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Der Schwimmer: Roman (German Edition)

Der Schwimmer: Roman (German Edition)

Titel: Der Schwimmer: Roman (German Edition)
Autoren: Zsuzsa Bánk
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Schimpfen, ein Bellen, und liefen dann weiter über vereiste Felder, spielten Rutschen und Fallen, wie wir es nannten, und schubsten und stießen uns, um zu rutschen und zu fallen. Wer elfmal fiel, hatte verloren, aber wenn Isti fiel, rief er, es zählt nicht, fand Ausreden, warum nicht, und stellte neue Regeln auf, wie es ihm paßte. Er sagte, wenn ich gleich zweimal hintereinander falle, zählt das zweite Mal nicht, oder: du darfst mich nicht stoßen, wenn ich nach dem Aufstehen noch keine zwei Schritte gegangen bin, und so redete er, bis ich erklärte, so spielen wir nicht, und dann erwiderte Isti, gut, wenn du willst, hast du gewonnen.

    Isti versuchte, das Eis mit seinen Absätzen zu zerhakken, er stieß Muster ins Eis, kleine Splittermuster, denen er Namen gab, und jedesmal wenn wir wieder an ihnen vorbeiliefen, nach Stunden oder erst nach Tagen, sagte er ihre Namen, die er nicht vergaß, weil die Muster im Eis für ihn genauso aussahen, wie er sie nannte: Lok, Drachen, Schiff. Wenn Schnee gefallen war und Isti sie nicht mehr finden konnte, schimpfte er, sie haben meine Bilder geklaut, der Schnee hat meine Bilder geklaut, und er glitt übers Eis, über den Schnee, schob ihn mit Füßen und Händen beiseite, manchmal über Stunden, ohne davon müde zu werden, bis ich ihm zurief, es war nicht hier, es war woanders, und dann wandte sich Isti zu mir und hob Schultern und Arme, als wolle er fragen, was soll das, wo sind sie, sag es mir.

    Jetzt, wenn wir bei Zsófi saßen, vor dem Ofen, mit Blick auf Jenős Bild, unter uns die weißen Federn, vor uns das Fenster, dahinter der fallende Schnee, Pista, der durch den Garten lief, mit meinem Vater, beide rauchend, wenn sie stehenblieben, redeten, ohne den Schnee zu bemerken, den Rauch in die Luft stießen - dann hatte ich das Gefühl, wir lebten auf einem Kreisel, auf seiner Spitze, dort, wo man ihn dreht und losläßt, und wir, wir drehten uns mit ihm, immer auf der einen Stelle, immer unter demselben Himmel. Es lag nicht daran, daß wir bei Zsófi waren, hier, in ihrer Küche, umgeben von Eis, von Splittermustern darin und von Schnee, der sie bedeckte. Es lag daran, daß Jenő nicht mehr da war und ich auf irgendeine Art wußte, warum.

Isti.
    Isti sagte mir, er sei froh, nicht länger mit Anna über die einzige große Straße von Miskolc laufen und nicht mehr jeden Satz mit Verzeihung anfangen zu müssen, wo es doch nie etwas zu verzeihen gab. Er war glücklich, in Flußnähe zu sein, und wenn wir über die Felder liefen, tat er so, als könne er den Fluß hören, als könne er ihn riechen, sog die Luft durch die Nase ein und sagte: Wasser, Kata, ich rieche es: Flußwasser. Zsófi hatte uns verboten, zum Fluß zu gehen. Sie sagte, das Eis auf dem Wasser sei zu dünn, wir dürften zum Spielen nicht dorthin, und ich weiß nicht, warum ich glaubte, Isti würde sich daran halten, er würde nicht dorthin gehen - ich glaubte es einfach.

    Isti war übers Eis gelaufen, vielleicht gesprungen, ein Stück unter seinen Füßen hatte sich gelöst und war mit Isti wenige Meter den Fluß hinabgetrieben, bis es auseinanderbrach - jemand von der Zugstation hatte es Zsófi später so erzählt. Wie ein Pinguin, hatte man gesagt, und als Zsófi es uns erzählte, schimpfte Pista, Kinder treiben nicht auf einem Stück Eis übers Wasser, nicht in unserer Gegend, wer behauptet das. Eine Fremde hatte Isti gefunden. Auf ihrem Rad war sie gefahren, am Fluß entlang, und hatte ihn entdeckt, auf einem Steg, hinter ein, zwei Büschen, die dunkel und kahl waren um diese Zeit des Jahres. Zuerst hatte sie ihn für etwas gehalten, das die Angler im Herbst vergessen hatten, eine Tonne, eine Kiste, in die sie ihre Schnüre und Netze legten, aber dann hatte Isti sich bewegt. Er hatte seine Hände durch den Schnee geschoben, der Schnee war vom Steg aufs Eis gefallen, und die Fremde war von ihrem Fahrrad gestiegen, hatte es in den Schnee kippen lassen, wo seine Räder weiterdrehten, und war zum Ufer gelaufen, zu Isti, der dort in nassen Kleidern saß und auf den Fluß schaute, dahin, wo er nicht zugefroren war, auf die Wellen zwischen dem Eis, das die Zweige und das Schilf festhielt. Es sei sonderbar gewesen, sagte die Frau später, dieser Junge habe nicht gefroren - trotz der Kälte, trotz seiner nassen Kleider.

    Sie hatte auf ihn eingeredet, bis sie schließlich glaubte, er höre nicht, dann hatte sie angefangen, mit den Händen zu reden, ihm Zeichen zu geben, hatte ihn gepackt, hochgezogen, und Isti
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