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Der Schlitzer

Der Schlitzer

Titel: Der Schlitzer
Autoren: Jason Dark
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auch ich mich so verhalten und mein eigenes Ich allmählich verlieren? Würde ich zu einem Teil des Ganzen werden und die Bewußtseinsspaltung erleben?
    Zu viele Probleme und Fragen strömten auf mich ein, auf die ich leider keine Antwort wußte.
    Deshalb blieb ich stumm.
    Die Dunkelheit war begrenzt, allein deshalb, weil auch der Tank Grenzen aufwies. Dennoch entstand für mich der Eindruck, als wären die Grenzen dabei, sich aufzulösen und einfach wegzufließen. Irgendwohin zu segeln, in eine Ferne, in der es keine Hindernisse und Barrieren mehr gab und ich innerhalb der Grenzen mitschwamm.
    Weg von hier…
    Hineintauchen in die anderen Welten, in die Schwärze, in die Unendlichkeit.
    Es mochte an der Sulfatlösung des Wassers liegen, daß ich immer stärker den Eindruck einer Befreiung bekam. Ich lag zwar auf dem Wasser, spürte nur keinen Widerstand und kam mir vor, als wäre ich bereits weit, weit unterwegs.
    Hineintauchen ins Nirgendwo, ins Nirwana. Nichts mehr von der normalen Erde zu hören, zu sehen, etwas völlig Neues zu erleben, einfach grenzenlos zu sein.
    Ich erschrak über mich selbst, denn ich stand bereits an einem dieser schlimmen Grenzpfähle und verlor die Kontrolle über den eigenen Körper. Verdammt, das durfte nicht sein.
    Zum Glück stieß mich in diesem Augenblick Freeman an, weil er etwas von mir wollte.
    Er sprach mich an, und seine Stimme kam mir futuristisch vor. So dumpf und gleichzeitig hallend, als hätte sie seinen Körper bereits verlassen, was natürlich Unsinn war. »Na, habe ich dir zuviel versprochen? Wie fühlst du dich?«
    »Normal.«
    Das nahm er mir nicht ab. Ich hörte ihn leise lachen. »Nein, du lügst, du fühlst dich nicht normal. Keiner bleibt hier normal. Es sei denn, er ist ein Übermensch, doch das ist bei dir nicht der Fall. Du merkst garantiert, daß hier einiges anders ist. Es würde sonst alle meine Pläne zerstören. Du spürst die Ruhe, diese unendliche Ruhe. Die Einsamkeit, die den Menschen aber nicht verlassen macht, sondern ihm Chancen eröffnet. Du kannst dich wieder ganz mit dir selbst beschäftigen. Du schaust in Welten hinein, die du nie zuvor gesehen, geschweige denn erlebt hast. Dich überfällt eine kaum zu beschreibende Ruhe. Es ist die perfekte Stille und auch die perfekte Stimulanz für dein neues Leben, die dich nicht mehr losläßt. Kannst du es nachvollziehen? Bist du bereit?«
    Seine Worte hatte ich vernommen. Zuerst sehr deutlich, sehr nah. Dann jedoch war ein seltsames Phänomen bei mir eingetreten. Ich hörte seinen Erklärungen zwar zu, doch seine Sätze ebbten immer mehr ab, sie verschwanden wie in einer unendlichen Ferne, als wären sie weit hinein in das All getragen worden, wobei mir gleichzeitig der Vergleich zu einem Hypnotiseur einfiel, der mit seinem Patienten sprach und für den sich die Stimme des Meisters immer mehr verlor und ihn schließlich aus einer großen Entfernung erreichte.
    Ich war so ungewöhnlich leicht geworden. Dabei merkte ich nicht einmal, daß ich im Wasser lag. Mein Körper schien über der Oberfläche zu schwimmen, ich wurde von der Luft getragen, und ich kam mir vor, als hätte sich der Geist bereits gelöst.
    So schnell schon? Nach dem ersten Versuch? Diese Gedanken erfaßte ich noch klar, bevor sie wieder verschwammen. Und trotzdem suchte ich nach Vergleichen. Dabei erinnerte ich mich an meine Zeitreisen und auch das das Phänomen der Teleporter, die es geschafft hatten, einen Körper aufzulösen und ihn wieder zusammenzusetzen. Das alles schoß mir trotz der Leichtigkeit durch den Kopf, aber ich kam leider zu keinem Resultat.
    Nichts, gar nichts war mir dabei vergönnt. Ich war und blieb ein Gefangener meines neuen Schicksals, und es war unmöglich für mich, wieder so zu werden, wie ich einmal gewesen war.
    Es gab keine Enge mehr. Auch die Schwärze hatte sich in gewisser Hinsicht aufgelockert. Ich flog und floh durch Räume, die ich körperlich nicht mehr erfaßte. Ich war mehr Geist, ich spürte den Körper nicht und konzentrierte mich vergeblich auf das Schlagen des Herzens. Hatte sich das Bewußtsein tatsächlich gelöst?
    »Eine Ruhe, eine wundersame und wunderbare Ruhe überkommt dich!«
    Wieder vernahm ich Freemans Stimme. Sie erfaßte mich wie ein Schmeicheln, hüllte mich ein, so daß ich nur mehr diese eine Stimme hörte und sonst nichts mehr.
    Ich trieb dahin…
    Ich konnte auch sehen. Die Finsternis war nicht mehr so dicht. Irgend etwas zeichnete sich in ihr ab, mit dem ich nicht fertig wurde.
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