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Der Schatten von nebenan - Roman

Der Schatten von nebenan - Roman

Titel: Der Schatten von nebenan - Roman
Autoren: Michael Saur
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alles in eine ewige Leere.
    Ich erinnere mich an etwas anderes. Die Seite eines Buches kommt mir in den Sinn. Ich fand sie vor einigen Jahren in der U-Bahn auf meinem Weg von Park Slope nach Manhattan. Es war die herausgerissene, letzte Seite eines Taschenbuches, bereits zerknittert und von vielen Händen hergenommen. Jemand hatte sie auf den Sitz gelegt, wo ich sie fand. Meine Augen haben sie nur knapp überflogen. Sie war in einem Moment da und im nächsten verschwunden, Worte, die von einer sich öffnenden Tür und einem unterirdischen Windstoß davongetragen wurden. Ich erinnere mich nicht an die genauen Sätze, und ich kannte ihren Zusammenhang nicht. Da war jedoch eine Zeile, die ich nie vergessen werde. Sie besagte, dass, wer stirbt, von sich in der dritten Person zu sprechen beginnt.
    Er hatte sich immer gefragt, ob das stimmte.

-5-
    A n einem kalten Morgen ein paar Jahre später tanzten im steifen Nordostwind dicke und verträumte Schneeflocken in der Luft. Der Schnee schien noch zu einem anderen Ort zu gehören, denn der Winter war früh gekommen und hatte die letzten Vögel überrascht, bevor sie hastig zu einer freundlicheren Umgebung aufbrachen. Es war ein fast geräuschloser Tag. Ein Kind und seine Mutter liefen über den Friedhof in Dunnamora. Vor der Einfahrt wartete ihr Auto, in dem sie aus New York gekommen waren. Das Mädchen war klein, dreieinhalb Jahre alt, mit dünnen Beinen, aber einem glücklichen Gesicht, und es hatte die Augen seines Vaters geerbt, der selbst die Augen seines Vaters geerbt hatte, grün wie ein Bergfluss an einem herrlichen Tag. Als das Mädchen sich auf die Zehen stellte und die Frau in Schwarz fragte, warum sie den ganzen Weg von New York zu diesem kalten, entsetzlichen Friedhof gefahren seien, schnitt die Stimme des Mädchens wie eine große Erleichterung in die Stille. Statt die Frage zu beantworten, nahm Claire ihre Sonnenbrille ab, lächelte und wischte eine Träne fort. Und wie das Gähnen von einem Menschen zum anderen wandert, begann nun auch das Mädchen zu weinen.
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