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Der Sommer der Frauen

Der Sommer der Frauen

Titel: Der Sommer der Frauen
Autoren: Mia March
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4 . Januar.
    «Es gibt schon einen Grund dafür, warum die Leute ständig mit dem schlauen Spruch um sich werfen, ‹was sein soll, soll sein, bla, bla, bla›», sagte er. «Vielleicht kommen wir am Ende zusammen und vielleicht auch nicht. Vielleicht bin ich noch da, wenn du zurückkommst und bereit bist, dich häuslich niederzulassen, oder vielleicht habe ich bis dahin jemand anderen kennengelernt. Vielleicht bleibst du für immer in Paris oder kommst mit einem schnurrbärtigen französischen Ehemann zurück. Ich weiß es nicht, Kat. Ich weiß nur, dass du nach Paris gehen solltest, um in einer wunderbaren Konditorei in die Lehre zu gehen. Ich weiß, dass du noch nicht bereit bist, zu heiraten. Und ich weiß, dass ich dich liebe und dich deshalb gehen lassen muss.»
    Er wünschte ihr «bon voyage»! So, wie sie es sich gewünscht hatte. «Gott, Oliver, du bist wirklich Gold wert! Genau so, wie mein Vater es schon sagte, als ich zehn war.»
    Er nahm ihre Hände. «Weil ich dein bester Freund bin, Kat. Vielleicht war ich auch nie mehr als das und habe den Fehler gemacht, uns beiden mehr aufzuzwingen, obwohl du mich immer nur als deinen besten Freund geliebt hast. Den Heiratsantrag habe ich dir in deinem allerschwächsten Augenblick gemacht, das ist mir jetzt klar.»
    «Oliver, ich –»
    Er schüttelte den Kopf. «Geh nach Paris. Was auch geschieht, Kat, ich werde dich immer lieben.» Er legte sich die Hand aufs Herz. «Das war schon immer so und wird auch immer so bleiben.»
    «Ich dich auch», flüsterte Kat und fiel ihm um den Hals.
    *****
    Freitagabend stand der Mond so tief am Himmel, dass Kat ihn durch das Küchenfenster leuchten sah, während sie den glasierten Schokoladenkuchen mit den Initialen der Familienmitglieder verzierte. Sie trug den Kuchen in Lollys Zimmer, wo sich alle zum Kinoabend versammelt hatten.
    «Ist das P etwa für mich?», fragte Pearl von ihrem Platz auf der anderen Seite von Lollys Bett.
    «Aber ja!», sagte Kat, schnitt das Stück mit dem P aus dem Kuchen und reichte Pearl den Teller. «Du gehörst schließlich auch zur Familie.»
    Pearl strahlte.
    «Leistet dein Galan uns heute Gesellschaft, Lolly?», fragte Isabel und machte es sich mit ihrem I-Stück auf dem Schoß bequem.
    Lolly errötete. «Nein, er kommt erst hinterher, so gegen zehn. Ich freue mich so darauf, ihn zu sehen! Mein Gott, ihr könnt euch nicht vorstellen, wie glücklich ich bin, dass er in mein Leben zurückgekehrt ist.»
    Kat tauschte mit ihren Cousinen ein fröhliches Lächeln aus.
    Lolly richtete die Fernbedienung auf den DVD -Player und drückte auf START . «Und ich freue mich darauf,
Jenseits von Afrika
noch mal zu sehen. Das ist mein absoluter Lieblingsfilm. Als ich ihn zum ersten Mal sah, haben mich so viele Stellen so tief bewegt, dass ich davon überzeugt war, ich könnte den Film nie wieder sehen. Doch jetzt bin ich bereit dazu.»
    «Ich liebe ihn auch», sagte Pearl. «Außerdem finde ich, es gab nie einen Mann, der besser aussah als Robert Redford in
Jenseits von Afrika
. Atemberaubend.»
    Als Meryl Streeps einführender Monolog begann, verstummten sie alle und lauschten gebannt.
Ich hatte eine Farm in Afrika
. Meryl spielt die Schriftstellerin Karen Blixen, eine wohlhabende Frau, deren adeliger Ehemann von ihrem Geld eine Kaffeeplantage in Afrika kauft und sie schließlich nach Strich und Faden betrügt. Meryl hängt ihr ganzes Herz an die Farm, verschreibt sich mit Leib und Seele dem Land und seinen Bewohnern und verliebt sich schließlich in einen Mann, dessen innere Freiheit noch größer ist als ihre. Als sie von Robert Redford mehr verlangt, als der bereit ist, ihr zu geben, verlässt sie ihn, um sich selbst treu zu bleiben. Am Ende hat sie beinahe alles verloren: ihre Farm. Ihre große Liebe. Aber niemals ihr Selbstwertgefühl.
    Nach etwa drei Vierteln des Films drückte Lolly auf PAUSE . Sie tupfte sich die Tränen weg. «Das war die Zeile, die mir all die Jahre nie aus dem Kopf ging. Wenn Meryl sagt, immer wenn sie glaubt, nach allem, was sie durchgemacht hat, nach allem, was sie verloren hat, keinen einzigen Augenblick Schmerz mehr ertragen zu können, dann denkt sie daran, wie schön es einmal war, und wenn sie sicher ist, dass sie’s nicht mehr aushalten kann, macht sie noch einen Moment weiter, und dann weiß sie, dass sie fähig ist, alles zu ertragen.» Lollys Lächeln schien aus weiter Ferne zu kommen. «Genauso ist es.» Sie drückte wieder auf PLAY .
    «Hier sitze ich und heule», sagte
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