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Der rostende Ruhm

Der rostende Ruhm

Titel: Der rostende Ruhm
Autoren: Heinz G. Konsalik
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hörte er, wie sie über den Flur rannte, daß ihre Absätze klapperten in rasend schneller Folge, als renne sie dem Leben nach – oder dem Tod davon.
    Er hörte das Summen des Aufzuges zum OP, als er aus dem Zimmer trat. Also doch, dachte er. Operieren wir!
    Zeigen wir endlich, was ein Chefarzt kann!
    Er hatte operiert. Nur die letzten Obernähte überließ Bergh seinem Ersten Assistenten Dr. Thoma. Er trat vom Tisch zurück, winkte stumm und ging zurück in den Vorbereitungsraum. Als er sich wusch, stürmte Oberarzt Dr. Werth in die Operationszimmer.
    »Was ist mit Frau v. Pudzuna?« rief er. Er war außer Atem von dem schnellen Lauf. Einer Gewohnheit folgend, hatte er vor einer Viertelstunde in der Klinik angerufen, ob es Neues gäbe. Der plötzliche Darmverschluß hatte ihn hinaus ins Krankenhaus gejagt.
    »Sie lebt weiter.« Berghs Stimme war trocken. Sie war unterlegt von einem gewissen Triumph. Ein Vertrauen zu sich selbst stieg in Bergh empor, das ihn schwindlig machte und nach außen hin hochmütig. Dann hatte der Chef die Operationsräume verlassen.
    »Er hat den Heus gemacht wie ein junger Gott«, sagte Dr. Thoma schwärmerisch. »Ich habe noch nie solche Hände gesehen! Solche Sicherheit! Ich stand neben ihm und wagte kaum zu atmen.«
    Oberarzt Dr. Werth schwieg. Er sah auf die Spitze seiner glimmenden Zigarette und auf das Aschenstäbchen, das sich hinter der Glut bildete.
    »Ich hätte es nicht geglaubt«, sagte er nach einer ganzen Zeit des Schweigens. »Bis heute ist er jeder größeren Sache ausgewichen. Vielleicht ist er doch ein Genie …«
    Er warf die Zigarette auf den Steinboden, zertrat sie mit einer drehenden Fußbewegung und ging schnell in sein Zimmer.
    Auf dem Flur des Krankenhauses traf Brigitte Teschendorff einige Tage später mit Prof. Dr. Bergh zusammen.
    Er kam aus der Privatstation von einer Visite. Er hatte sich Frau v. Pudzuna angesehen und war zufrieden. Sie war fieberfrei und aß wieder leichte Speisen.
    Unzufrieden war er nur mit der schleppenden Erfüllung seiner dem Kuratorium vorgetragenen und von diesem doch gebilligten Wünsche.
    Brigitte Teschendorff sah keine Möglichkeit, der Begegnung auszuweichen.
    Wieder empfand sie die heiße Welle in sich emporsteigen, als sie Bergh auf sich zukommen sah. Seine große Gestalt in dem weißen Mantel, der schmale, scharf geschnittene, herrlich männliche Kopf, die Sicherheit und Festigkeit seines Ganges, der gesamte Eindruck seiner Persönlichkeit überhaupt machte sie verlegen und innerlich glücklich und schmerzhaft-wohlig wie ein kleines Mädchen, das seine erste Liebe entdeckt und nicht mit ihr fertig werden kann.
    Diese Liebessehnsucht verwandelte sich bei Brigitte Teschendorff in Arroganz. Sie war ein Schutzmantel über ihr zitterndes Herz, ein Panzer, durch den nichts hindurchdringen sollte und durfte, was sie beim Anblick Berghs empfand.
    In der Mitte des Ganges trafen sie aufeinander. Obwohl der Gang breit genug war, um unbehindert aneinander vorbeizugehen, wich keiner dem anderen aus. Trotzig standen sie voreinander, eng, fast auf Tuchfühlung, im letzten Augenblick vor einem Zusammenstoß zurückschreckend.
    Sie waren allein. Das Mittagessen war ausgegeben – nun saßen die Schwestern und Helferinnen in ihren Zimmern und aßen.
    »Guten Tag, Herr Professor!« sagte Brigitte Teschendorff. Sie legte auf das Wort Professor einen Schimmer Ironie. Bergh überhörte es, oder er merkte es gar nicht. Er sah in die kühlen Augen Brigittes, in deren Hintergrund ihre Erregung flatterte.
    »Kommen Sie aus der Sitzung des Kuratoriums?« fragte er. »Werden meine Vorschläge endlich realisiert?«
    »Das müssen Sie Baron v. Boltenstern fragen. Er ist der Vorsitzende.«
    »Sicher haben Sie mit abgestimmt …«
    »Ich glaube nicht, daß ich der Entscheidung des Kuratoriums vorgreifen darf. Sie werden das Ergebnis schriftlich erhalten.«
    »Darf ich wenigstens auf Ihre Mithilfe rechnen?«
    »Sie? Auf meine Mithilfe?«
    »Ihr Gatte ist der Geldgeber! Sie haben als Frau einen Einfluß auf …«
    »Nein! Ich habe gar keinen Einfluß. Ich bin eine Frau, die auf Männer gar keinen Eindruck macht. Sie wissen es am besten …«
    »Gnädige Frau«, Bergh verkrampfte die Hände in den Manteltaschen, »es geht nicht um mich oder Sie und um private Dinge. Sie kennen so gut wie ich die Mängel unseres Hauses …«
    »Ich kenne vor allem Ihre Mängel als Mann …«
    »Wollen Sie mich zu einem Gigolo erniedrigen, der sich durch einen Ehebruch seine
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