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Laura, Leo, Luca und ich

Laura, Leo, Luca und ich

Titel: Laura, Leo, Luca und ich
Autoren: Stefan Maiwald
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Vorwort
    D ies ist kein Roman. Es ist auch keine wohlfeil durchstrukturierte Erzählung. Dieses Buch ist wie mein Leben in Italien selbst,
work in progress
: Ich schildere meine Eindrücke und Erlebnisse auf dem Planeten südlich der Alpen. Einigen wir uns also literaturtheoretisch auf den Begriff Tagebuch. Seit 1996 bin ich mit einer Italienerin zusammen (und zwar seit dem 30.   Juni 1996 – wer wissen will, warum ich das als Mann so genau weiß, blättere auf Seite 22), seit 2002 bin ich mit ihr verheiratet, und seitdem lebe ich mehr in Italien als in Deutschland; vorher führten wir eine Wochenendbeziehung, was schon aus logistischen Gründen ziemlich anstrengend war. Wer die einschlägigen Autobahnen und Alpenpässe kennt, wird mein Wehklagen nachvollziehen können.
    Wer eine Italienerin heiratet, heiratet praktisch immer gleich eine Familie mit. Der Übersicht halber daher ein Verzeichnis der wichtigsten Personen.

    Laura
meine Frau
Leo
mein älterer Schwager
Luca
mein jüngerer Schwager
Minnie
meine Schwiegermutter
Pepe
mein Schwiegervater
Lilli
(eigentlich Elisabetta) meine Tochter, zum Zeitpunkt des Niederschreibens 3,2   Jahre alt
Trixi
(eigentlich Beatrice) meine Tochter, zum Zeitpunkt des Niederschreibens 0,4   Jahre alt. Wir sind noch auf der Suche nach einem besseren Diminutiv.
Claudia
Leos Verlobte. Die Hochzeit steht bald an. Wieder werde ich zwei Kilo zunehmen.
Marina
Lauras beste Freundin. Wenn Sie jetzt an fangen,
Marina, Marina, Marina
zu summen, dann geht es Ihnen wie 99   Prozent aller Menschen, denen Marina ihren Namen nennt. Arme Marina.
Marta
Lauras Cousine und auch beste Freundin
Paolo
Ehemann von Lauras Cousine
Mario
der Harpunenmann
Momi
der Bagnino
    Es versteht sich von selbst, dass alle Personen im gleichen Ort wohnen und deswegen, wie in einem modernen Theaterstück, ständig auftreten oder zumindest irgendwo am Rand der Bühne herumlungern. In meinem Fall heißt die Bühne Grado, eine Laguneninsel mit etwas weniger als 10   000   Einwohnern zwischen Venedig und Triest. Ein aufgeschütteter Damm verbindet |11| sie mit dem Festland, und so hübsch Grado mit der Altstadt und den romanischen Kirchen ist (im 6.   Jahrhundert residierte hier sogar ein Bischof), präsentiert sich der Ort alles andere als unverfälscht: Schon im 19.   Jahrhundert kurierten reiche Wiener Familien hier ihre Zipperlein aus, und auch heute noch ist der Tourismus neben dem Fischfang die Haupteinnahmequelle. Nicht zuletzt die Insellage sorgt jedoch für eine erstaunliche Resistenz der Insulaner gegen jegliche Vereinnahmung aus dem Norden, wie sich Italien ja überhaupt in Zeiten der Globalisierung seine Eigenheiten partout nicht nehmen lassen will. Gut für mich – hätte ich eine Österreicherin oder eine Dänin geheiratet, wäre dieses Tagebuch sehr, sehr schmal geworden.
    Sollten Sie mal nach Grado kommen, ist es gut möglich, dass wir uns sehen. Ich bin der Typ, der im Restaurant »Santa Lucia« in der Ecke sitzt und verzweifelt versucht, einen Fisch perfekt zu filetieren, bis Franco, der Wirt, die Hände über dem Kopf zusammenschlägt und mir unter einem Stoßseufzer das Besteck entreißt, um dem Fisch ein würdevolles Ende zu bereiten.

|12|
Deutschland gegen Italien
    D ie Menschen schauen immer so romantisch, wenn ich erzähle, wie ich Laura kennen lernte, deswegen versuche ich es zur Abwechslung mal auf die unromantische Tour, und diese B-Seite der Geschichte kann eigentlich nur mit Lucy Schrödelmann anfangen. Lucy Schrödelmann war ein schrecklicher 8 0-jähriger Drachen, den ich täglich im Rollstuhl zum Einkaufen in den Supermarkt fuhr. Nein, sie hatte nicht den Liebreiz ältlicher Damen, welchen man in Vorabendserien bestaunt. Sie war böse, beschimpfte die Kassiererinnen (einmal zum Beispiel deswegen, weil die Metzgereifachgehilfin an der Fleischtheke kein Papier zwischen die einzelnen Salamischeiben legte) und beschuldigte mich allerlei Übeltaten, von der falschen Abrechnung bis zum angeblich absichtlich ruckartigen Schieben des Rollstuhls um Kurven – und all das in einer Lautstärke, die den gesamten Supermarkt an ihren Vorwürfen teilhaben ließ und meinem Gesicht die Farbe einer gut gereiften Tomate verpasste. Alter, finde ich seit damals, ist, ebenso wenig wie die Jugend, eine Entschuldigung für schlechtes Benehmen.
     
    |13| Abgesehen von Lucy Schrödelmann aber war die Zivildienstzeit ein Traum. Ich war 19, stand voll im Saft, lebte daheim und hatte jeden Monat den im Jahr
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