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Der Schatz des Störtebeker

Der Schatz des Störtebeker

Titel: Der Schatz des Störtebeker
Autoren: Ronald Gutberiet
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Hals zu ziehen.
    Jan Burchard richtete sich auf, als der Schlächter des Kapitäns vor ihn hintrat. Der Pirat, in dessen struppigen Barthaaren Geifer hing und aus dessen verfilzten Haupthaar Blut tropfte, stand schnaufend da, starrte ihn aus glasigen Augen an und holte mit dem Schwert aus. Er schwankte. Offenbar hatte der Kapitän ihn verwundet. Burchard hob seinen Schild und wehrte einen Schlag ab. Eisen klirrte auf Eisen. Der Pirat tapste einen Schritt nach vorn und holte erneut aus, träge, als sei es eine ungeheure Anstrengung. Burchard erinnerte sich an sein eigenes Schwert. Er umgriff es fest und wehrte damit einen weiteren Schlag ab. Dann ließ er es von links nach rechts sausen und schlitzte seinem Gegner den nackten Bauch auf, der unter seiner halb geöffneten Jacke hervorschaute. Der Verletzte schnaubte und schwang erneut das Schwert. Burchard hob abermals den Schild und hielt auch dem nächsten Schlag stand. Dann hieb er das Schwert durch die Luft, brachte den Piraten aus dem Gleichgewicht, worauf der strauchelte und über eine Taurolle rücklings zu Boden ging. Ohne recht zu wissen, wie ihm geschah, stand Burchard plötzlich über ihm, den Schwertknauf mit beiden Händen umklammert, die Klinge nach unten gerichtet, und stieß zu. Die Klinge drang dem Unhold in die Kehle und nagelte ihn auf die Planken.
    Jan Burchard sank erschöpft zur Seite und nahm kaum noch wahr, dass er im Fallen von einem Knüppel getroffen wurde, und verlor das Bewusstsein.
    Als er wieder aufwachte, lag er zwischen den Überlebenden seiner ehemals stolzen hanseatischen Kogge. Die Hände hatte man ihm auf den Rücken gebunden. Mühsam schaffte er es, sich aufzurichten, und sah mit den anderen stumm zu, wie die siegreichen Piraten die Leichen der Erschossenen, Erstochenen und Erschlagenen über Bord warfen. Sie verzogen keine Miene und machten keine Unterschiede. Ob eigener Mann oder getöteter Feind, es war ihnen gleich. Sie hielten nicht einmal inne, um einem Toten die letzte Ehre zu erweisen, und auch Gebete wurden keine gesprochen: Sie räumten überflüssigen Ballast beiseite. Zurück blieben die Blutlachen, die auf den Decksplanken langsam eintrockneten.
    Als ihre Arbeit getan war, hockten sich die wilden Kerle hin, um sich auszuruhen. Jan Burchard hob den Blick. Soweit er erkennen konnte, ging es auf den anderen Schiffen ähnlich zu. Er blickte auf seine Mitgefangenen. Viele waren es nicht. Er spürte den Blick eines Mitgefangenen auf sich.
    »Was werden die jetzt mit uns machen?«, fragte er ahnungsvoll.
    »Umbringen werden sie uns alle.«
    »Um Gottes Willen…«
    »Ja, wir können nur noch beten… es sei denn…«
    »Es sei denn?«
    »Wir schließen uns ihnen an.«
    Jan Burchard zuckte zusammen. Was für ein Gedanke.
    »Oder sie behalten einige von uns zurück, um Lösegeld zu erpressen.«
    »Lösegeld?«
    »Vielleicht will ja jemand etwas für dich bezahlen, mein Junge.«
    »Schnauze!«, brüllte ein Pirat und trat nach ihnen. »Da kommt unser Anführer! Kopf runter! Ihr sollt im Dreck vor ihm kriechen!«
    Jan Burchard senkte den Kopf. Aber er war neugierig und schielte verstohlen in die Richtung, in die nun alle Seeräuber blickten.
    Ein bärtiger Hüne in einem zotteligen Wams mit einem weiten Umhang und einer unförmigen Mütze auf dem Kopf stieg an Bord. Er trug hohe Lederstiefel und einen breiten Gürtel, in dem ein kurzer Dolch steckte.
    Er ging die Reihe der Gefesselten ab. Die Gefangenen blickten größtenteils zu Boden, manche warfen dem Seeräuber flehende Blicke zu.
    »Gott sei uns gnädig«, murmelte der Mann neben Jan Burchard. »Wir sind verloren. Das ist Störtebeker!«
    »Wer?«
    »Klaus Störtebeker, der grausamste aller Piraten.«
    Jan Burchard stockte der Atem.
    »Heda! Maul halten!«, brüllte einer.
    Jan Burchards Nebenmann duckte sich. Aber da stand der Anführer der Bande schon vor ihm und lachte böse.
    »Hast du nicht eben meinen Namen genannt?«
    Der Angesprochene zitterte am ganzen Körper. Er traute sich nicht, den Kopf zu heben.
    »Packt ihn und weg mit ihm!«
    Zwei Piraten traten zu dem Unglücklichen und fassten ihn unter. Der Mann begann, zu strampeln und zu flehen. Das Flehen wurde zu einem erbärmlich schrillen Kreischen, als sie ihn zur Bordwand schleiften. Dann war er auf einmal still. Die Männer hoben ihn hoch und schleuderten ihn ins Meer. Ein trockenes Klatschen auf der Wasseroberfläche, und es war vorbei.
    Jan Burchard spürte eine unbändige Wut in sich hochsteigen. Er starrte dem
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