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Der Schatz des Störtebeker

Der Schatz des Störtebeker

Titel: Der Schatz des Störtebeker
Autoren: Ronald Gutberiet
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aber stand. Er holte ein zweites Mal aus. Die Klinge sauste hernieder und verursachte nichts weiter als eine zweite Delle.
    »Gottverdammtes Teufelsding!«, fluchte Störtebeker.
    Ein drittes Mal holte er mit dem Schwert aus. Die Schatulle war nun völlig verbeult, aber noch immer geschlossen.
    »Ihr solltet mit etwas mehr Feingefühl an die Arbeit gehen«, sagte Burchard und wunderte sich über seine eigene Kühnheit.
    »Was redest du da?«
    »Wenn Ihr mir Euern Dolch geben wollt.«
    Störtebeker kniff die Augen zusammen.
    »Jedes Ding hat seine Schwachstellen.«
    Der Seeräuber spuckte verächtlich aus. Dann zog er den Dolch erneut heraus und reichte ihn Burchard. Der setzte ihn an den Scharnieren auf der Rückseite an und brach die Schatulle ohne Kraftanstrengung auf. Verblüfft nahm Störtebeker den Dolch wieder entgegen und steckte ihn in den Gürtel zurück. Er leerte den Inhalt der Truhe auf den Tisch. Zwischen einem Häuflein Staub kamen Knochenteile zum Vorschein und ein silbrig glänzendes Schmuckstück.
    »Ist das alles?«
    Der Mönch weigerte sich hinzusehen.
    »Frag ihn, was das ist!«
    Burchard übersetzte die Frage, der Mönch schrieb: »Glaube, Liebe, Hoffnung.«
    Störtebeker schob die Knochenteile beiseite und klaubte die Brosche aus dem Staub. Sie war aus schwerem Silber geschmiedet und stellte eine Hansekogge dar, die mit Symbolen verziert war: einem Kreuz, einem Herz und einem Anker. Der Seeräuber betrachtete sich die Goldschmiedearbeit und wusste offenbar nicht, was er davon halten sollte.
    Unterdessen tauchte der Mönch den Federkiel in das Tintenfass und begann, hastig zu schreiben.
    Burchard übersetzte die lateinischen Worte: »Was überall, immer und von allen geglaubt wird.«
    »Was soll das heißen?«
    »Glaube, Liebe, Hoffnung – Liebe gibt es überall, Hoffnung muss immer da sein, und alle glauben an den einen Gott.«
    Der Mönch schrieb hastig weiter. Burchard las vor: »Dies sind die Reliquien des heiligen Vincentius. Er hat geschrieben, es gelte festzuhalten, was überall, was immer und was von allen geglaubt wurde. Und das Schmuckstück ist die Brosche, die er trug, um seinen Glaubenssatz überall zu verkünden.«
    »Eine Brosche? Nun gut, frag ihn, wo der Rest vom Schatz des heiligen Vincentius ist.«
    Burchard fragte den Mönch und gab die Antwort weiter: »Dies ist das einzig Wertvolle, das das Kloster besitzt.«
    »Nur dies hier?« Störtebeker wiegte das Schmuckstück in der Hand.
    »Nur dies.«
    »Gut.« Blitzschnell hob Störtebeker sein Schwert und durchtrennte den Hals des Mönchs. Eine Blutfontäne spritzte heraus, und der Mönch fiel zu Boden.
    »Wir gehen«, rief Störtebeker, schob Burchard zur Tür hin und hinaus in den Kreuzgang.
    Sie verließen das Kloster, begaben sich auf ihre Schiffe, lichteten die Anker und nahmen Kurs nach Norden. Statt hier vergeblich nach Schätzen zu suchen, konnten sie sich auch wieder daranmachen, den reich beladenen Koggen der Hanse in der Nordsee aufzulauern, hieß es.
    Dank seines forschen Auftretens bei der Schatzsuche im Kloster genoss Jan Burchard jetzt die Achtung von Klaus Störtebeker. Er durfte sich fortan frei an Bord bewegen, fasste mit an und wurde von den Seeräubern respektiert, nicht zuletzt, weil er offenbar alle Sprachen beherrschte und sogar lesen und schreiben konnte.
    Das Leben an Bord war roh und derb. Wenn sie sich nicht aus Langeweile prügelten, sangen sie Lieder, deren gottlose Texte Jan Burchard am liebsten sofort wieder vergessen hätte. Aber nach einiger Zeit begann er mitzusingen. Prügeln musste er sich nicht, denn er stand unter dem besonderen Schutz des Anführers.
    Nur einmal auf ihrem langen Weg nach Norden kreuzten sie den Kurs eines Konvois von Handelsschiffen. Es waren Engländer mit Bombarden an Bord. Nach einem dröhnenden Schuss aus einem Kanonenrohr vor den Bug der Störtebeker-Kogge drehten die Piraten, fluchend und wilde Beschimpfungen und Drohungen ausstoßend, ab. In den nächsten Tagen häuften sich die Prügeleien an Bord, ein Streithahn wurde durch einen Messerstich tödlich verletzt.
    Störtebeker entschied, dass die drei Beuteschiffe sicher in den heimischen Hafen gebracht werden sollten. Doch drei Unteranführer, Michael Gödeke, Arnd Stuke und Nikolaus Milies gelüstete es nach weiteren Beutezügen. Sie setzten sich ab und steuerten Helgoland an, um von dort aus hansischen Schiffen aufzulauern. Vorher wurde vereinbart, die bereits erbeuteten Güter auf dem Marktplatz von Marienhafe zum
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