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Der Ruf des Kookaburra

Der Ruf des Kookaburra

Titel: Der Ruf des Kookaburra
Autoren: Julie Leuze
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»Frauenangelegenheiten«, wie die Schwarzen es nannten, waren in großen Teilen strikt von den »Männerangelegenheiten« getrennt. Oh ja, dachte Emma zufrieden, sie war der Regierung als Forscherin von Nutzen! Wenn sie auch manchmal unsicher war, wie sie ihre Beobachtungen in eine wissenschaftlich verwertbare Form bringen sollte, so stellte dies doch kein ernsthaftes Problem dar. Denn Carl stand ihr in allen Fragen, die sie als Forscherin hatte, mit Rat und Tat zur Seite.
    Was täte sie nur ohne ihn? Carl war nicht nur ihr Geliebter und Ehemann, sondern auch ihr Lehrer. Alles, was sie über wissenschaftliches Arbeiten wusste, wusste sie von ihm; alle Schwierigkeiten ihres neuen Lebens meisterte sie nur, weil Carl bei ihr war. Manchmal machte Emma seine Überlegenheit fast ein bisschen Angst. In solchen Augenblicken dachte sie, dass sie Carl nicht minder lieben würde, wenn er einmal nicht stark, sondern schwach und unvollkommen wäre. Aber noch hatte sie keine Gelegenheit bekommen, ihm das zu beweisen.
    Ihm – und sich selbst.
    Carl fiel ihr nachdenklicher Ausdruck auf, und er lächelte sie an. »Wir sind da, Amazone. Bereit für den Sprung ins kalte Wasser?«
    Sie hob die Hand und strich ihm eine schwarze Locke aus der Stirn. »Mit dir immer, Carl.«
    Nach einem Blick auf das schäumende Wasser setzte sie ehrlich hinzu: »Na ja, vorausgesetzt, es ist nicht allzu kalt.«
    »Ach, die gnädige Frau will eine Badewanne?« Carl grinste. »Soll ich dir zu Weihnachten eine schenken, hm?«
    »Gute Idee! Wir stellen sie einfach hier neben dem Bach auf.« Emma lachte. »Dann badest du im kalten Wasser und ich im heißen.«
    Amüsiert nahm Carl die Herausforderung an. »Umgekehrt, Emma. Schließlich bin ich der Mann, und du musst als gute Ehefrau alles dafür tun, dass ich es behaglich habe. Da haben deine Lehrer in Deutschland wohl einige Lektionen ausgelassen?«
    »Kaum«, versetzte sie und stemmte die Hände in die Hüften. »Wahrscheinlich habe ich bloß nicht zugehört, sondern mir meine Konzentration für die wirklich interessanten Dinge aufgespart.«
    »Was könnte interessanter sein als dein Ehemann?«
    »Zum Beispiel folgende Lektion: Wer sich mit seiner Frau kabbelt und dabei zu nahe am Uferrand steht …«
    Emma versetzte ihm einen Schubs. Es platschte laut, als er vollständig bekleidet in den Bach fiel.
    »… der liegt schneller im Wasser, als er gucken kann«, ergänzte sie grinsend.
    Prustend tauchte Carl wieder auf. Mit einer schnellen Kopfbewegung warf er sich das schwarze Haar aus der Stirn. »Na warte, Amazone!«, schnaubte er, stemmte sich hoch und griff nach ihr.
    Keine Sekunde später war auch Emma im Wasser.
    Die Kälte ließ sie nach Luft schnappen, doch dann schoss ein Energiestoß durch ihren Körper, und sie fühlte sich, als müsse sie vor Lebensfreude bersten. Warum hatte sie sich auch nur eine Sekunde lang mit Grübeleien aufgehalten? Herrgott, sie war einfach glücklich! So glücklich, hier mit Carl im Bach herumzualbern, den Augenblick zu genießen und gleichzeitig eine gemeinsame Ewigkeit vor sich zu haben … so glücklich, dass sie überzuströmen schien.
    Etwas keuchte im Dickicht.
    Emma runzelte die Stirn, abrupt aus ihrem Freudentaumel gerissen. Sie starrte in die grüne Wildnis am Ufer.
    Niemand.
    Natürlich nicht!, schalt Emma sich und atmete tief durch. Hatte sie wirklich geglaubt, da verstecke sich jemand?
    Fest entschlossen, das seltsame Keuchen zu ignorieren, schlang sie ihre Arme um Carls Hals. Sie nahm den nassen Hemdstoff wahr, der sich um seinen Oberkörper schmiegte und jeden Muskel überdeutlich zur Geltung brachte, und ihr fiel ein, wie sie vor vielen Monaten ebenfalls klatschnass voreinandergestanden hatten. Damals hatten sie gemeinsam Carls Pferd aus einem reißenden Fluss gerettet … und hätten sich danach am liebsten geküsst. Was sie natürlich nicht getan hatten, war sie doch noch Fräulein Röslin gewesen und er ihr unnahbarer Forschungsleiter.
    Sie lächelte kokett. »Mit nassen Kleidern hatten wir es von Anfang an, erinnerst du dich?«
    »Und wie ich mich erinnere. Aber ohne nasse Kleider fühlt man sich noch besser, finde ich.«
    Carl fing an, Emma auszuziehen, öffnete Haken, Ösen und Bänder und warf die schwere, mit Wasser vollgesogene Kleidung achtlos ans Ufer. Dann entledigten sie sich beide ihrer Schuhe, Carls Hemd und seine Hose folgten, bis sie nackt und eng umschlungen im Bach standen.
    »Wir wollten uns doch waschen«, murmelte Emma an Carls
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