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Der Ruf der Kiwis

Der Ruf der Kiwis

Titel: Der Ruf der Kiwis
Autoren: Sarah Lark
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enger an ihn. Während Jack angespannt wartete, hörte sie auf all die Geräusche des erwachenden Hauses.
    Lilian sang laut und falsch im Bad, Tim schleppte sich an seinen Krücken die Treppe hinunter – er versuchte stets, als Erster unten zu sein, um von niemandem bei seinem ungelenken Abstieg beobachtet zu werden –, Elaine rief ihren Hund, und irgendwo diskutierten Ben und Caleb – wahrscheinlich schon wieder über Maori-Bräuche.
    »Müssen wir das noch?«, fragte Gloria. »Habe ich dir nicht eben im Versammlungshaus beigelegen?«
     
    Jack und Gloria wünschten sich eine kleine Hochzeit, aber Gwyneira wirkte enttäuscht, als sie das hörte, und auch Elaine protestierte heftig. Sie fühlte sich offensichtlich um die große Feier für Lilian betrogen und wollte nun wenigstens bei Jacks und Glorias Hochzeitsplanung beteiligt sein.
    »Ein Gartenfest!«, bestimmte Gwyn. »Die schönsten Hochzeitsfeiern sind immer Gartenfeste, und jetzt steht doch der Sommer vor der Tür. Ihr könnt den ganzen Landkreis einladen. Das müsst ihr auch! Schließlich heiratet die Erbin von Kiward Station, da erwarten die Leute einen großen Auftrieb.«
    Gwyneira konnte sich zwar an so manches Gartenfest auf Kiward Station erinnern, das alles andere als glücklich geendet war; andererseits hatten die Lampions im Park, die Tanzfläche unter den Sternen und die märchenhafte Atmosphäre sie immer fasziniert.
    »Aber keine Klaviermusik!«, bestimmte Gloria.
    »Und keine Walzer ...« Jack dachte an seinen ersten Tanz mit Charlotte.
    Gwyneira dachte an ihren ersten Tanz mit James. »Nein! Überhaupt kein Orchester. Nur ein paar Leute, die fiedeln können und flöten – einfach ein bisschen Musik machen. Da haben sich unter den Arbeitern immer welche gefunden. Vielleicht tanzt noch einmal jemand eine Gigue mit mir ...«
    Seit sie von Glorias und Jacks Verlobung wusste, wirkte Gwyneira um Jahre verjüngt, bei der Hochzeitsplanung war sie aufgeregt wie ein junges Mädchen.
    »Und wir werden nicht endlos warten«, meinte Jack. »Keine halbjährige Verlobungszeit oder so was. Wir machen es ...«
    »Erst müssen wir die Schafe im Hochland haben«, erklärte Gloria. »Also nicht vor Dezember. Und denk an die neuen Scherschuppen. Ich habe keine Lust, Kleider anzuprobieren, während ihr euch um die Überwachung der Renovierung kümmern dürft.«
    Gwyneira lachte und erzählte von den endlosen Anproben für ihr Brautkleid in England. Heute erschien es ihr undenkbar, dass man damals eine perfekte Braut ausgestattet hatte – für einen Ehemann am anderen Ende der Welt.
    Gloria redete nicht gern über das Brautkleid. Tatsächlich machte der Gedanke daran sie mehr als nervös. Sie hatte in einem Kleid nie wirklich vorteilhaft ausgesehen. Und die Gäste würden sie durchweg mit Kura-maro-tini vergleichen, an deren Traumhochzeit sich die meisten sicher noch erinnerten. Als Kind war ihr oft Kuras schlichtes Seidenkleid geschildert worden, die frischen Blumen in ihrem wundervollen Haar ... Gloria wäre am liebsten in Reithosen vor den Altar getreten.
    Schließlich löste Lilian das Problem. Eine Dozentur für Ben in Dunedin zeichnete sich nun wirklich ab – Lilian vermutete, dass Caleb seine Beziehungen hatte spielen lassen, aber das hätte sie Ben natürlich niemals gesagt –, und sie reiste vier Wochen vor der Hochzeit mit Kind, Nanny und Schreibmaschine auf die Südinsel, um sich dort schon mal nach einem Haus umzusehen. Das war jedenfalls der offizielle Grund. Tatsächlich richtete sie sich erst mal auf Kiward Station ein und kümmerte sich um alle Dinge rund um die Hochzeit, die ihre Mutter Elaine noch nicht an sich gerissen hatte. Die Feststellung, dass es noch kein Brautkleid gab, stürzte sie in größte Aufregung.
    »Wir müssen ein Kleid kaufen!«, erklärte sie der widerstrebenden Gloria energisch. »Keine Widerrede, wir fahren morgen nach Christchurch. Und ich weiß auch schon genau, was du brauchst!« Eifrig beförderte sie eine Frauenzeitschrift aus England aus der Tasche und schlug sie vor Gloria auf. Die warf einen staunenden Blick auf weite, wallende Kleider aus leichten Stoffen, teilweise mit Pailletten und Fransen verziert, die ein bisschen an die 
piupiu, die
 Tanzröcke der Maoris erinnerten. Die neuen Kleider waren auch kürzer; sie reichten nur bis zum Knie und verlangten keine Wespentaille, sondern verlegten die Taille im Gegenteil nach unten.
    »Das ist das Allerneueste! Man tanzt darin einen neuen Tanz, den Charleston. Ach ja,
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