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Der Sommer der Legenden

Der Sommer der Legenden

Titel: Der Sommer der Legenden
Autoren: Sarah Eden
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in der Nacht - ihrer ersten Nacht auf der Ranch ihres verstorbenen Onkels.
    Zuerst dachte sie, Taylor habe draußen vom Korridor aus gerufen. Das Kinderzimmer lag direkt nebenan, und Carol war seit der Geburt ihrer Tochter höchst sensibilisiert für alles, was mit Taylor zusammenhing.
    Aber es musste wohl einen anderen Grund für ihr Erwachen geben.
    Von draußen klang kein Laut zu ihr herein. Fisher lag tief atmend neben ihr in die Kissen gekuschelt und schlief fest.
    Carol betrachtete ihn zärtlich im Mondlicht, das durch die zurückgezogenen Vorhänge ins Innere des Raumes drang. Die Decke war etwas von seinem nackten Oberkörper gerutscht und entblößte straffe Muskeln, die sich unter der bronzefarbenen Haut spannten.
    Carol beugte sich zu ihm hinüber und küsste ihn sanft auf den Rücken'. Er bewegte sich kurz, wachte aber nicht auf.
    Vorsichtig glitt Carol aus dem Bett und huschte zum offenen Fenster.
    Die volle Scheibe des Mondes, die inmitten eines prächtigen Sternenmeeres am Firmament strahlte, machte die Nacht fast zum Tag und tauchte die Landschaft in eine unwirkliche Atmosphäre.
    Einen Moment lang fragte sich Carol, ob sie nicht in Wahrheit tatsächlich träumend neben Fisher im Bett lag und das, was sie gerade erlebte, Bestandteil dieses Traumes Sie schob ihren Kopf etwas aus der Fensteröffnung, ließ ihr erhitztes Gesicht von der kühlen Nachtluft umfächeln...
    Im nächsten Augenblick zuckte sie zusammen, weil ein eisiger Schrecken nach ihrem Herzen griff.
    Sie stöhnte laut auf, ohne Rücksicht, ob Fisher sie hörte und aufwachte oder nicht.
    Der Galgen, der direkt vor dem Schlafzimmerfenster im fahlen Mondschein aus dem Dachfirst aufragte, jagte ihr eine geradezu panische Angst ein, die sie nur mit Mühe niederringen konnte!

    Von hinten legte sich eine Hand auf ihre nackte Schulter.
    »Was ist, Liebes?« Fisher war lautlos hinter ihr aufgetaucht. Seine Stimme klang erstaunlich wach. »Schlecht geträumt?«
    Carol drehte sich um und warf sich spontan in seine Arme. Sie schüttelte heftig den Kopf und deutete hinter ihren Rücken nach draußen.
    »Schau selbst.«
    Fisher spähte an ihr vorbei aus dem Fenster.
    Das hat dich also erschreckt«, brummte er erbost, zog sie näher heran und hauchte ihr behutsam einen Kuss auf die Lippen. Carol entspannte sich allmählich.
    »Wo kommt das her?« fragte sie matt. »Ich habe es noch nie bemerkt...«
    »Ich auch nicht«, antwortete Fisher ruhig. »Aber bei Tageslicht fällt das Ding gar nicht auf - und es ist unsere erste Nacht hier...«
    Das war keine weltbewegende Neuigkeit; dennoch wurde Carol bei seinen Worten ruhiger.

    »Es sieht aus - wie ein Galgen, findest du nicht auch?« Sie blickte fragend zu ihm auf.
    Er lächelte. »So sieht es aus, ja. Aber bestimmt gibt es eine harmlose Erklärung dafür. Dein Onkel war sicher nicht so blutrünstig, seine Feinde dort oben aufzuknüpfen, aller Welt zur Warnung.«
    Er hatte einen Scherz machen wollen, doch Carol mochte nicht darüber lachen. Im Gegensatz zu Fisher hatte sie Big John, wenn auch nur ganz flüchtig, zu seinen Lebzeiten gekannt.
    »Was für eine Erklärung soll denn das sein?« fragte sie zweifelnd.
    »Vielleicht ist es ein Flaggenmast. Oder der Arm einer Seilwinde, mit der früher Lasten in die oberen Stockwerke befördert wurden. Du kennst ja die engen Gänge und Treppenführungen. Wahrscheinlich konnte man sperrige Einrichtungsstücke nur auf diese Weise herauf transportieren.«
    Carol nickte, war aber immer noch nicht ganz überzeugt.
    »Das wäre dann eine Erklärung«, sagte sie schließlich. »Eine von den vielen.«
    »Zermartere dir nicht den hübschen Kopf über solche Dinge. Wenn dich der Balken stört, säge ich ihn eigenhändig ab. Aber jetzt leg dich wieder hin. Ich brauche eine ausgeschlafene Frau!« »Wofür?«
    »Das verrate ich dir, wenn du brav tust, was ich dir sage.«
    »Überredet.« Sie ließ sich bereitwillig vom Fenster wegziehen, durch das der Schatten des Galgens wie ein drohender Finger ins Innere des Hauses zeigte.
    Weder Carol noch ihr Mann wussten, dass sie die letzte friedliche Nacht auf Big John Murdocks Ranch verlebten.
    Das Böse lauerte bereits auf sie, und eine Tür weiter, nur durch zentimeterdickes Mauerwerk von ihnen getrennt, schloss Taylor, ohne dass sie es auch nur ahnten, gerade Freundschaft mit dem Feind...

Kapitel 3

    »Wie heißt du?«
    Die Mädchenstimme war ohne Angst und Zeichen von Erregung.
    Das fahle Mondlicht zauberte bizarre Reflexe in die
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