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Der rostende Ruhm

Der rostende Ruhm

Titel: Der rostende Ruhm
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Forschungen, vergrub sich in der Theorie von der Stoffwechselstörung in der karzinösen Zelle, opferte nach dem Krieg seine klinische Laufbahn seinem Gedanken, den Krebs zu bekämpfen, nicht mit dem Skalpell und der Schere, sondern mit den eigenen Waffen der Karzinome selbst, so, wie man Schlangengift durch Schlangengift vernichtet.
    Als Chefarzt würden Fälle an ihn herantreten, die von ihm die ehemals so souverän beherrschten Fertigkeiten der Operationskunst aufs neue verlangten. Also mußte er üben – üben – üben!
    Da Erna wußte, daß Dr. Bergh die Tür nicht wieder aufschließen würde, bis er zu Bett ging, hob sie den Hörer des durch eine Trockenbatterie gespeisten Haustelefons ab und drückte auf den weißen Knopf. Die Stimme Berghs war unwirsch und laut.
    »Ich möchte nicht gestört werden, Erna!«
    »Das weiß ich. Aber heute morgen sind drei Affen gebracht worden. Ich habe sie in den Stall im Labor gesperrt. Was soll damit geschehen?«
    »Nichts. Ich sorge selbst für sie. Danke.«
    Als sie den Hörer auflegte, hörte sie, wie Dr. Bergh aus seinem Zimmer kam und hinüber zu dem Laboranbau ging. Was will er jetzt noch mit Affen, dachte sie. In der großen Klinik hat er doch ganz andere Möglichkeiten. Sie hatte geglaubt, endlich von den Ratten, Mäusen und Meerschweinchen erlöst zu werden. Und jetzt schaffte er sich auch noch drei Affen an!
    Sie seufzte, gab dem Hund auch noch die Kartoffeln und das Pfannenfett und machte sich an das Abspülen des Geschirrs.
    In dem kleinen Sezierraum, der hinter dem Labor lag, stand Dr. Bergh vor dem Käfig und beobachtete die drei Affen. Es waren gesunde, kräftige, ausgewachsene Tiere, zwei Weibchen und ein Männchen. Sie hatten sich an die Gitterstäbe geklammert und sahen den Menschen mit fletschenden Zähnen und unruhigen Augen an.
    Ahnten sie, was der Marmortisch unter dem breiten, vergitterten Fenster bedeutete? Rochen sie das Blut von Hunderten sezierter Mäuse und Ratten?
    Dr. Bergh ging in den größeren Laborraum zurück und zog seinen Gummimantel an, Gummihandschuhe und Operationskappe. Dann nahm er eine Tafel Zellstoff, eine dunkelbraune Flasche mit Narkoseäther und ging zurück in den Sezierraum.
    Die Affen kreischten, als er hereinkam. Sie sprangen gegen die Gitter, rasten in dem engen Raum des Käfigs umeinander und suchten einen Ausweg aus dem Gefängnis.
    Bergh tropfte den Äther auf den Zellstoff. Dann öffnete er die Käfigtür, faßte mit festem Griff den männlichen Affen, zog ihn aus dem Käfig heraus, drückte mit dem Ellenbogen die Tür wieder zu und hielt dem um sich schlagenden Tier die Zellstofftafel vor die Nase. Nach wenigen Sekunden erstarb das Zucken und Beißen – der Affe streckte sich, sein Körper wurde schlaff und leblos.
    Wie ein Kind trug Dr. Bergh ihn auf beiden Armen zu dem marmornen Tisch. Dann zog er eine Decke über den Käfig, damit die beiden anderen Affen nicht sahen, was geschah.
    Und dann begann Dr. Bergh zu üben …
    Er tat es streng wissenschaftlich, mit einer Selbstkontrolle, die unbestechlich war. Er stellte eine Uhr auf die Fensterbank, drehte alle Lichter an, den Scheinwerfer an der Decke, der den Affenkörper grell beleuchtete. Er breitete das Instrumentarium neben sich aus, schnallte den Affenkörper fest, rasierte die Unterbauchgegend, bestrich sie mit Jod und deckte den übrigen Körper wie bei einem Menschen ab.
    Er gab noch etwas Äther, kontrollierte Herz- und Kreislauf und nahm dann das Skalpell in die Hand.
    Alle Scheu, die er am Vormittag bei dem Gedanken an einen menschlichen Körper, der unter seinen Händen liegen würde, empfunden hatte und die ihn abhielt, zu operieren, fiel von ihm ab. Er sah auf das Operationsgebiet, auf die rasierte, durch das Jod gelbbraune glatte Haut, unter der das Leben durch die Adern pulste. Er hörte den rasselnden Atem und zwang sich mit aller Kraft, zu denken: Vor dir liegt ein Kind! Ein sechsjähriges todkrankes Kind! Du mußt es retten! Du allein kannst es! Nur du – du – du …
    Da schnitt er ein – sicher, schnell, als habe er nie etwas anderes getan. Ein langer Querschnitt, zwei Querfinger oberhalb des Nabels.
    Hautschnitt – Unterhautfettgewebe – vordere Rektusscheide – eines gewissenhaft nach dem anderen.
    Dr. Bergh wiederholte die Operation, wie er sie bei Dr. Werth, seinem künftigen Oberarzt gesehen hatte.
    Er wiederholte sie ohne Komplikationen, er schaffte sie mit einer Sicherheit, die ihn selbst verblüffte. Es war, als hätten seine Finger
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