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Der Schluessel von Jirunga

Der Schluessel von Jirunga

Titel: Der Schluessel von Jirunga
Autoren: Joachim H. Schwarz
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auf und ab und auf und ab, er spürte, wie das Blut zirk u lieren wollte, doch offensichtlich nicht richtig fließen konnte, der pochende, zerrende Schmerz steigerte sich noch ei n mal, dass ihm die Tränen aus den Augen schossen und en d lich zog er sich langsam zurück. Bedächtig ebbte die Qual in die Ecke der Ve r gessenheit und Lil stampfte nun gemächlicher, musste aber atmen, wie eine alte Dampflok, da diese Anstre n gung für einen Mann mit seiner nächtlichen Vergangenheit eine dreifache Belastung da r stellte. Sein Kopf war purpurn angelaufen und sein Atem rasselte wie eine alte, rostige Kette , doch der Schmerz ließ endlich nach und er konnte sich auf eine gedämpftere Atemtec h nik konzentri e ren um seinen Körper zu beruhigen.
    Derlei Krampfanfälle hatte er in letzter Zeit häufiger erlebt, da er sich, seit der Trennung seiner Geliebten und dem Verlust seines Arbeitsplatzes, mehr dem A l kohol als dem Leben verschrieben hatte. Die Erinnerung an seine ehemalige Freundin traf ihn, wie ein Rammbock in den Magen. Er verwarf den Gedanken schnell wieder und humpelte ins Bad.
    Sein Spiegelbild schien ihn zu verhöhnen, denn er erblickte ein va m pirähnliches Wesen, oder besser noch, einen Zombie mit blutunte r laufenen Augen und ruß- schwarzen Rändern darunter. Die Haut in seinem Gesicht schien gerade einen Kampf gegen die Schwerkraft auszufechten und womöglich würde sie verlieren, trotz seiner fr i schen dreißig Lenze. Seine Haare standen in alle Richtungen und stellten alles andere als eine Frisur dar. Um Go t tes Willen... was für ein erbärml i cher Anblick .
    Er fühlte sich, als wäre er am Stahlrad einer Dampfwalze festg e schweißt worden und hätte mit ihr fünf Meilen zurückgelegt. Sein Bein schmerzte immer noch und sein Gaumen war ausgetrocknet, wie die Yucca p alme, die im Wohnzimmer stand und seit zwei M o naten kein Wasser mehr gesehen hatte. Irgendwie hatte er das G e fühl, als würde er eines langsamen Todes sterben, sein Blut würde kriechend zu einem zähen Brei werden, so das sein Herz nicht mehr in der Lage war, diesen Brei auch nur einen Meter transportieren zu können. Durch diesen Tatbestand wäre sein Mund nicht mehr in der Lage, Speichel zu produzieren, sondern stattdessen einen ebenso zähen Püree, der sich auf seine Ate m wege legte, wie ein schleimiger Film, der ihm eine Atemnot b e scherte, die ihn an den Rand des Wahnsinns brachte. Er wandte sich von seinem Spiegelbild ab und beugte sich zum Wasserhahn hinunter, drehte ihn auf und spülte se i nen Mund so kräftig aus, als wäre er vergiftet worden und würde um sein Leben spülen.
    Mit wackligen Beinen und schmerzendem Kopf spürte er lan g sam die altbekannten Lebensgeister einkehren. Er fühlte, wie sie sich e i nen Weg durch seinen Körper bahnten und seine Geister und Däm o nen weckten, auf das seine Beine ein wenig ruhiger zitterten. Dann betrachtete er sich erneut im Spiegel.
    Sein braunes Haar war schrecklich durcheinander und seine bra u nen Augen waren von zerplatzten, blutigen Äderchen zerfurcht. Seine pickelvernarbte Haut (herrü h rend aus einer pubertären Qual seiner vergangenen Jugend) sah alt und ledern aus und seine einst so ansehnlichen Muskeln wirkten schlaff und m ü de.
    Hier stand Lil, der Loser, der einst ein Gewinner war , d er eine schöne Frau an seiner Seite wähnte und ein gutes Gehalt genoss. Lil, der vor wenigen Monaten alles verloren hatte und heute nichts als ein arbeitsloser Säufer war, der schon bald am Ende der Gosse angelangt sein würde... Was für eine Nacht...
    Dann endlich blickte er auf die wasserdichte Badezimmer-Radio-Uhr, die an einem Haken neben dem Waschbecken hing und er e r starrte. Dieser dämliche Wecker musste falsch laufen, oder? Er zeigte immerhin eine völlig abstruse Zeit an.
    02:19 Uhr
    Konnte das sein? Seinen schwach wiederhergestellten grauen Zellen zufolge, war er bei Sonnenaufgang aus der Bar geko m men. Wenn man bedachte, dass er den doppelten Heimweg ei n kalkulieren musste (besoffenes Zick zack Laufen verlä n gert die Wege mindestens um das Doppelte), dann müsste er gegen sieben Uhr morgens im Bett gewesen sein. Demzufolge hätte er 19 Stunden geschlafen. Plus – Minus zwei Stunden, denn sein G e hirn konnte keine Zeiten mehr genau definieren, die nach gestern Abend 23:00 Uhr gelegen hatten. Also hatte er wenigstens 17 Stunden gepennt, wie eine Leiche.
    Der ganze, kalte Weihnachtssamstag war also völlig vertan.
    Jetzt erkannte er den Grund für den
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