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Der rostende Ruhm

Der rostende Ruhm

Titel: Der rostende Ruhm
Autoren: Heinz G. Konsalik
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»Sie sehen so herrlich jungenhaft aus!« Sie setzte sich in einen der Sessel, nestelte aus ihrer Handtasche ein goldenes Zigarettenetui und ein winziges Feuerzeug und steckte sich eine Zigarette an. Ihre Finger zitterten dabei.
    Sie ist nervös, dachte Dr. Bergh. Was will sie hier?
    »Kommt Ihr Gatte nach?« fragte er, nur um die im Raum stehende Peinlichkeit des betretenen Schweigens zu unterbrechen.
    »Mein Mann weiß nicht, daß ich bei Ihnen bin.« Sie sah ihn durch den aufsteigenden Rauch der Zigarette mit unnatürlich weiten Augen an. Als wenn sie Morphium spritzt, empfand Dr. Bergh plötzlich. »Er darf es auch nicht wissen …«
    »Aber Ihr Chauffeur …«
    »Ich bin allein gekommen. Ich habe einen eigenen Wagen – einen Sportwagen.«
    »Natürlich. Sie haben einen eigenen Wagen.« Er ging zu einem Schrank, der in die Ecke des Raumes eingebaut war. Eine kleine Hausbar mit wenigen Flaschen. Er hatte bisher wenig Besuch bekommen, und die Flaschen wurden bei ihm alt.
    »Einen Cognac, gnädige Frau? Oder einen Whisky?«
    »Was Sie trinken …«
    »Cognac.«
    »Bitte!«
    Sie verfolgte ihn mit den Blicken, wie er zurück zu dem Eckschrank ging, die Gläser ausputzte, sie mit beiden Händen umfaßte, um sie anzuwärmen, und dann den Cognac eingoß. Als er zu ihr trat und sich zu ihr niederbeugte, ergriff sie seinen Arm und hielt ihn fest. Ihr Atem flog.
    »Ich habe Sie bei Ihrem Vortrag in der Akademie gehört und gesehen. Ich habe gesehen, wie Sie die Medaille bekamen. Sie waren überrascht, verlegen, vor Glück hilflos. Ich mußte Sie immer ansehen, wie Sie da oben standen, die Hände schüttelten, lächelten und immer wieder dasselbe sagten. Ein berühmter Mann, der seinen Ruhm empfing wie ein unverhofftes Weihnachtsgeschenk. Sie waren wundervoll – für mich wundervoll.«
    Dr. Bergh richtete sich auf. Die Finger, die sich in den Stoff seines Ärmels krallten, lösten sich.
    »Warum sind Sie zu mir gekommen, gnädige Frau?« fragte er heiser. Ihre Wildheit, ihre Eindeutigkeit, ihr völlig fehlendes Schamgefühl war wie ein heißer Wind, der sich ihm aufs Herz legte und ihm den Atem nahm. Er strich sich über die Stirn, um zu sehen, ob er schwitzte. Aber seine Haut war glatt und kalt. Nur innerlich war die Hitze, die unerträglich wurde, wenn er in ihre Augen blickte.
    »Ich komme zu Ihnen als Patientin«, sagte sie leise.
    »Um diese Zeit?«
    »Ist ein Arzt nicht stets ein Arzt – unabhängig von der Uhr?«
    »Nachts kenne ich nur akute Fälle.«
    »Ich bin ein akuter Fall.« Brigitte Teschendorff erhob sich aus dem Sessel. Sie trank im Stehen das Glas Cognac leer. Dann öffnete sie die Kostümjacke, warf sie über die Sessellehne, knöpfte die Bluse auf, das Bund des Rockes …
    »Was machen Sie denn da?« fragte Dr. Bergh. Er ging mit ein paar großen Schritten zum Lichtschalter und drehte die starke Deckenbeleuchtung an. Im grellen Schein der Lampen sah Brigitte Teschendorff entzaubert aus, weniger lockend, eher lächerlich und peinlich wirkend.
    »Machen Sie das Licht aus!« sagte sie. Auch sie empfand die entzaubernde Entblößung mit dem Instinkt einer Frau, die im Dämmerlicht aufblüht wie eine Orchidee und das Licht haßt, weil es keine Lockung zuläßt.
    »Ziehen Sie sich an!«
    Sie streifte die Bluse ab, als habe sie ihn nicht gehört. Dann ging sie an Dr. Bergh vorbei, auf Strümpfen, leichtfüßig, nicht hörbar, katzengleich, drehte das Deckenlicht wieder aus und wandte sich an der Tür um.
    »Sind Sie der Mann, für den ich Sie halte?« fragte sie leise.
    »Ich weiß nicht, wofür Sie mich halten …«
    »Für einen Mann!«
    »Ich werde Ihrem Gatten den Aufbau einer modernen Klinik verdanken …«
    »Die Hälfte allen Vermögens und aller Fabriken gehört mir. Sie wären mir zu gleichem Dank verpflichtet wie meinem Mann. Ihm drücken Sie die Hand – einer Frau kann man anders, schöner, wirklicher danken …«
    Dr. Bergh drehte ihr den Rücken zu. Er tat es abrupt, beleidigend. Er wußte es, aber er sah keine andere Wahl, aus dieser ungeheuerlichen Situation herauszukommen.
    »Ich bitte Sie nochmals, gnädige Frau: Ziehen Sie sich an!«
    »Wollen Sie, daß ich Sie hassen lerne?« Ihre Stimme war rauh. Plötzlich stand sie neben ihm, riß ihn an der Schulter zu sich herum, mit einer Kraft, die er nicht in ihrem schlanken Körper vermutet hatte. »Sehen Sie mich an, Sie! Ich habe Durst, ich habe Hunger – ich habe den Augenblick herbeigesehnt, seit den Minuten, in denen ich Sie da oben stehen
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