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Der Sommer der silbernen Wellen: Roman (German Edition)

Der Sommer der silbernen Wellen: Roman (German Edition)

Titel: Der Sommer der silbernen Wellen: Roman (German Edition)
Autoren: Amanda Howells
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eine Popdiva, fasste ich das als Zeichen auf, mich zu verkrümeln, und ging hinunter ans Wasser. Vorher erhaschte ich jedoch noch den verzückten Blick meiner Mutter, nachsichtig lächelnd, wie sie meine Schwester seit ihrer Geburt betrachtet hatte. Evas unerwartete Ankunft sieben Jahre nach mir hatte meiner Mutter einen zweiten Frühling beschert. Aber sogar Eva konnte es nicht mit dem Ozean aufnehmen.
    Als ich an der Wasserlinie entlangspazierte, überdeckte der Wellenschlag die Gedanken an meine Schwester und brachte mich zur Ruhe. Ich sah mich nach Corinne und Beth um, aber es machte mir nichts aus, dass ich sie nicht entdeckte. Ich fühlte mich gut. Friedlich. Natürlich wäre ich Corinne gerne wieder nah gewesen, aber wenn das nicht sein sollte, auch nicht schlimm. Ich konnte mich auch allein amüsieren. Vielleicht war es sogar besser so. Nach dem, was mit Jake geschehen war, war die Gesellschaft meiner jungsverrückten Cousine und ihrer Clique das Letzte, was ich gebrauchen konnte.
    Die Strahlen der untergehenden Sonne tanzten orangefarben auf dem glitzernden Wasser, und der weiche Sand an der Wellenkante kühlte meine Füße. Ich hockte mich hin und hob ein kleines, rosafarbenes gedrehtes Schneckengehäuse auf. Das würde kein einsamer Sommer werden. Das Meer würde mir Gesellschaft leisten. Lange, helle Tage und warme Nächte erwarteten mich, und ausgedehnte Spaziergänge, bei denen ich nach allen Schätzen Ausschau halten würde, die das Meer an Land spülte, von Muscheln bis hin zu Souvenirs aus alten Schiffswracks …
    Zugegeben, etwas richtig Wertvolles hatte ich noch nie gefunden, aber es konnte nicht schaden, die Augen offen zu halten. Wenn es etwas gab, würde ich es nicht übersehen.

    »In der Sonne zu liegen ist so langweilig, aber Schwimmen ist noch langweiliger«, verkündete Corinne, als wir über einen Holzbohlenweg vom Parkplatz aus zum öffentlichen Strand hinuntergingen. Ich war nach unserer Ankunft gestern nur mal kurz ins Wasser gesprungen, aber jetzt lag ein richtiger Strandtag vor mir, zusammen mit Corinne.
    Leider war Corinne alles andere als begeistert von der Vorstellung, schwimmen zu gehen. »Das Wasser ist so schmutzig!«, sagte sie, als wir die Grundstücksgrenze überschritten und weiter der Küstenlinie folgten, an Dünen und Häusern vorbei, bis wir den öffentlichen Strand von Southampton erreichten. »Wusstest du, dass Long Island mit die höchste Rate von Krebserkrankungen der ganzen Welt hat?«, fügte sie hinzu und zündete sich eine Zigarette an. »Das hier ist ein Hochrisikogebiet, total verseucht, und ehrlich gesagt« – sie blies zur Betonung eine Rauchwolke aus – »fühle ich mich allein schon deswegen krank, weil ich hier bin.«
    Ich musste lachen.
    Als wir den öffentlichen Strand erreichten, wanderten wir herum und taten so, als suchten wir nach dem perfekten Liegeplatz. In Wirklichkeit hielten wir Ausschau nach dem Sohn des hippen Designers. Ich wäre lieber auf dem schmalen Streifen Strand vor Wind Song geblieben, aber Corinne war überzeugt gewesen, dass sie Aram Junior am Hauptstrand Southamptons entdecken würde. Offenbar gefiel es ihm, »mit dem Plebs herumzuhängen« – das hat sie tatsächlich gesagt. Wir breiteten unsere Handtücher auf dem Sand aus. »Ich wette, hier stecken gebrauchte Spritzen drin«, unkte Corinne und blickte hinaus aufs Wasser.
    »Nein, da sind keine. Komm! Das Wasser ist wunderbar.« Nicht eine Sekunde lang glaubte ich, dass das Meer verschmutzt war, und da war ich anscheinend nicht die Einzige. Mütter und Kleinkinder planschten herum, Jungs mit Bodyboards ritten auf den kleinen Wellen, und das tiefe, tiefe Blau des Atlantiks funkelte und wechselte jedes Mal den Farbton, wenn kleine Wolken an der Sonne vorbeisegelten.
    »Der Schein trügt«, entgegnete Corinne, aber ich hörte nicht auf sie. Keine noch so schlimme Umweltverschmutzung, oder noch so viele Leute aus Manhattan, die große neue Häuser aus Beton und Chrom erbauten und einheimische Restaurants in schicke Nobelherbergen verwandelten – nichts davon konnte die Hamptons verschandeln. Weil nichts die Farbe des Atlantischen Ozeans an dieser Küste verderben konnte, die von Marineblau zu Schiefergrau, von Grün zu Blau wechselte. Das Meer leuchtete in all diesen Farben, und dann war es manchmal fast farblos, durchsichtig. Und für einen ganzen Sommer gehörte es wieder mir.
    »So, hier bin ich dann also«, sagte eine hohe, waidwunde Stimme hinter uns, als wir unsere
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