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Der Schwimmer: Roman (German Edition)

Der Schwimmer: Roman (German Edition)

Titel: Der Schwimmer: Roman (German Edition)
Autoren: Zsuzsa Bánk
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hielten die Handflächen nach oben, und schauten hoch, in den Regen, der anfing zu fallen, auf die Dächer ringsum, die Kirche, die Bäume, die Steine und auf sie. Als Kálmán sein Hemd auszog und es um ihre Schultern legte, ließ sie es geschehen, und als der Regen wenig später anfing zu peitschen, sagte sie zum ersten Mal, er dürfe sie nach Hause bringen. Und dann liefen sie an den Feldrainen entlang, über die Straße, die noch warm war, mit den Schuhen in ihren Händen. Den Bus hatten sie nicht nehmen wollen, nicht jetzt, lieber stellten sie sich in den Dörfern unter, um wieder zu Atem zu kommen, unter einem Baum, einem Dach, in einem Tor, und ringsum öffnete man die Türen, kam aus den Häusern und den Höfen gelaufen, hinaus auf die Straße, um den Regen zu sehen, wie etwas, das man nicht kannte, etwas, das fremd war, von dem man nicht wußte, wie es fällt und klingt, und irgendwer rief, seht nur, wie es regnet, endlich - endlich regnet es.

    Später standen sie am Tor, in nassen Kleidern, die an ihren Körpern klebten, ihre Schuhe in den Händen, nicht bereit, sich zu verabschieden, trotz des fallenden Regens, und weil er es ablehnte, sie so, mit schmutzigen Füßen, im Unterhemd, ins Haus zu begleiten, rief sie, Mutter, kommen Sie bitte, hier ist jemand, der den Regen gebracht hat, und unsere Großmutter öffnete die Tür, lief mit einem Schirm über den Hof, schaute unseren Vater an, wie er dort stand, vor dem Tor, in seinem klebenden Unterhemd, mit nackten Füßen, und sagte, danke, daß Sie den Regen gebracht haben, Gott segne Sie, und sie sagte es so, als sei unser Vater jemand, der in diese Gegend gekommen war, um Regen zu bringen, als könnte er das, als könnte das irgendwer, Regen bringen. Unsere Mutter stellte ihn vor, sie sagte, das ist Kálmán, Velencei Kálmán, und sie erklärte, bald werde auch sie so heißen, Velencei nämlich, Frau Velencei Kálmán Várhegyi Katalin, und dann wiederholte sie diesen Namen, immer wieder, diesen langen Namen, mit zweimal V und zweimal K, als wolle sie ihn einüben, als wolle sie hören, wie er klinge, ob so wie in ihrer Vorstellung, und unserem Vater gefiel es, wie sie ihn erst verknüpfte, diesen neuen Namen, und dann in die Welt setzte, als habe sie auf nichts anderes gewartet, als diesen Namen zu sagen, hinein in diese Nacht und diesen Regen, der immer noch fiel. Kálmán mochte es, wie sie ihn betonte, ihren neuen Namen, so, wie nur sie die Worte betonte, und jetzt, da Anna es erwähnte, erinnerte ich mich, wie sie die Worte betont hatte, anders als unser Vater, als wir, als alle anderen im Dorf und in den nächsten Dörfern.

    Kálmán war ohne Eile durch den fallenden Regen zurückgegangen, diesmal über die Felder, wo die nasse Erde an seinen Füßen und Hosen haftenblieb. Irgendwann war er stehengeblieben, um zurückzuschauen, auf das Haus, auf das Tor, an dem er soeben noch gestanden hatte, und er hatte gesehen, wie die Lichter im Haus an- und wieder ausgingen, bis auf eines, und er hatte gewußt, er würde nicht mehr zurückkehren in sein Dorf, er würde hier bleiben, ohne Anna, ohne Haus, ohne Hof und ohne Fluß, in dem er würde schwimmen können, und es störte ihn nicht, es war ihm gleich, jetzt, da er daran dachte.

    Unsere Mutter ließ ihr Haar für ihn wachsen, ohne daß er danach gefragt hätte, und schließlich gab sie zu, ihn schon am ersten Tag bemerkt zu haben, schon am allerersten Tag, und jetzt sagte Anna, es sei ein Fehler gewesen, das zuzugeben. Er war ihr aufgefallen, als er am Gleis gestanden hatte, und dann hatte sie nach ihm gesucht, an jedem weiteren Tag hatte sie mit ihrem Blick nach ihm gesucht. Auch als er den Bahnsteig verlassen und sich erst hinter die Glastür, dann ans Portal und schließlich auf den Vorplatz gestellt hatte, hatte sie ihn gesehen. Sie war in ihren Bus gestiegen, hatte Platz genommen und sich ganz langsam umgedreht, als müsse sie sich dazu zwingen, durchs hintere Fenster zu ihm zu schauen, und als er noch immer dort stand, die Hände tief in den Taschen, den Blick auf den Bus gerichtet, hatte sie gewußt, es war wegen ihr.

    Wenn es das geben könne: Glück, sagte Anna, dann hätte es eine Zeit gegeben, in der ihnen das Glück gehörte, allein ihnen, als habe sich jedes verfügbare Glück einsammeln lassen, als habe es sich anderen entzogen, um allein ihnen zu gehören. Kata habe ihrem Mann die Streichhölzer aus der Hand genommen, sie ausgepustet und den Fleck unter ihrem rechten Auge damit
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