Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Sandner und die Ringgeister

Der Sandner und die Ringgeister

Titel: Der Sandner und die Ringgeister
Autoren: Roland Krause
Vom Netzwerk:
abgewetzten gelben Regenmantel übergeworfen.
    Draußen nicht vergessen, der alten Imhofer zu winken, die immer am Fenster lurt, symbiotisch mit ihrer Katze. Beide die Augen zu Schlitzen, auf der Lauer. Die Katz spechtet auf Vögel und die Imhofer aufs Leben vor der Haustür. Sie haben ihn einfach weiter angestarrt oder durch ihn hindurch, was immer sie da gesehen haben in ihrem Privatkino, wie er da mit seiner Plastiktüte ins Auto gestiegen ist.
    Was da drin wäre, hat der Hartinger gleich neugierig wissen wollen, weil er sich wahrscheinlich gedacht hat, der alte Fuchs hat gleich ein geheimes Werkzeug im Tascherl, zum Mörder-Fangen. Der Sandner hat nur die Achseln gezuckt und die Tüte auf den Rücksitz geworfen.
    »Ned so gach, in zehn Minuten reicht es uns auch noch«, beschwichtigt er jetzt.
    Der Angesprochene linst zu ihm hinüber. Einen fiebrigen Blick hat er und knallrote Wangen. Jagdfieber, Hundegebell, Halali!
    Die Merkmale eines englischen Aristokratensohns bringt er mit, auch wenn er in Altusried gebürtig ist. Rötliche Haare, bleiche Haut, tapsig und schlaksig ist er obendrein. Neben ihm ist sein Vorgesetzter ein eins achtzig großer Zwerg.
    In der Polizeischule wird gelehrt, dass bei so einer Mordermittlung die Geschwindigkeit ein gravierender Faktor ist. Dieses Wissen versucht der Hartinger unmittelbar auf das Gaspedal zu übertragen. Ein Theorie-Praxis-Transfer, der dem Sandner den Espresso hochsteigen lässt.
    Sie preschen am baufälligen Grünwalder Stadion vorbei, und dann geht’s nach rechts, neben den Straßenbahngleisen Richtung Grünwald.
    Früher hat der Sandner die Sechzger noch im Grünwalder spielen sehen. Gemütlich war es, auch wenn die Toiletten dauernd verstopft waren, die Darbietung unterirdisch, eine Gaudi war es allemal. Heutzutage, da nur noch die Amateure den Rasen pflügen, haftet den Wochenenden immer ein Hauch von Bürgerkrieg an. Mannschaftswagen fahren jedes Mal auf, um martialisch gewappnete Polizisten auszuspucken – Robocops, beauftragt, Obergiesing weder den bösen Mächten noch marodierenden Horden zu überlassen. Wenn sie das Fan-Gerammel gleich auf den Rasen im Stadion verlegen täten, Bierausschank mit dabei, die Dauerkarte wäre unbezahlbar. Das Münchner Kolosseum.
    Viel zu schnell wischen die Harlachinger Eigenheime an ihm vorbei. Unwirklich, schemenhaft hinter dem Tropfenvorhang. Sandners Vernunft kapituliert vor dem Zwang. Nicht einen Wimpernschlag kann er den Blick von der Straße lassen. Konzentriert starrt er durch den Regen, besser, er hätte auch das Steuerrad unter seiner Gewalt.
    Je näher sie Grünwald kommen, desto mehr haben sich die Häuser diskret von der Straße zurückgezogen. Weitläufige Grundstücke, Alcatraz-Mauern, Mini-Trutzburgen mit Toskana-Flair, unterbrochen vom Grünwalder Forst auf der Linken, der sich an manchen Stellen bis zum Straßenrand geschlichen hat. Die grüne Lunge, eine massive Kiefernwand, zerhackt und portioniert von Wanderwegen und Bahngleisen.
    Quizfrage. Warum hat der Sandner in seiner gesamten Schaffenszeit nie hauptverantwortlich in Grünwald ermittelt? Das hat mit seiner mangelnden Begabung zu tun. Es ist ihm nicht gegeben, eine Persönlichkeit oder gar Autorität sofort auszumachen und entsprechend respektvoll zu würdigen. Ein Makel. Du schickst einen solchen Proleten halt nicht so gern in die noble Welt hinaus.
    Die kriminelle Energie dagegen kennt keine Hemmungen, kraxelt locker über Grundstücksmauern. Wo das Geld daheim ist, findest du allerweil ein Motiv. Entweder das, oder der Mangel lässt die Leute das Messer wetzen.
    Im Lauf der Jahre hat es immer mal wieder Sonderermittlungsgruppen gegeben, mit spaßigen Namen, denen er zugewiesen wurde. Meist hatte er dabei einer nichtigen Spur nachschnüffeln dürfen, die endlich versickert war, wie Scheiße im Abort, nur um die Staatsanwaltschaft restlos zu befriedigen. Der Fuchs ist längst woanders gewesen. Ruhm und Ehr dito.
    Und wieder einmal Statistik. Es brummt das bloody Business, wenn die Leute aufeinander hocken wie die Hühner, mit amtlich genehmigten fünfzehn Quadratmetern pro Stück und Nase. Teilst du dreihundert Quadratmeter durch zwei angesehene Persönlichkeiten und einen Dobermann, trifft es dich seltener. Höchstens den Gärtner.
    Weiter jagen sie dahin, der BMW schüttelt seine Insassen ordentlich durch.
    »Ich sag dir doch, das pressiert nicht! Die Spurensicherung und der KDD sind ja am Werkeln, da stehen wir eh deppert im Regen rum. Hast du
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher