten Haar
nicht richtig einordnen. Dann entschied sie, daß es einer der Larrington-Brüder
sein müsse. Hatte nicht irgend jemand neulich erwähnt, daß einer der Zwillinge
sich hatte scheiden lassen? War es Fren oder Don gewesen?
    Der Mann, der jetzt vor ihr
stand, mußte jedenfalls Fren sein, denn Don trug immer seine Lieblingskrawatte
mit dem Schweinchenmuster, man munkelte sogar, daß er sie auch beim Duschen
anbehielt.
    »Hallo, Fren«, antwortete sie
auf gut Glück. »Nein, ich bin noch nicht lange genug in Ireson’s Landing, um
mich sonnen zu können. Es muß vom Wind kommen, von der heißen Luft hier. Wieso
bist du denn nicht auf deinem Boot?«
    »Es bekommt gerade den Rumpf
abgekratzt.«
    »Klingt ja scheußlich.
Hoffentlich leidet es nicht zu sehr.«
    »Wenn hier einer leidet, dann
bin ich es. Mein Gott, Sarah, hast du eine Ahnung, wie teuer es heutzutage ist,
ein Boot zu unterhalten?«
    »Nein, und ich möchte es auch
gar nicht wissen. Ich weiß nur zu gut, was all die anderen Sachen kosten.«
    »Stimmt ja. Alexander hat dich
auf dem Trockenen zurückgelassen, nicht? Muß ja ein schöner Schock für dich
gewesen sein. Hab’ gehört, du hast eine Pension oder irgend so ein verdammtes
Ding aufmachen müssen, um dich über Wasser zu halten. Das gibst du sicher jetzt
wieder auf, wo du Walters Geld in die Finger bekommen hast.«
    »Warum sollte ich? Es macht mir
Spaß, und ich kann die Steuern damit bezahlen.«
    »Aber warum in Gottes Namen muß
es denn eine Pension sein? Ist bestimmt gräßlich, einen Haufen wildfremder
Leute überall im Haus zu haben.«
    »Es handelt sich keinesfalls um
einen Haufen wildfremder Leute«, informierte ihn Sarah ziemlich gereizt. »Bei
mir wohnen Cousin Brooks und seine Frau, die alte Mrs. Gates aus Chestnut Hill,
ein Buchhalter, der bei Cousin Percy arbeitet, und eine von Mrs. LaVallieres
Enkelinnen.«
    Fren zuckte die Achseln. »Dann
hat Miffy mal wieder alles falsch verstanden. Sie hat mir nämlich erzählt, du
hättest das ganze Haus voll Juden aus Lynn oder Chelsea.«
    »Nur einen, und er ist aus
Saugus.« Sarah wollte Fren nicht merken lassen, wie wütend sie war. »Und es
handelt sich dabei um Max Bittersohn, er steht dort drüben an der Tür. Der Mann
mit dem intelligenten Gesicht.«
    Max hob sich in seinem leichten
Blazer und der sorgfältig gebügelten Flanellhose wirklich auffällig ab von den
ihn umgebenden nackten haarigen Beinen und schmutzigen Segelschuhen. Das hatten
offensichtlich auch einige der anwesenden Damen festgestellt. Der Ausdruck auf
ihren Gesichtern überraschte Sarah kaum, obwohl es erstaunlich war, wenn man
bedachte, wer einige der weiblichen Wesen waren.
    Max war inzwischen sicher daran
gewöhnt, Hahn im Korb zu sein. Jedenfalls trug er weiterhin das höfliche,
starre Lächeln zur Schau, das Sarah verriet, daß er sich bereits langweilte und
sich schon fragte, warum er sich bloß hatte breitschlagen lassen herzukommen.
Während Fren weiter über Klüverbäume und Achterstangen faselte, stand Sarah da
und überlegte, wie schnell sie sich wohl aus dem Staub machen konnten,
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