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Der Schlangenmensch

Der Schlangenmensch

Titel: Der Schlangenmensch
Autoren: Stefan Wolf
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sagte Gaby zu Anke:
„Ich wußte gar nicht, daß du’s ihm schon erzählt hast.“
    Langsam schloß Anke den Mund.
„Nein! Wann sollte ich denn?“
    Tarzan grinste. Mindestens 26
seiner kerngesunden Zähne wurden sichtbar. Er griff in die Tasche und zog einen
blaurotkarierten Stoffetzen hervor, in den ein Stück Silberkettchen gewickelt
war.
    „Das habe ich dem Blonden
abgerissen, als ich ihn gerade noch am Kragen erwischte.“
    Es fragt sich, wessen Augen
größer und runder wurden: die kornblumenblauen von Gaby oder die rehbraunen von
Anke.
    „Das... das... du ..stotterte
Anke.

    „Du bist der Radfahrer?“ Gaby
bewegte ein paarmal die Lider.
    „Heimkehrend in stockfinsterer
Nacht“, lachte Tarzan.
    „Es war so soßendick dunkel,
Anke, daß ich deinen Vater nicht erkannt habe. Nur das Haar des Räubers
schimmerte wie ein vergoldetes Riesenglühwürmchen. Aber das Wichtigste: Ich
weiß genau, daß sich der Überfall zwischen halb elf und Viertel vor elf
abspielte. Damit, Anke, hat dein Vater sein Alibi. Er kann nicht gleichzeitig
dort und in Siebenkirchen gewesen sein.“
    Er hatte nicht vermutet,
wieviel Temperament in dem schmächtigen Mädchen steckte.
    Anke hopste senkrecht in die
Höhe, tanzte jubelnd im Hof herum, lachte übers ganze Gesicht und umarmte Gaby
immer wieder.
    Eigentlich hätte Tarzan das
zugestanden. Aber das getraute sich Anke nicht. Schon gar nicht, da alle Welt
Gaby für seine Freundin hielt.
    „Tarzan!“ rief Anke, während
sie Gaby umarmte, „du bist der Retter in der Not. Nein, ist das herrlich! Jetzt
kann nichts mehr passieren. Das müssen wir gleich... Ja, was denn?“
    „Ich hätte ohnehin
vorgeschlagen“, sagte Gaby, die sich ebenso freute, „daß wir meinen Papi
einschalten. Er hat zwar mit diesem Fall nichts zu tun. Aber er und Kommissar
Reichart kommen als Kollegen gut miteinander aus.“
    „Ist er zu Hause?“ erkundigte
sich Tarzan.
    Nickend deutete Gaby zur
Wohnung hinauf. „Er brütet über irgendwelchen Akten.“
    „Hast du schon daran gedacht“,
sagte Klößchen zu Tarzan, „daß Ankes Vater seinerseits den Zwischenfall im
Klostertaler Park bestätigen kann. Damit hat der Giftzwerg Böckler das
Nachsehen.“
    „Stimmt!“ Er erklärte den
Mädchen, worum es ging. Dann gingen sie zur Wohnung hinauf, wo Tarzan von
seinem Freund Oskar, Gabys schwarzweißem Cocker-Spaniel, mit Freudengeheul
begrüßt wurde.
    Das war jedesmal so, denn Oskar
war in Tarzan vernarrt und leckte wie wild mit langer Zunge. Schwanzwedelnd
begrüßte er dann auch Anke und Klößchen.
    Kommissar Glöckner saß am
Schreibtisch.
    Er war ein großer, kerniger
Mann von 43 Jahren. Er hatte schütteres Haar und warmherzige Augen, in denen
meist ein forschender Ausdruck lag. Genaues Beobachten gehörte bei ihm zur Gewohnheit.
Eine Berufskrankheit, wie er sagte. Tarzan, Karl und Klößchen verstanden sich
prächtig mit ihm. Und Gaby pflegte öfter zu sagen, er sei der tollste Papi der
Welt.
    Anke, die er noch nicht kannte,
wurde ihm vorgestellt. Aber als er den Namen Dürrmeier hörte, war er sofort im
Bilde.
    Anke wollte berichten, in
welchen Verdacht ihr Vater geraten sei — aber Herr Glöckner sagte: „In etwa hat
mich Kollege Reichart darüber informiert, als ich heute morgen mal kurz im
Präsidium war. Dein Vater hat kein Alibi, nicht wahr?“
    „Doch!“ rief Anke. „Jetzt hat
er’s. Durch Tarzan. Und wir wollten Sie bitten...“
    Dann mußte Tarzan erzählen.
    Schmunzelnd meinte Herr
Glöckner schließlich: „Da warst du wiedermal zur richtigen Zeit — trotz deiner
Verspätung — am richtigen Ort. Für deinen Vater“, wandte er sich an Anke,
„freut mich das sehr.“
    Er griff zum Telefon, rief
seinen Kollegen Reichart an und teilte mit, daß der verdächtige Günther
Dürrmeier jetzt völlig entlastet sei.
    Als er auflegte, konnte er
sagen: „Alles klar, Anke. Nachher schon ist dein Vater wieder zu Hause. Jetzt
wird sich Kollege Reichart um diesen Priewe und dessen Alibi-Geber kümmern.
Reichart ruft auch sofort deine Mutter an, damit sie sich nicht länger grämt.“
    Anke dankte mit Tränen in den
Augen. Aber als die Kinder dann die Glocknersche Wohnung verließen, war das
Mädchen froh wie seit langem nicht mehr.
    Sie gingen wieder auf den Hof,
um dort auf Karl zu warten. Jetzt war Oskar dabei. Er jagte die Sperlinge, kam
aber immer um mehrere Hundenasenlängen zu spät.
    Die Gefiederten zahlten ihm die
Belästigung heim. Sie saßen auf der Mauer und in den Zweigen der
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