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Der Sommer der Legenden

Der Sommer der Legenden

Titel: Der Sommer der Legenden
Autoren: Sarah Eden
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Glauben Sie mir, es gibt keinen Zweifel, dass dieser Stein hier um ein Haar zu Ihrem Verderben geworden wäre!«
    Carol wollte es nicht wahrhaben. »Aber es gibt doch keine Magie der Art, wie Sie es beschreiben. Ich meine, so etwas gibt es doch nicht wirklich...«
    Pickwick zuckte die Schultern. »Darauf kommt es letztlich gar nicht an«, behauptete er. »Wichtig ist nur, dass die alten Stammesschamanen, die Medizinmänner, daran glaubten. Und der Glaube versetzt bekanntlich Berge.«
    »Das mag vor hundert oder mehr Jahren so gewesen sein«, widersprach Carol. »Aber wir leben heute! Die wenigen Indianer leben in Reservaten oder haben sich schlecht und recht in unsere Gesellschaft integriert. Sie leben nach unseren Regeln. Es gibt doch keine Wilden mehr!«
    »Trauen Sie sich zu, aufzustehen und ein paar Schritte zu laufen?« fragte Pickwick statt einer Antwort.
    Carol nickte mit zusammengebissenen Zähnen. Mit Fishers Hilfe führte Pickwick sie zum nächsten
    Fenster. Carol fühlte sich schwach und elend. Aber sie riss sich zusammen. Sie wollte jetzt alles wissen.
    »Sehen Sie nach draußen, forderte Pickwick sie auf.
    Durch eine geborstene Scheibe blies warme Luft in Carols Gesicht. Ihre Augen tränten vor Schmerz, doch sie kniff sie etwas zusammen und starrte zu der brennenden Ruine des Hauptgebäudes hinüber, mit dem gerade tausend Wichtigkeiten ihres Lebens und ihrer Arbeit vernichtet wurden.
    Unwillkürlich fragte sie sich, wie lange sie ohne Besinnung dagelegen hatte. Viel Zeit konnte noch nicht verstrichen sein. Der Brand war in vollem Gange, leuchtete meilenweit wie ein Fanal des Unterganges.

    Und dann sah sie, was Pickwick ihr hatte zeigen wollen: flüchtige Schemen, entfernt menschenähnlich, die Gesichter hinter grotesken Masken verborgen und die glänzenden Körper mit unverständlichen Symbolen in allen Farben des Regenbogens bemalt!
    »Glauben Sie immer noch, dass es so etwas heute nicht mehr gibt?« fragte Pickwick neben ihn
    Carol schluckte. »Aber es ist Wahnsinn!
    »Wahnsinn oder nicht, sie wissen genau, was sie tun. Sie folgen ihren Gesetzen.«
    »Um Gottes willen - warum?«
    »Ich sagte Ihnen schon, dass Ihr Onkel mich engagiert hatte, um seine Seele zu retten... Oh, rümpfen Sie nicht die Nase, ich meine das wörtlich! Vielleicht hätte ich ihm sogar helfen können, obwohl es in Anbetracht der Schwere seiner Verfehlungen zweifelhaft erscheint.« Er wartete auf einen Einwand, der aber nicht kam, und sprach weiten »Er hat schwer für seine Untaten gebüßt. Wie sein alter Freund und Kampfgefährte Storm.«
    »Der Reverend ein Kampfgefährte?« Fishers Stimme klang ungläubig.
    »Was ich Ihnen jetzt sage, weiß ich von Ihrem Onkel selbst. Wenn er mich belogen hat, gebe ich eine Lüge weiter. Andernfalls dürfte es die Wahrheit sein.«
    »Hatten Sie bei unserer ersten Begegnung nicht gesagt, Sie wüssten gar nicht genau, warum mein Onkel Sie kommen ließ?«
    Pickwick lächelte. »Das war eine Lüge.«
    »Wie beruhigend«, sagte Carol sarkastisch. »Fahren Sie fort.«
    »Danke. Ihr Onkel und dieser Storm kamen als junge Spunde gemeinsam in diese Gegend und gingen bei der Erschließung des in ihren Augen besitzlosen Landes nicht eben zimperlich vor. Die Indianer waren für sie keine Menschen, und einen Besitzanspruch auf das Land ihrer Väter und Vorväter gestanden sie ihnen schon gar nicht zu. Es kam zu blutigen Auseinandersetzungen, wahren Gemetzeln, bei denen Dutzende von Siouxindianern den Tod fanden. Ganze Familien wurden nur so zur Abschreckung von ihrem Onkel und Storm ausgerottet. Der Staat griff nie ein. Es waren unruhige Zeiten damals, und das Faustrecht galt häufig mehr als Recht und Ordnung. Nun, die blutige Rechnung schien aufzugehen. Die ansässigen Indianer flüchteten in entlegenere Gebiete. Ein paar Jahre wuchs und gedieh das, was Big John Murdock und Storm gemeinsam aufgebaut hatten. Ihr Onkel wurde einer der reichsten Männer der Umgebung und immer unmäßiger in seinem Machtstreben, während Storm Reue zeigte und einen anderen Weg einschlug, der ihn letztlich aber auch nicht rettete. Weder er noch Ihr Onkel rechneten mit einem Faktor, den echte Indianer uns weiße Männer immer voraushaben werden: Geduld. Zeit hat für sie eine andere Dimension, und Rache ist für sie wirklich mehr als nur ein Wort... jedenfalls ging Big Johns Glückssträhne sehr bald zu Ende. Brunnen wurden vergiftet, das Vieh starb, Arbeiter verunglückten unter mysteriösen Begleitumständen, Brände
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