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Der Schlangenmensch

Der Schlangenmensch

Titel: Der Schlangenmensch
Autoren: Stefan Wolf
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„wäre es ja das erste Mal,
daß uns eine verschlossene Tür zurückhält.“
    Als er die Jeans ablegte,
geriet ihm ein Knäuel in die Hand. Offenbar ganz in Gedanken hatte er ihn
vorhin in die Hosentasche gesteckt. Es war ein Stück rotblaukarierter Stoff.
Und ein handlanges Teil eines Silberkettchens.
    „Hm. Das habe ich dem Blonden
abgerissen, als er die Kurve kratzte. Aber ein Beweis ist das trotzdem nicht.
Böckler würde sagen, das könnte ich überall herhaben.“ Klößchen prüfte die
Haltbarkeit des Kettchens. „Ziemlich fest. So leicht zerreißt die nicht. Der
Blonde hat jetzt bestimmt eine Schramme am Hals.“
    „Da hast du recht. Aber die
verheilt leider wieder. Wenn mir der Kerl nächste Woche über den Weg liefe,
wäre das Erkennungsmal schon vernarbt.“
    Tarzan ging in den Waschsaal,
duschte und putzte sich — wegen des Zuckergehalts der Coca Cola — besonders
gründlich die Zähne.
    Als er ins ADLERNEST zurückkam,
war Klößchen mit der vierten Tafel Schokolade beschäftigt.
    Tarzan nahm sie ihm weg.
    „Es nützt gar nichts, daß du
einerseits die lebensbedrohlichen Halsschmerzen überstehst, wenn du
andererseits heute nacht platzt. Außerdem sind die Wände hell tapeziert. Wie
sähe das aus — alles voller Kakaoflecke!“
    „Du bist schuld“, jammerte
Klößchen, „wenn ich im Morgengrauen wegen Entkräftung das Zeitliche segne.“
    „Du segnest höchstens deinen
Appetit. Mach jetzt das Licht aus. Gute Nacht!“
    „Gute Nacht!“
    Fünf Minuten später hörte
Tarzan im Einschlafen, wie Klößchen leise aus dem Bett und auf einen Stuhl
stieg, um auf den Schrank hinauf zu greifen, wo er seinen Schokoladenvorrat in
einem großen Karton hatte.
    Unverbesserlich! dachte Tarzan
noch. Dann sank er in tiefen Schlaf.

3. Gott sei Dank! — ein Alibi
     
    Ein sonniger Sonntagmorgen
lächelte durchs Fenster.
    Klößchen saß im Bett, wickelte
den Halsverband ab und sagte, er wäre gesund.
    „Laß mal sehen!“ meinte Tarzan.
    Klößchen öffnete den Mund,
streckte die Zunge heraus und machte: „Aaaaahhhh!“
    „Ich sehe nur Schokolade“,
sagte Tarzan, „bis hoch zu den Mandeln.“
    „Faule Witze! Und meine
Gesundheit interessiert dich überhaupt nicht!“
    Klößchen kletterte aus dem
Bett, schlüpfte in Latschen und Bademantel und begab sich zur Schulschwester,
die darüber entschied, ob jemand krank und bettlägerig oder unterrichtstauglich
sei.
    Da heute Sonntag war, hatte das
Halsweh seinen Reiz verloren.
    Als er zurückkam, war sein
Gesundheitszustand sozusagen amtlich. Die Schwester hätte ihm lediglich zur
Auflage gemacht, stündlich eine halbe Tafel der vorzüglichen
Sauerlich-Schokolade zu sich zu nehmen, damit er wieder zu Kräften käme. Das
behauptete er mit einer Unschuldsmiene.

    Sie zogen sich an und gingen in
den großen Speisesaal, wo es sonntags ganz locker zuging. Wer lieber pennen
wollte, brauchte nicht am Frühstück teilnehmen. Es wurde zwischen acht und neun
ausgegeben, und von den 500 Internatsschülern waren nur ein paar Dutzend da.
    Tarzan, den es bei so
unwichtigen Tätigkeiten wie Nahrungsaufnahme nicht lange hielt, drängte zum
Aufbruch — kaum daß er seine Milch getrunken hatte. Klößchen ließ sich
scheuchen und trottete ergeben zum Fahrradkeller.
    Tarzan wischte den Tau vom
Sattel seines Rennrades, während Klößchen seinen Drahtesel, der ziemlich dick
bereift war, ans Licht holte.
    Es war noch früher Vormittag,
als sie die Landstraße entlang strampelten. Spatzen bevölkerten Bäume und
Felder. Aus den Wiesen stieg Dunst. Vor dem nördlichen Horizont hob sich die
Skyline (englisch = Häusersilhouette, die sich vor dem Himmel
abzeichnet) der Großstadt ab: Hochhäuser, Dom, Fernsehturm,
Kirchturmspitzen.
    „Karl kommt erst später“, rief
Tarzan in den Fahrtwind.
    „Weshalb?“
    „Erst muß er den Hobbyraum in
Ordnung bringen. Der sah aus wie ein Saustall.“
    Sie hatten verabredet, sich bei
Gaby zu treffen. Gemeinsam wollten sie mal wieder in den Zoo, denn während der
langen Wintermonate hatten viele Tiere Nachwuchs bekommen. Zwar waren die
meisten Freigehege wegen zu unterschiedlicher Witterung noch verwaist, aber
umso mehr wurde im Winterquartier geboten.
    Als die Jungs in Gabys Straße
einbogen, kniff Tarzan die Lider zusammen.
    Dann erkannte er, wer da mit
Gaby vor dem Laden stand. Beide Mädchen hatten ihre Räder ans Haus gelehnt. Sie
unterhielten sich. Anke Dürrmeier wandte den Jungs den Rücken zu.
    Auch als die beiden mit
quietschenden
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