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Der Schatz des Störtebeker

Der Schatz des Störtebeker

Titel: Der Schatz des Störtebeker
Autoren: Ronald Gutberiet
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Verkauf feilzubieten.
    Damit alles mit rechten Dingen zuging, musste Jan Burchard im Beisein aller Unteranführer die Liste der geladenen Güter der drei Hansekoggen verlesen. Zu diesem Zweck versammelten sich die Männer in Störtebekers Verschlag im Achterkastell des »Roten Teufels«. Bei der von den Seeräubern erbeuteten Ladung handelte es sich vor allem um Kupfer, Eisen und Holz. Diese Rohstoffe hatten die Hamburger gegen mit Wein gefüllte Fässer eintauschen wollen. Nachdem Jan Burchard die Bestandsaufnahme beendet hatte und die Anführer über den Geldwert der Waren zu spekulieren begannen, fiel sein Blick auf die kleine silberne Hansekogge mit den Symbolen, die Glaube, Liebe und Hoffnung bedeuteten. Sie lag achtlos hingeworfen auf einer roh gezimmerten Kiste.
    Burchard nahm sie in die Hand und betrachtete sie interessiert.
    »He!« Störtebeker war auf ihn aufmerksam geworden.
    »Wer dies Ding wohl angefertigt hat – und zu welchem Zweck?«, murmelte Burchard.
    »Her damit!« Störtebeker nahm ihm die Brosche ab und hielt sie sich schließlich an sein zotteliges Wams. »Wie macht man das fest?«
    »So.« Burchard zeigte es ihm.
    Der Pirat stand auf und warf sich in die Brust, um die Brosche seinen Kumpanen zu zeigen.
    Alle lachten laut. Nur Jan Burchard nicht. Er konnte sich für die Brosche mit den christlichen Symbolen keinen unpassenderen Platz vorstellen als die Brust dieses Rohlings.
    Im Ärmelkanal wurde Störtebekers Konvoi kurzzeitig von einigen holländischen Schiffen verfolgt, die aber abdrehten, als sie bemerkten, dass sie es mit einer Übermacht zu tun hatten. Schließlich erreichten sie die friesische Küste und steuerten die Leybucht an. Je mehr sie sich den heimatlichen Gefilden näherten, umso ausgelassener wurden die Seeräuber. Jan Burchard, der nichts Gutes von der Piratenhochburg Marienhafe erwartete, war der Einzige, der nicht mit glänzenden Augen die Küstenlinie beobachtete. Er hatte schon so einiges über das raue Volk der Friesen und ihre barbarischen Häuptlinge gehört, die Störtebeker und den anderen Vitalienbrüdern Unterschlupf und Schutz gewährten. Nicht wenige kostbare Güter, die auf hansischen Märkten verkauft werden sollten, waren in diesem Piratennest gestapelt worden. Die Ostfriesen hatten deshalb den Zorn aller Hanseaten, besonders aber den der Hamburger auf sich gezogen, weil sie mit ihren Machenschaften deren Wohlstand bedrohten.
    Wenn es mir gelingen könnte, von hier aus zu flüchten, nachdem ich mich genauestens umgesehen habe, überlegte Jan Burchard, dann könnte ich zu Hause Bericht erstatten über die örtlichen Verhältnisse und Gepflogenheiten. Und klammheimlich träumte er von einer Rückkehr im Harnisch als Anführer einer Heerschar, um den Likedeelern, wie sich die Piraten nannten, den Garaus zu machen. Er sah sich schon als heldenhaften Sieger über dem toten Störtebeker stehen und ihm die Brosche abnehmen: Glaube, Liebe, Hoffnung – das war kein Bekenntnis für einen Gesetzlosen. Aber ihm, Jan Burchard, würde die Brosche zweifellos sehr gut stehen. Er würde das Recht haben, sie zu tragen, nachdem er den Tod der spanischen Mönche gerächt hätte.
    In den Monaten, während derer die Vitalienbrüder weit von ihrem Heimathafen entfernt waren, hatte eine Sturmflut die Küste heimgesucht und den Grund der Leybucht aufgewühlt. Strömungsverhältnisse hatten sich geändert, neue Tiefen und Untiefen waren entstanden. Außerdem hatten die Piraten mit Nebel zu kämpfen. Leine und Lot mussten hervorgeholt werden. Der Lotsgast kletterte auf die vorderste Spitze des Vorderkastells und warf die Lotleine aus. Dann gab er seine Erkenntnisse über Meerestiefe und Beschaffenheit des Bodens an einen zweiten Mann weiter, der sie über das ganze Schiff hinweg dem Steuermann zubrüllte, der wiederum auf schnelle und hoffentlich richtige Anweisungen des Kapitäns wartete, bevor er einen Kurswechsel vornahm.
    Jan Burchard stand auf dem Achterdeck und spähte am schwach geblähten Rahsegel vorbei in Fahrtrichtung. Er konnte nun die Küstenlinie erkennen. Und dann sah er die Silhouette eines hohen Turms, die sich im Nebel abzeichnete. Es war der berüchtigte Seeräuberturm von Marienhafe, ein Kirchturm, den die gottlose Horde entweiht hatte, indem sie das Gebäude zur Wehrburg gemacht hatte.
    Die Vitalienbrüder waren wieder zu Hause. Als ihre Ankunft bemerkt wurde, eilte der ganze Ort zum Hafen, um sie zu begrüßen.
    Jan Burchard konnte seinen Blick nicht von dem
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