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Der Ruf der Kiwis

Der Ruf der Kiwis

Titel: Der Ruf der Kiwis
Autoren: Sarah Lark
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hatten wir doch gehofft, Sie würden bald wieder zu uns kommen ...«
    Miss Bleachum warf einen Blick auf Glorias noch sehr schlanke Gestalt und verfärbte sich gleich wieder. Gloria half ihr über die Verlegenheit hinweg, indem sie Dr. Pinter Wiremu vorstellte. Im Gegensatz zu Tonga und den anderen Würdenträgern des Stammes, die in traditioneller Maori-Tracht erschienen waren, trug Wiremu einen Anzug, der ihm nicht ganz passte. Anscheinend hatte er ihn noch aus seiner Zeit in Dunedin – in den Monaten als Krieger und Jäger hatte er an Muskelmasse zugelegt. Seine Schultern und Oberarme schienen das Jackett zu sprengen.
    »Wiremu studiert Medizin. Vielleicht brauchen Sie ja schon mal einen Helfer in Ihrem Hospital?«
    Dr. Pinters Blick fuhr missbilligend über Wiremus Tätowierungen. »Ich weiß nicht«, wehrte er ab. »Der macht den Kindern ja Angst ...«
    »Ach was!«, bemerkte Sarah strahlend. »Im Gegenteil! Er macht ihnen Mut. Ein großer, starker Maori-Krieger an ihrer Seite. Das brauchen diese Kinder! Wenn Sie Lust haben, sind Sie herzlich willkommen!«
    Sarah hielt Wiremu die Hand hin. Dr. Pinter tat es ihr nach.
     
    Tonga betrachtete seinen Sohn mit allen Anzeichen von Missbilligung. Schließlich gesellte er sich zu Gwyneira.
    »Ich kann Ihnen nur erneut gratulieren«, bemerkte er. »Zuerst Kura, jetzt Gloria.« Gwyneira zuckte die Schultern. »Ich habe keiner von ihnen den Gatten ausgesucht«, meinte sie dann. »Und ich habe dieses Spiel nie spielen wollen. Kura war immer anders. Du hättest sie niemals gehalten, auch wenn sie einen Maori geheiratet hätte. Genauso wenig wie ich sie halten konnte. Aber Gloria ... sie ist zurückgekommen. Zu mir und zu euch. Sie gehört zu diesem Land. Kiward Station ist ... wie sagt ihr es? Ihr 
maunga
, nicht wahr? Du brauchst sie nicht an den Stamm zu binden. Sie ist hier verwurzelt. Und Jack auch.« Sie folgte Tongas Blick auf seinen Sohn. »Und Wiremu. Vielleicht kommt er irgendwann zurück. Aber du kannst ihn nicht zwingen.«
    Tonga lächelte. »Sie werden auf Ihre alten Tage noch weise, Miss Gwyn. Also sagen Sie den beiden, sie sollen beim nächsten vollen Mond ins 
marae
 kommen. Wir werden ein 
powhiri
 durchführen – das neue Stammesmitglied begrüßen.«
    »Das neue ...« Gwyneira verstand nicht.
    »Nicht das ganz neue«, sagte Rongo. »Das hat noch Zeit. Aber Jack als Glorias Mann.«
     
    »Und, wie ging es mit Florence?«
    Tim Lambert war erst am Morgen der Hochzeit auf Kiward Station angekommen, und bei all den Vorbereitungen und schließlich der Trauungszeremonie hatte Elaine kein ruhiges Wort mit ihm reden können. Jetzt saßen sie zusammen mit Gwyneira und Elaines Eltern an einem ruhigen Tisch, weit weg von der Tanzfläche, auf der Roly eben seine Mary herumschwenkte.
    Tim bedachte seine Frau mit einem fast leidenden Blick. »Na ja, wir sind immer noch keine Freunde. Aber ich denke, sie hat begriffen, worum es geht – und sie ist in erster Linie Geschäftsfrau. Sie wird sich auf unsere Vorschläge einlassen.«
    Bens und Lilians Besuch in Greymouth war nicht ohne Spannungen verlaufen. Lilian hatte natürlich gehofft, Florence Biller-Weber würde dem Charme ihres Babys ebenso verfallen wie ihre eigenen Eltern, aber Bens Mutter war aus anderem Holz geschnitzt. Sie betrachtete den kleinen Galahad eher argwöhnisch als anbetend. Fast als wäge sie jetzt schon ab, ob er ein in ihren Augen ebenso großer Versager sein würde wie sein Vater und Großvater. Andererseits musste auch sie sich den Tatsachen stellen. Gal gehörte zu den Erben ihrer Mine – und ebenso zu denen Tims, auch wenn er vielleicht niemals Führungsaufgaben übernehmen würde. Was das anging, milderte das hervorragende Einschlagen ihres Zweitältesten Florence’ Zorn auf Ben. Samuel Biller schien für die Geschäftsleitung wie geschaffen. In seinem klaren Kalkül und seiner Entschlusskraft erkannte Florence sich selbst wieder. Und auch bei den Lamberts schien es Söhne zu geben, die sich für das Bergwerksgeschäft interessierten. Mit etwas Glück konnte man Ben und Lilian irgendwann auszahlen. Ben schien diese Idee hervorragend zu finden, doch bei Caleb stieß sie erstaunlicherweise auf taube Ohren.
    »Du wirst meinen Sohn nicht mit einem Taschengeld abspeisen«, sagte er ruhig, aber so bestimmt, dass Florence den Eindruck gewann, es sei besser, sich nicht mit ihm zu streiten. Nun, es war egal. Wenn die Mine wieder schwarze Zahlen schrieb, konnte die Familie sich einen weiteren
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