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Der Ruf des Kookaburra

Der Ruf des Kookaburra

Titel: Der Ruf des Kookaburra
Autoren: Julie Leuze
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Ansonsten gab es – nichts.
    Doch obwohl es dem Lager an jeglicher Bequemlichkeit mangelte, von Geschäften oder kulturellen Einrichtungen ganz zu schweigen, hatte Emma diesen Ort mit seinem ursprünglichen Zauber lieben gelernt. Sie war glücklich hier, und nur darauf kam es an.
    Mit einem Gefühl tiefer Zufriedenheit schritt sie durch die Hütten auf ihr Zelt zu.
    Carl hatte ihr gemeinsames Zelt im Schutze eines riesigen, immergrünen Nadelbaumes errichtet, einer hoop pine , deren Zweige sich weit oben im dichten Blätterdach verloren. Auch diese schmucklose Behausung hatte Emma lieben gelernt, barg sie doch die Erinnerung an etliche Stunden voller Zärtlichkeit und Leidenschaft. Stunden der puren Freude am Dasein und aneinander.
    Unversehens überfiel Emma die Furcht, dass das immense Glück, das sie in den letzten Monaten erfahren hatte, nicht von Dauer sein könnte. War es nicht zu viel für einen Menschen allein? So viel Lebenslust, so viel Befriedigung durch ihre Arbeit und, bei Gott, so unendlich viel Liebe … würde ihr nicht irgendwann einmal ein Preis dafür abverlangt werden?
    Doch in diesem Moment sah sie Carl, und ihre Ängste lösten sich in Luft auf.
    Mit den Händen in den Hosentaschen stand er neben dem Zelt, lässig gegen die dunkle Borke der hoop pine gelehnt. Beim Anblick ihres breitschultrigen und braun gebrannten Ehemannes, der ihr entspannt entgegenlächelte, bekam Emma auf der Stelle Herzklopfen. Wie gut er aussah! Das schwarze Haar, die meerblauen Augen … und der Blick darin. Zärtlich und selbstbewusst, verletzlich und stark, alles zugleich.
    All das, seine Gefühle, seinen Körper und sein Herz, hatte er ihr geschenkt, als er sie geheiratet hatte.
    Dankbarkeit durchrieselte Emma wie ein Schauer des warmen, sanften Regens, der hier so oft fiel, seit die winterliche Trockenzeit vorüber war. Unwillkürlich beschleunigte sie ihren Schritt.
    »Carl!« Mit einem Wohlgefühl, das sich beinahe unanständig anfühlte, schmiegte sie sich in seine Arme.
    Er zog sie an seine Brust. »Hallo, Amazone«, flüsterte er ihr ins Ohr, und sie hörte das Lachen in seiner dunklen Stimme.
    Fragend hob Emma den Kopf. »Amazone?«
    Carls Hand strich ihren Rücken hinauf, legte sich kurz auf ihren Nacken und griff dann sanft in ihre Locken.
    »Dass du streitbar sein kannst, weiß ich ja schon lange«, neckte er sie. »Aber dass du so weit gehen würdest, dir die Haare abzuschneiden, um wie eine weibliche Kriegerin auszusehen, das erstaunt mich doch.« Carl grinste.
    Oh, ihre neue Frisur – die hatte sie ja ganz vergessen. Herrje, sie musste schrecklich aussehen! Ihr Haar konnte kaum mehr länger sein als Carls.
    Emma wurde rot.
    »Ich hatte die einmalige Gelegenheit, den Brauch des gemeinschaftlichen Haareschneidens mitzuerleben«, verteidigte sie sich. »Das konnte ich mir doch nicht entgehen lassen! Dieses Erlebnis verhilft mir zu vielen, äh … authentischen Aufzeichnungen.«
    »Sehr authentischen Aufzeichnungen«, nickte Carl. »Emma Scheerer, eine Forscherin mit Haut und Haar. Wenn auch kurzem.« Er gluckste.
    Emma runzelte die Stirn. »Wenn dieses Wortspiel ein Scherz sein sollte, dann war er nicht sehr gut!«
    »Das ist dein Haarschnitt aber auch nicht«, sagte Carl, zog Emma jedoch enger an sich, als diese sich empört aus seinen Armen winden wollte.
    Liebevoll sagte er: »Weißt du was? Selbst mit einem Amazonenhaarschnitt bist du die anziehendste Frau von allen.«
    Das hörte sich schon besser an.
    Versöhnt verschränkte Emma die Finger in Carls Nacken und zog sein Gesicht zu sich herab. Mit gespielter Strenge fragte sie: »Woher willst du überhaupt wissen, wie die sagenumwobenen Amazonen ihr Haar trugen? Sehr unwissenschaftlich, mein Lieber, hier einfach irgendetwas zu erfinden! Predigst du mir nicht ständig, dass es der höchste und unantastbarste Grundsatz für einen Wissenschaftler sei, niemals …«
    Er verschloss ihr den Mund mit einem Kuss. Mit einem sehr langen Kuss, bei dem Emma unweigerlich Lust auf mehr bekam.
    Carl offensichtlich auch.
    »Vergiss die Wissenschaft, Amazone«, raunte er. »Komm lieber mit ins Zelt und erinnere dich daran, dass wir nicht nur zusammen arbeiten, sondern auch miteinander verheiratet sind.«
    Die Liebe in Emmas Körper breitete sich warm und verlangend aus, und plötzlich konnte es ihr gar nicht schnell genug gehen, mit Carl in ihr Zelt zu gelangen. Der Gedanke durchzuckte sie, dass die Lust, die sie in dieser Ehe so oft und heftig überfiel, einer
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