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Der rote Tod

Der rote Tod

Titel: Der rote Tod
Autoren: Pat N. Elrod
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Üblicherweise enthielten unsere Spiele eine Schatzsuche, denn jeder auf der Insel wusste, dass Captain Kidd hierher gekommen war, um seine Beute zu vergraben. Es spielte für uns keine Rolle, dass solche Reichtümer viel wahrscheinlicher fünfzig Meilen östlich von hier, am südlichen Ende der Insel, zu finden waren. Das Suchen war wichtiger als das Finden. Aber statt Reichtümern fand ich an diesem Tag einen Kessel oder eine steile Vertiefung, die laut meinem Lehrer ein Gletscher in alter Zeit in die Erde gegraben hatte. Bäume und andere Vegetation verbargen seinen Rand. Mein Fuß rutschte auf einigen nassen Blättern aus, und ich stolperte und fiel hinab in ein typisches Beispiel der Geografie von Long Island.
    Jericho kam hinter mir hergestürzt, voller Sorge, dass ich mir das Genick gebrochen hätte. Elizabeth folgte ihm fast genauso schnell, obwohl sie durch ihren Rock behindert wurde, und schrie ihm tränenerstickte Fragen nach. Ich wurde fast durch ihre vereinigte Besorgnis und ihr Unvermögen, schnell genug anzuhalten, niedergetrampelt.
    Ich hatte nichts Schlimmes erlitten, nur einige Kratzer und Blutergüsse.
    Nachdem der erste Schreck abgeklungen war, machten wir eine Bestandsaufnahme unserer Umgebung und beanspruchten sie für uns. Der Ort wurde unsere Piratenhöhle (wenn auch unter freiem Himmel und offen für Vieh, das hereinwanderte, um zu grasen), unser Gangsterversteck und allgemeiner Zufluchtsort vor lästigen Erwachsenen, die wollten, dass wir mit unserer Zeit etwas Nutzbringenderes anfingen.
    Nun schien es, als sei es immer noch ein Zufluchtsort, nicht vor Erwachsenen, sondern für Erwachsene. Gerade, als ich Rolly zu dem einfachen Weg in den Kessel hinablenken wollte, entdeckte ich zwei Leute weit vor uns, nahe der Baumreihe, die den Einlass markierte. Ein Mann und eine Frau gingen dort Arm in Arm entlang, offensichtlich auf sehr freundschaftlichem Fuße miteinander. Sogar aus dieser Entfernung erkannte ich plötzlich meinen Vater. Die Frau bei ihm war Mrs. Montagu. Sie war eine Witwe mit sanftem Gesicht und sanfter Gemütsart, die zu mir und Elizabeth stets freundlich gewesen war, alles, was Mutter nicht war. Mutter wusste Gott sei Dank nichts von ihr, sonst würde das Leben für uns alle wahrhaft zu einer Hölle auf Erden werden.
    In unserem Haushalt herrschte eine stillschweigende Übereinkunft, dass die meisten von Vaters Geschäftsreisen ihn nicht mehr als drei Meilen von zu Hause wegführten, sodass er Matilda Montagu besuchen konnte. Ihre Beziehung war kaum ein Geheimnis, aber nichts, was man in einem offenen Gespräch erwähnte. Sie hatten nicht um diese Privatsphäre gebeten, aber bekamen sie trotzdem, da beide in der Gegend beliebt und geachtet waren.
    Ich hielt Rolly an und drängte ihn nun fast in ihre Richtung. Nein. Das wäre nicht fair. Vater hatte seit Mutters Rückkehr nicht gerade viel Zeit für sich gehabt, um glücklich zu sein. Ich sollte ihm jetzt nicht meine derzeitigen Probleme aufdrängen. Wir konnten später noch reden. Außerdem hegte ich nicht den Wunsch, ihn mit den unangenehmen Details der neuesten Vergehen seiner Frau vor seiner Geliebten in Verlegenheit zu bringen.
    Vater und Mrs. Montagu gingen gemächlich weiter, sich meiner Gegenwart nicht bewusst, was eigentlich von Vorteil war. Es war interessant, sie gemeinsam zu beobachten, denn dies war eine Seite an Vater, die ich niemals wirklich gesehen hatte. Ich schämte mich ein wenig meiner Neugierde, aber nicht so sehr, dass ich gewillt gewesen wäre weiterzureiten. Nicht dass ich erwartet hätte, sie würden sich gegenseitig packen und anfangen, in wilder Leidenschaft über den kalten, feuchten Boden zu rollen. Dann wäre ich auch nicht dageblieben, um ihnen zuzusehen, da meine Neugier durch taktvolle Diskretion eingeschränkt worden wäre. Aber zwischen den Anforderungen meiner vorbereitenden Erziehung und all den anderen Zerstreuungen meines Lebens hatte ich bisher wenig Gelegenheit gehabt, die Regeln des Werbens in den oberen Klassen zu beobachten. Bisher sah es kaum anders aus als bei den Dienstboten, von denen ich gelegentlich den einen mit der anderen beim Spaziergang sehen konnte, wobei sie ähnliche Anzeichen der Zuneigung gezeigt hatten.
    Er hatte einen Arm um ihre Taille geschlungen, besser gesagt, eine Hand. Ihr weiter Rock hinderte ihn daran, viel näher an sie heranzukommen. Auch lehnte er seinen Kopf zu ihr herab, um nichts von dem zu überhören, was sie sagte. Und er lachte. Das war schön zu
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