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Ein Hauch von Seele

Ein Hauch von Seele

Titel: Ein Hauch von Seele
Autoren: Sandra Gernt
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    Ein Hauch von Seele
    von
    Sandra Busch und Sandra Gernt
     
    Prolog
     
    In einem entlegenen Winkel der Civitas Diaboli klirrten alte, schwere Ketten, als der Gefangene den Kopf hob. Das Kratzen seiner Klauen auf dem rauen Stein kündigte stets seinen Besuch an, der von dem Menschen teils erwartungsvoll, teils voller Furcht erwartet wurde. Tag für Tag, Jahr für Jahr … Taznaks Schuppen rieben leise übereinander, als er sich zu dem Gefesselten hinabbeugte, um ihn prüfend anzusehen. Er wusste, dass er mit den riesigen Schwingen, den langen widderartigen Hörnern und der Reptilienschnauze eine angsteinflößende Erscheinung bot. Zumindest in den Augen eines Menschen. Für einen Bewohner der Hölle war er ein fesches Exemplar der Gattung Dämon.
    „Karl, geht es dir gut?“, fragte er und gab sich dabei Mühe, seiner Stimme einen mitfühlenden Klang zu geben. Immerhin hoffte er, dass Karl eine plötzliche Sinneswandlung durchlebte und ihn mit einer Antwort überraschte, auf die er seit langer, langer Zeit wartete. Daher stellte er die Frage nach dem Wohlbefinden seines Gefangenen an jedem einzelnen Tag. Menschen waren höflich zueinander. Das konnte er auch – wenn er sich anstrengte.
    „Den Umständen entsprechend“, antwortete Karl mit müder, dumpfer Stimme. Ebenfalls wie jeden Tag.
    „Glaubst du, dass du mich heute lieben kannst?“ Mit der Klaue streichelte er behutsam Karls eingefallene Wange. Er musste schon zugeben, dass sein Gefangener  im Laufe der Jahrzehnte irgendwie an Frische verloren hatte. Ob das an der schwefelhaltigen Luft lag?
    „Ich habe dich gestern nicht geliebt, ich liebe dich heute nicht und auch morgen werde ich dich nicht lieben“, erklärte Karl zu Taznaks Leidwesen.
    Er stieß ein enttäuschtes Knurren aus.
    „Drei Seelen habe ich heute verschlungen. Es muss doch eine dabei sein, der du dein Herz schenken kannst.“
    „Es sind gestohlene Seelen. Ich leide mit deinen Opfern, Taznak.“
    Karl selbst litt unter seinem Aufenthalt in der Hölle. Das war Taznak natürlich auch bewusst. Doch wo sonst hätte er einen Gefangenen sicher unterbringen können?
    „Du musst zugeben, Karl, dass ich mit dir außerordentlich geduldig bin. Offenbar kannst du mich ohne Seele nicht lieben und mit Seelen ebenfalls nicht. Ich werde dich morgen noch einmal fragen.“ Ein letztes zärtliches Streicheln, wobei er seine Klauen sehr vorsichtig bewegte. Dann ließ Taznak den erbärmlichen Menschen allein.

Kapitel 1
     
    I’m singing the blues … den Halbdämon-Blues …
     
    Hastig rollte Zedrik seinen Schlafsack zusammen und stopfte ihn in die unterste Schublade seines Schreibtischs, um anschließend sein zerknittertes Hemd zu richten. Um ein Haar hätte er verschlafen. Gleich würde Jeremy zum Dienst erscheinen und er sollte nicht merken, dass Zedrik wieder eine Beziehung in den Sand gesetzt hatte. Die fünfte innerhalb dieses Jahres – und sie hatten erst Januar.
    Schuld war wie immer sein dämonisches Blut, der Erbteil seiner Mutter, einer Succubus. Er war leidenschaftlich, ja, aber das reichte seinen Lovern nicht. Die wollten alle die große Liebe , und dazu war er nicht fähig. Um zu lieben fehlte ihm eine menschliche Seele, die ihm bei seiner Geburt verwehrt worden war. Wenigstens äußerlich war er von menschlicher Gestalt. Seine dämonische Herkunft konnte man lediglich an seinen sehr hellen grünen Augen erkennen, die eine Kälte ausstrahlten, die die meisten Menschen von vornherein abschreckte. Aus diesem Grund trug er beinahe ständig eine Sonnenbrille.
    So wie sein Partner aussah, dürfte der ebenfalls keinen Mangel an eindeutigen Angeboten leiden. Jeremys very britische Vornehmheit wirkte durchaus anziehend. Sicherlich hatte er ein kleines, verführerisches Häschen auf seiner Bettkante sitzen, das allabendlich auf ihn wartete. Und im Gegensatz zu ihm würde Mr. Perfect seine Beziehung halten können.
    Zedrik suchte die kleine Toilette ihres Büros auf, um sich schnell die Zähne zu putzen. Jeremy war immer pünktlich, eine weitere Tugend auf der langen Liste seines Partners, gleich hinter dem Eintrag Mir fällt alles leicht.
    „Du bist eifersüchtig auf das perfekte Leben deines perfekten Partners“, sagte er zu seinem Spiegelbild, das ihm ein stoppelbärtiges Gesicht und wuscheliges braunes Haar zeigte. Abrupt wandte er sich von dem Spiegel ab, setzte seine Sonnenbrille auf und kehrte ins Büro zurück. Sein Partner hatte sich zwar im Laufe der Zeit an seine Augen gewöhnt, aber
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